Berlin. In Deutschland sind die ersten Menschen gegen das Coronavirus geimpft worden. Was man über den Biontech/Pfizer-Impfstoff wissen muss.

  • Nach langem Warten ist es endlich soweit: Die ersten Deutschen, vor allem Bewohnerinnen und Bewohner in Seniorenheimen, wurden gegen das Coronavirus geimpft
  • Seit diesem Sonntag läuft die groß angelegte Impfkampagne, mit der die Corona-Pandemie unter Kontrolle gebracht werden soll
  • Zum Beginn stehen dafür zunächst rund 150.000 Impfdosen zur Verfügung
  • Das sind die wichtigsten Infos zur anstehenden Impfung

Die ersten Deutschen haben ihre Corona-Impfung erhalten. Am Samstag wurde die 101 Jahre alte Edith Kwoizalla in einem Seniorenzentrum in Halberstadt (Landkreis Harz) als erste Bewohnerin geimpft.

Seit diesem Sonntag läuft die bisher beispiellose Impfkampagne auch bundesweit: Mit einer Startmenge von rund 150.000 Impfdosen werden weitere Bundesbürger gegen das Corona-Virus immunisiert. Bereits ab Montag stehen dann mehr als 500.000 Dosen zur Verfügung, bis zum Jahresende werden laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) insgesamt 1,3 Millionen Dosen erwartet.

Im Januar würden dann jede Woche mindestens weitere 670.000 Dosen hinzukommen. Die EU-Kommission hatte kurz vor Weihnachten dem Präparat des Mainzer Unternehmens Biontech und seines US-Partners Pfizer die bedingte Marktzulassung erteilt. Es ist der erste Impfstoff gegen das Coronavirus, der in der EU genutzt werden darf. Lesen Sie auch: Probleme bei Astrazeneca - 60 Prozent weniger Corona-Impfstoff für die EU

Corona-Impfstoff: Wer wird jetzt geimpft?

Als erstes sollen Personen ab 80 Jahren geimpft werden, dazu Personal und Bewohner von Pflegeheimen, außerdem das Personal in Notaufnahmen, Intensivstationen und Corona-Stationen, Pflegekräften in der ambulanten Pflege oder Rettungsdienst-Mitarbeiter. Diese erste Gruppe mit „höchster Priorität“ umfasst theoretisch insgesamt 8,6 Millionen Menschen und soll in den kommenden ein bis zwei Monaten mit „höchster Priorität“ geimpft werden.

Das geschieht zunächst vor allem durch mobile Teams in den Heimen, in Kliniken und in den bundesweit rund 440 Impfzentren. Erst dann, wenn genügend Impfdosen zur Verfügung stehen, dass auch Nicht-Risikogruppen geimpft werden können, sollen die Impfungen auch in Arztpraxen stattfinden. Mehr dazu: Corona-Impfung: Wer sie zuerst erhalten soll

Werde ich informiert oder muss ich mich melden?

Hier gibt es große regionale Unterschiede. Auskunft über die jeweiligen Regelungen vor Ort erteilen die Gesundheitsämter, die Hausärzte oder die Kassenärztlichen Vereinigungen (Hotline: 116117). Bei Patienten über 80 Jahre reicht als Nachweis der Personalausweis, bei Patienten mit Vorerkrankungen muss in der Regel der behandelnde Arzt eine Bescheinigung ausstellen.

Auskunft gibt es auch bei den Krankenkassen – die Barmer-Krankenkasse etwa informiert ab sofort in ihrer Corona-Hotline auch über Covid-19-Impfungen. Das kostenlose Angebot steht allen Interessierten unter der Telefonnummer 0800 84 84 111 zur Verfügung. Lesen Sie hier:Corona-Impfstoff: Wie funktioniert die mRNA-Impfung?

Wie viele Spritzen bekommt man?

Zwei Impfdosen sind es bei dem Biontech-Impfstoff, die mit etwa 21 Tagen Abstand in den Arm gespritzt werden. Auch der Impfstoff von Moderna und die fortgeschrittenen Vakzin-Kandidaten beruhen auf einer Zweifach-Verabreichung.

Ab wann ist man immun?

Der volle Schutz setzt vier bis sieben Wochen nach der ersten Impfung ein. Bei dem Vakzin von Biontech-Pfizer wird dann eine 95-prozentige Wirksamkeit versprochen, frühere Angaben des Herstellers hat auch die EU-Arzneimittelbehörde bestätigt. Eine Grundimmunisierung soll es bereits nach der ersten Spritze geben.

Ist der Impfstoff wirklich sicher?

Die EU-Arzneimittelbehörde EMA versichert, es lägen jetzt ausreichend belastbare Daten zur Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs vor, um eine bedingte Genehmigung für das Inverkehrbringen zu empfehlen.

Eine sehr große klinische Studie mit rund 44.000 Menschen – von denen die Hälfte den Impfstoff erhielt, die andere Hälfte eine Scheininjektion als Placebo – habe gezeigt, dass das Mittel Covid-19 bei Menschen ab 16 Jahren wirksam verhindere.

Welche Nebenwirkungen sind bekannt?

