Washington. US-Präsident Donald Trump soll US-Soldaten und Gefallene verspottet haben. Jetzt verteidigt seine Frau Melania Trump ihn auf Twitter.

Als die „Military Times”, die Zeitung der amerikanischen Streitkräfte, jüngst neue Umfragen zur Sicht der Soldaten auf ihren Oberkommandierenden veröffentlichte, schnappten einige Berater Donald Trumps nach Luft. Würde heute gewählt, so hatte das Blatt Anfang August ermittelt, würden sich 41 Prozent der Militärs für den Demokraten Joe Biden entscheiden, nur 37 Prozent für den Amtsinhaber.

Mit dessen Arbeit sind 50 Prozent der Befragten Soldaten „sehr unzufrieden” oder „unzufrieden”, nur 38 Prozent geben Trump befriedigende Noten. Der schwindende Rückhalt des Präsidenten im Militär könnte sich vor der Wahl im November beschleunigen. Ein explosiver Bericht des seit 1857 bestehenden renommierten Politik-Magazins „The Atlantic” wirft Trump vor, sich mehrfach despektierlich in so noch nie gehörter Form über US-Kriegstote ausgelassen zu haben.

Donald Trump soll gefallene Soldaten verspottet haben

Chefredakteur Jeffrey Goldberg schildert unter Berufung auf vier namentlich nicht genannte Personen „mit Wissen aus erster Hand”, dass Trump vor zwei Jahren in Frankreich den Besuch des an den Ersten Weltkrieg erinnernden US-Friedhofs Aisne-Marne abgelehnt habe: „Warum sollte ich diesen Friedhof besuchen? Er ist voll von Verlierern.” Lesen Sie hier: Trumps Polterkurs wirkt – er holt in Umfragen auf

Im Fortgang der Reise habe Trump rund 1800 bei der historischen Schlacht im Wald von Belleau 1918 gestorbenen Elite-Soldaten der US-Marines als „Trottel” tituliert – weil sie gefallen seien. Dass Trump den Friedhof Aisne-Marne nicht besuchte, wurde seinerzeit offiziell mit schlechtem Wetter (der Helikopter konnte nicht fliegen) und logistischen Problemen (Anreise per Auto-Konvoi) begründet.

Melania Trump verteidigt ihren Mann Donald Trump

Am Freitag äußerte sich US-Präsidentengattin Melania Trump auf Twitter zu den Vorwürfen gegen ihren Mann. Die Anschuldigungen seien „nicht wahr“, erklärte die First Lady. „Es sind sehr gefährliche Zeiten, wenn anonymen Quellen mehr geglaubt wird als allem anderen und niemand deren Motivation kennt. Das ist kein Journalismus – das ist Aktivismus.“

Dies sei zudem „ein schlechter Dienst an der Bevölkerung unserer großartigen Nation“, führte die 50-Jährige weiter aus. Trumps dritte Ehefrau äußert sich nur selten öffentlich.

Tatsache ist: John Kelly, damals Trumps Stabschef und Ex-General, und Joseph Dunford, damals Generalsstabschef, nahmen die knapp 160 Kilometer lange Fahrt hin und zurück aus Paris zu den Gräbern auf sich. Goldberg nennt als wahren Grund für Trumps Absage dessen Sorge um seine Frisur, die laut Trump von Regen und Wind hätte zerstört werden können.

Melania Trump verteidigt ihren Ehemann auf Twitter.
Melania Trump verteidigt ihren Ehemann auf Twitter. © dpa | Evan Vucci

James LaPorta, Investigativ-Reporter der Nachrichten-Agentur AP erklärte, die genannten Details seien ihm von hohen Offiziellen des Verteidigungsministeriums uneingeschränkt bestätigt worden. In weiteren Passagen des Berichts, der in Washington am Donnerstag (Ortszeit) ein kleines politisches Erdbeben auslöste, beschreibt Goldberg, dass Trump vor einer Militärparade verlangt habe, keine Veteranen mit Amputationen einzuladen. Weil sich Zuschauer dann unwohl fühlten. „Das will niemand sehen”, wird Trump zitiert.

