Brüssel/Berlin. Die EU-Regierungschefs beraten in der kommenden Woche den Vorstoß aus Griechenland, die Bundesregierung geht bislang auf Distanz.

Wer gegen Corona geimpft ist, könnte in Europa wohl doch schneller wieder Freiheiten genießen als Bürger ohne Impfschutz: In der Europäischen Union gibt es aussichtsreiche Pläne für die Einführung eines einheitlichen Corona-Impfpasses, mit dem vor allem unbeschränktes Reisen in der EU möglich sein soll. Die EU-Regierungschefs wollen bei einem Corona-Sondergipfel am Donnerstag nächster Woche über die Idee beraten.

In Brüssel sprach sich am Mittwoch der Chef der größten Parlamentsfraktion EVP, CSU-Vize Manfred Weber, für ein solches EU-weites Zertifikat aus. „Wenn die Menschen geimpft sind, müssen sie mit einem entsprechenden Papier in der EU reisen können“, sagte Weber. Die Bürger bräuchten entsprechende Sicherheit, aber auch der wirtschaftliche Schaden der Corona-Krise lasse sich so begrenzen. Es müsse unbedingt vermieden werden, „dass jedes Land mit eigenen Regeln kommt“.

Die europäischen Christdemokraten unterstützen damit ausdrücklich einen Vorstoß des griechischen Premiers Kyriakos Mitsotakis. In einem Schreiben an die EU-Kommission forderte Mitsotakis ein einheitliches Impfdokument, das von allen EU-Staaten akzeptiert werden solle. Zwar schloss Mitsotakis aus, dass die Impfung zwingende Voraussetzung für Reisen wäre. Er betonte aber zugleich: „Die Personen, die geimpft sind, müssen frei reisen dürfen.“ Und: Es gehe um einen positiven Anreiz für die Bürger, sich impfen zu lassen.

Impfdokument: Vorstoß wird stark kritisiert

Der Vorstoß ist heikel, Kritiker sehen in solchen Regelungen eine Diskriminierung von Nichtgeimpften, was vor allem für die Dauer der Impfstoffknappheit problematisch wäre. Auch die Tourismuswirtschaft lehnt Reiseprivilegien für Corona-Geimpfte wegen der Knappheit der Vakzine derzeit ab. „Das Reisen generell zu einem Privileg für Geimpfte zu machen, halten wir für den falschen politischen Weg – insbesondere solange Impfungen nicht für alle verfügbar sind“, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW), Michael Frenzel, unserer Redaktion. Der EU-Datenschutzbeauftragte hat ebenfalls Bedenken.

Ähnliche Überlegungen wie in Griechenland gibt es auch in Belgien, Estland oder Ungarn. Schon im Dezember hatte ein EU-Gipfel beschlossen, einen koordinierten Ansatz für die Impfbescheinigung zu vereinbaren. Ein Kommissionssprecher sagte, der Vorstoß für den Impfpass werde beim Videogipfel nächste Woche beraten. Die Bundesregierung steht bislang aber nicht hinter der Idee: In der Reiseverordnung, die das Bundeskabinett am Mittwoch beschloss, sind bei Einreisen keine Ausnahmen von der Test- und Quarantänepflicht für Personen mit Corona-Impfschutz vorgesehen.

Impfung gegen Corona: Bundesgesundheitsminister Spahn appelliert an Vernunft der Bürger

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) appellierte in einer Regierungserklärung im Bundestag an die Bürger, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Nur wenn die meisten Bürger dazu bereit seien, „können wir das Virus wirklich besiegen“. Der Minister berichtete, bislang seien in der „größten Impfkampagne“ der deutschen Geschichte hierzulande mehr als 750.000 Menschen gegen das Virus geimpft worden.

Jens Spahn, Gesundheitsminister.
Jens Spahn, Gesundheitsminister. © Getty Images | Steffi Loos

Unterdessen nimmt die europäische Impfkampagne Fahrt auf: Mit dem US-Pharmakonzern Johnson & Johnson wird voraussichtlich im Februar der vierte Vakzinhersteller einen Antrag auf Zulassung in der EU stellen, nach Biontech, Moderna und Astrazeneca. Entsprechende Angaben machte die EU-Kommission.