Die EU-Arzneimittelbehörde erklärt, häufigste Nebenwirkungen seien Schmerzen und Schwellungen an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Schüttelfrost und Fieber. Die Behörde betont, es handele sich um „normalerweise leichte oder mäßige“ Verläufe, die sich innerhalb weniger Tage nach der Impfung besserten.

Aus den USA und aus Großbritannien wurden bisher drei Fälle bekannt, bei denen es nach der Impfung zu allergischen Reaktionen kam. In Großbritannien wurden deshalb Menschen mit bestimmten medizinischen Vorbelastungen – etwa seltenen anaphylaktischen Schocks nach Einnahme von Medikamenten oder Lebensmitteln oder auch Patienten, die Adrenalin-Fertigspitzen verwenden – vor einer Impfung gewarnt. Mehr zum Thema: USA: Frau erleidet nach Corona-Impfung allergischen Schock

Die EMA wird Nebenwirkungen auch weiter überprüfen, der Hersteller muss regelmäßig Informationen über die Langzeitwirkung des Vakzins übermitteln.

Wer impft?

In den letzten Wochen haben sich Zehntausende freiwillige Ärzte und Pflegekräfte gemeldet, um die Impfzentren und mobilen Impfteams zu unterstützen. In manchen Bundesländern hatten die Ärzteverbände auch Ärzte im Ruhestand zur Hilfe aufgefordert.

Schützt der Impfstoff auch vor Ansteckung?

Der Impfstoffhersteller Biontech erwartet bis spätestens Februar genauere Erkenntnisse darüber, inwieweit sein Präparat die Menschen auch vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützen kann. Die Daten dazu würden derzeit geprüft, sagte Firmenchef Ugur Sahin am Dienstag. Der Impfstoff der Mainzer Firma und ihres US-Partners Pfizer war am Montag in der EU zugelassen worden.

Er hat nach Angaben der Hersteller eine Wirksamkeit von rund 95 Prozent. Das bedeutet, dass unter den Probanden der geimpften Gruppe 95 Prozent weniger Covid-19-Erkrankungen auftraten als unter den Probanden der Kontrollgruppe. Unklar ist bislang noch, welche Auswirkungen das Präparat auf eine Weitergabe des Virus oder eine Ansteckung damit hat. Lesen Sie auch:Corona-Impfung: Regierung rechnet mit Herdenimmunität 2021

Besteht eine Impfpflicht?

Nein. Die Bundesregierung hat eine solche Pflicht bislang ausgeschlossen. Prinzipiell denkbar sind allerdings berufsspezifische Impf-Verpflichtungen – etwa für medizinisches oder pflegerisches Personal. Sollte die Impfbereitschaft in der Bevölkerung wider Erwarten zu niedrig bleiben, dürfte die Debatte um eine Impfpflicht aber wieder aufflammen.

Wann gibt es mehr Impfstoff?

Ziemlich bald. Am 6. Januar will die EU-Arzneimittelbehörde EMA auch den Impfstoff des US-Herstellers Moderna freigeben. Die EU-Kommission hat für Deutschland und die anderen EU-Staaten insgesamt 1,3 Milliarden Impfdosen von sechs Anbietern geordert und zudem Optionen auf weitere 660 Millionen vereinbart.

Biontech wird 300 Millionen Dosen liefern, Moderna 160 Millionen. Allein mit diesen beiden Vakzinen wäre also schon einmal die Hälfte der rund 450 Millionen EU-Bürger versorgt (mit jeweils zwei Spritzen). AstraZeneca wird nach Einschätzung der EU-Kommission im ersten Quartal 2021 die Zulassung erhalten und dann mindestens 300 Millionen Impfdosen liefern. Auch interessant: Corona-Impfung: Warum die Briten nicht besser dran sind

Der deutsche Hersteller Curavec hat 225 Millionen Portionen zugesagt, der US-Hersteller Johnson&Johnson mindestens 200 Millionen, beide Zulassungen werden im Frühjahr erwartet. Bis zum Sommer dürfte auch Sanofi-GSK so weit sein und die ersten der 300 Millionen bestellten Impfdosen ausliefern.

Was kostet der Impfstoff?

Die Impfung ist für die Bürger kostenlos, für den Bund aber ziemlich teuer. Im Bundeshaushalt für 2021 sind zunächst 2,7 Milliarden Euro für die Impfung eingestellt, Spahn rechnet aber mit Gesamtkosten von 6 Milliarden Euro. Für eine Impfdosis von Biontech-Pfizer müssen 12 Euro bezahlt werden, so sieht es der von der EU-Kommission ausgehandelte Rahmen-Kaufvertrag vor.

Der Kaufpreis sollte eigentlich geheim gehalten werden, aber eine Staatssekretärin der belgischen Regierung hat die Details versehentlich veröffentlicht. Demnach ist das Moderna-Vakzin mit etwa 15 Euro am teuersten. Die Impfstoffe anderer Hersteller liegen bei etwa 6 bis 7 Euro, am günstigsten ist das Mittel von AstraZeneca mit nur 1,78 Euro pro Dosis.

Die Kosten für die Impfzentren trägt übrigens nicht der Bund, sie werden gemeinsam von den privaten und gesetzlichen Krankenkassen und den Ländern aufgebracht.