Berlin. Am 20. Januar wird Joe Biden Präsident. Bei Anne Will diskutierten die Gäste, ob sich das deutsch-amerikanische Verhältnis verbessert.

In anderthalb Monaten soll Donald Trump das Präsidentenamt der Vereinigten Staaten von Amerika an seinen gewählten Nachfolger Joe Biden abgeben. Als Einstimmung auf den Countdown in den USA wollte Anne Will am Sonntagabend von ihren Gästen wissen „Trump geht – was wird?“.

Trumps Nachfolger übernimmt ein gespaltenes Land – darüber waren sich die Gäste von Anne Will einig. Wie kann er es einen? Und welche Folgen hat seine Präsidentschaft für Deutschland und Europa? Darüber diskutierten:

Anne Will – Das waren die Gäste:

  • Sigmar Gabriel (SPD), ehemaliger Vizekanzler und Außen- und Wirtschaftsminister a.D.
  • Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag
  • Samira El Ouassi, Kolumnistin und Autorin
  • Angelika Kausche, Abgeordnete der Demokratischen Partei im Repräsentantenhaus in Georgia
  • Peter Rough, US-Politikberater am Hudson Institute, Washington D.C., und Mitglied der Republikanischen Partei

Für Norbert Röttgen ist Donald Trump ein Giftmischer

Das Ergebnis der Präsidentenwahl vom 3. November steht zwar fest – akzeptieren wollen es allerdings nicht alle Amerikaner. „Seine Strategie zielt darauf ab, jeden politischen Kompromiss zwischen Republikanern und Demokraten zu delegitimieren“, bewertete Sigmar Gabriel (SPD) das Vorgehen von Donald Trump.

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Sigmar Gabriel (SPD), ehemaliger Vizekanzler und Ex-Außenminister.
Sigmar Gabriel (SPD), ehemaliger Vizekanzler und Ex-Außenminister. © NDR | Wolfgang Borrs

Unterstützung bekam Gabriel vom Außenexperten und CDU-Vorsitzkandidat Norbert Röttgen: „Was Trump in den letzten Jahren gemacht hat, war die feindliche Übernahme der republikanischen Partei.“ Der Präsident habe „Gift ins System gemischt“ – sein Nachfolger Joe Biden habe nun die Aufgabe, zu „entgiften“.

Republikaner Rough fordert vom neuen Präsidenten Biden Zugeständnisse

Die vergiftete Stimmung im Land nimmt auch Angelika Kausche wahr, die für die Demokraten im Repräsentantenhaus des US-Staats Georgia sitzt. Trumps Politikstil habe es schwer gemacht, sich untereinander zu verständigen, sagte Kausche.

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Um das Land wieder zusammenzuführen, müsse man auf einer lokalen Ebene aufeinander zugehen. Das sah Peter Rough anders. Er ist Republikaner und Politikberater in einer konservativen Denkfabrik. Geht es nach Rough, muss Biden den Republikanern ein Angebot machen. Nur dann könnten diese im Senat mit den Demokraten zusammenarbeiten. Und eigentlich habe man ja viele thematische Überschneidungen: „Der Markenkern der Republikaner war es schon immer, die Freiheitsrechte zu verteidigen.“

Während Rough redete, schüttelte Ex-Außenminister Gabriel den Kopf: „Die Reagan- und Bush-Republikaner gibt es nicht mehr“, widersprach er Rough. „Unter Trump haben sie sich radikalisiert!“

Kommunikationsexpertin: Beide Lager haben Gegner im Wahlkampf entmenschlicht

An dieser Stelle mischte sich die Kommunikationswissenschaftlerin Samira El Ouassil ein, die mit ihren klugen Analysen und klarer Rhetorik leider zu wenig Redezeit bei Anne Will bekam. Beide politischen Lager hätten während des Wahlkampfes oft das Wort „disgust“ (auf Deutsch: Abscheu, Ekel) genutzt und den politischen Gegner damit entmenschlicht.

Die Kommunikationswissenschaftlerin Samira El Ouassil.
Die Kommunikationswissenschaftlerin Samira El Ouassil. © NDR | Wolfgang Borrs

Zum Schluss diskutierten Anne Wills Gäste noch über Bidens neues Kabinett: Während Röttgen der Meinung ist, es werde sich dem Westen wieder zuwenden, und Gabriel ihm eine politische „Mitte-Rechts“-Einstellung attestierte, analysierte El Oussil: „In diesem Kabinett gibt es den Faktor Klasse nicht“. Das politische Establishment sei immer noch „hermetisch abgeriegelt“.

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Zäher USA-Talk bei „Anne Will“: Keine Antworten auf wichtige Fragen

Wie es nach Bidens Amtsantritt weitergeht mit den USA und dem Verhältnis zu Europa, mochte keiner der Gäste mit Sicherheit sagen. Das politische Programm steht allerdings sowohl für Röttgen als für Gabriel fest: Deutsche Interessen sollen noch stärker ins Verhältnis einfließen.

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Während Röttgen deutsche Interessen, aber auch diplomatische Erfahrung ins bilaterale Verhältnis einbringen will, rückte Gabriel den Welthandel in den Fokus: „Warum bieten wir den Amerikanern nicht an, eine Konkurrenz zur neuen Seidenstraße aufzubauen?“, fragte der ehemalige Außenminister.

Die Kernfrage – wie sich das deutsch-amerikanische Verhältnis entwickelt – konnte bei Anne Will kein Gast abschließend beantworten. Auch deshalb bleiben vor allem Samira El Ouassils frische Analysen als Höhepunkt einer recht zähen Ausgabe Anne Will im Gedächtnis.