Berlin. Von Corona-Pandemie über den Iran-Konflikt bis zum Verhältnis zu China: Auf den neuen oder alten Präsidenten wartet jede Menge Arbeit.

Die US-Wahlschlacht ist vorbei. Doch der neue Präsident hat gewaltige Probleme zu lösen. Hier sind die sieben wichtigsten:

1. Corona-Pandemie: Der neue US-Präsident muss sich zuallererst um die gravierenden Schäden der Corona-Krise kümmern. Rapide steigende Infektionszahlen (zuletzt 100.000 am Tag) verheißen einen schwierigen Winter.

Ein flächendeckendes Testprogramm, das mit einer Kontrolle der Kontakte von Infizierten einhergeht, um die Ausbreitung lokaler Hotspots zu verhindern, gibt es nicht. Die Epidemiologen der nationalen Seuchenschutzbehörde CDC drängen als Überbrückung auf Maskenpflicht und das Verbot von Menschenansammlungen.

2. Spaltung der Gesellschaft: Amerika ist polarisiert wie nie zuvor. Unversöhnlich stehen sich die politischen Lager – hier Republikaner, dort Demokraten – gegenüber. Das aufgeheizte politische Klima zeigte sich an dem Schicksal des Afroamerikaners George Floyd, der Ende Mai durch eine gewaltsame Festnahme getötet wurde. Im ganzen Land kam es daraufhin zu Demonstrationen gegen exzessiven Polizeieinsatz. Der neue Präsident muss versöhnen, heilen und Brücken bauen.

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3. Wirtschaft und Jobs: Die Wirtschaft verzeichnete im Zuge von Corona einen beispiellosen Absturz. Millionen Amerikaner wurden arbeitslos, ganze Branchen gelähmt. Eine der Kernaufgaben des neuen Präsidenten besteht darin, ein weiteres Konjunkturpaket in Billionenhöhe durch den Kongress zu bringen.

Staatlich passgenau zugeschnittene Hilfsprogramme sind unverzichtbar, um das Abgleiten Hunderttausender in die Armut zu verhindern. Eine wichtige sozialpolitische Frage ist die Krankenversicherung. Hier gilt es zu verhindern, dass vor allem Patienten mit Vorerkrankungen künftig ins Bodenlose fallen.

4. Verhältnis zu EU und Nato: So schlecht wie heute war das Verhältnis zwischen Europa und den USA noch nie. Präsident Donald Trump hat die EU als „Gegner“ bezeichnet, die die USA beim Handel über den Tisch ziehen wollen. Wegen der hohen Exportüberschüsse der Europäer im Amerikageschäft verhängte er Strafzölle, zum Beispiel auf Aluminium.

Handelsstreitigkeiten sind auch unter befreundeten Staaten nicht ungewöhnlich. Wenn die Regierungen sich nicht selbst einigen können, gibt es als Schiedsrichter die Welthandelsorganisation (WTO). Diese multilaterale Institution der Konfliktlösung muss der neue Präsident wiederbeleben. Andernfalls drohen Chaos, Nationalismus und das Recht des Stärkeren.

Für die Beziehungen zwischen Amerika und der Nato gilt das Gleiche. Trump hat mit seiner Drohung, das Bündnis zu verlassen, für große Unsicherheit gesorgt. Der neue Präsident darf mehr Verteidigungsausgaben der Nato-Mitglieder anmahnen und einfordern: Er sollte dabei aber nicht vergessen, dass eine Allianz aus Partnern besteht, nicht aus Gefolgsleuten. In einer Welt, in der diktatorische Muskelmänner zunehmend den Ton angeben, bedarf es eines starken Schulterschlusses zwischen den USA und der EU – das Herzstück des demokratischen Westens.

US-Wahl- Tag der Entscheidung

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    5. Internationale Organisationen: Die Vereinten Nationen hatten zwar noch nie den Status einer Weltregierung. Aber heutzutage führen sie allenfalls ein Mauerblümchendasein. Bei den großen Konflikten dieser Welt – ob Libyen oder Syrien – wird heftig gemahnt und appelliert. Doch die UN haben kein politisches Gewicht. Das liegt auch daran, dass Trump zum Schlachtruf „America First“ geblasen und seinem Land diplomatische Abstinenz verordnet hat. Da in der globalisierten Welt alles mit allem zusammenhängt, müsste der neue Präsident die USA wieder als internationalen Akteur positionieren und in den UN nach Mitstreitern suchen.

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    Das gilt insbesondere für weltumspannende Krankheiten wie Covid-19. Der US-Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist das Gegenteil von dem, was der Globus jetzt braucht. Das Virus kann nur gemeinsam bekämpft, die Verteilung des Impfstoffs nur solidarisch organisiert werden. Auch der Kampf gegen den Klimawandel geht nur im Konsens. Trumps Brachiallinie „America First“ hat der Öl- und Gasindustrie einen Freifahrtschein verpasst. Das ist das völlig falsche Signal. Der Pariser Klimavertrag ist die verbindliche Messlatte. Der neue Präsident muss dahin zurückkehren.

    6. China: Der politische und wirtschaftliche Aufstieg der Volksrepublik ist unumkehrbar. Doch eine Verteufelungsstrategie nach Trump-Manier führt in eine Sackgasse. Die USA und Europa sollten gemeinsame Positionen gegenüber China definieren – sei es bei der Forderung nach einem offeneren Marktzugang in Fernost oder in der Hongkong-Frage.

    7. Atomkonflikte: Trump hat sich mit großem Tamtam als der Weltpolitiker aufgespielt, der die nuklearen Ambitionen des Irans und Nordkoreas einhegen kann. In beiden Fällen waren seine Ansätze kontraproduktiv. Der Ausstieg aus dem internationalen Atomabkommen und die Verhängung von Mega-Sanktionen („maximaler Druck“) hat bei den Mullahs Trotzreaktionen provoziert. Und Pjöngjang hat immer noch Nuklearsprengköpfe und Raketen.

    Der neue US-Präsident sollte zum Vertrag von 2015 zurückkehren – er war einer der größten Erfolge der internationalen Politik seit Langem. Teheran braucht Anreize, um seine Rolle als regionaler Unruhestifter zu zügeln. Die UN müssen wieder zu einer maßgeblichen Bühne werden, wichtige Akteure sollten ins Boot geholt werden. Die Welt braucht wieder die demokratische Ordnungsmacht USA.

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