Militärs empören sich über Trump

Von ähnlichem Kaliber: Trump soll mit Unverständnis auf Bemühungen des Verteidigungsministeriums reagiert haben, die Überreste von gefallenen US-Soldaten ausfindig zu machen. Die Betroffenen hätten schließlich „schlecht abgeschnitten und bekommen, was sie verdient haben“, soll Trump gesagt haben. Auch interessant: Trump hofft auf Impfstoff noch vor der Wahl

In sozialen Medien löste die Veröffentlichung bei aktiven und ehemaligen Militärs sowie Angehörigen von gefallenen Soldaten einen Sturm der Empörung aus. „Schäbig”, „ekelhaft”, „unfassbar”, „unentschuldbar” waren häufig benutzte Vokabeln. Tenor: Trump habe sich endgültig disqualifiziert.

Trump dementiert die Berichte energisch

Noch am Donnerstagabend reagierte Trump nach der Rückkehr von einem Wahlkampfauftritt in Pennsylvania für seine Verhältnisse extrem ungehalten. Er nannte die Goldberg-Geschichte „absolut schrecklich”, „erfunden” und den Versuch, die Wahl im November zu seinen Ungunsten zu beeinflussen. Sollte es die anonymen Quellen geben, handele es sich um „Abschaum” und „Lügner”. Er sei bereit, „auf alles zu schwören, dass ich das nie über unsere gefallenen Helden gesagt habe”, beteuerte Trump.

Herausforderer Joe Biden reagiert sofort auf die Enthüllungen. „Sollte ich die Ehre haben, als nächster Oberbefehlshaber zu dienen”, schrieb der Demokrat auf Twitter, „werde ich dafür sorgen, dass unsere amerikanischen Helden wissen, dass ich hinter ihnen stehe und ihre Opfer ehre. Immer.“

Trump: „Ich mag Menschen, die nicht geschnappt worden sind“

Biden und andere Trump-Kritiker erinnerten daran, dass der Präsident den republikanischen Senator und ehemaligen Präsidentschaftskandidaten John McCain († 2018), der während des Vietnamkriegs in Gefangenschaft geraten war, schon 2015 vor laufender Kamera herabgewürdigt hatte. McCain sei kein Held, konstatierte Trump und fügte hinzu: „Ich mag Menschen, die nicht geschnappt worden sind.“

Das Leben von US-Senator John McCain

Aufrechter Parteirebell, Kriegsheld, hochgeschätzter Experte: An US-Senator John McCain hafteten viele Etiketten. Am 25. August verlor Amerika mit ihm einen der wichtigsten Politiker der Gegenwart. Bilder des Republikaners im Rückblick.
Aufrechter Parteirebell, Kriegsheld, hochgeschätzter Experte: An US-Senator John McCain hafteten viele Etiketten. Am 25. August verlor Amerika mit ihm einen der wichtigsten Politiker der Gegenwart. Bilder des Republikaners im Rückblick. © REUTERS | REUTERS / BRIAN SNYDER
John Sidney McCain III (l.) kam am 29. August 1936 auf einer Marinebasis in Panama zur Welt. Sowohl sein Vater Sidney McCain Jr. (r.) als auch sein Großvater waren Admiräle – keine Frage für John, dass er versuchen würde, in ihre Fußstapfen zu treten. Dieses Foto zeigt ihn gemeinsam mit seinen Eltern Roberta, Sidney und seinem Bruder Joe.
John Sidney McCain III (l.) kam am 29. August 1936 auf einer Marinebasis in Panama zur Welt. Sowohl sein Vater Sidney McCain Jr. (r.) als auch sein Großvater waren Admiräle – keine Frage für John, dass er versuchen würde, in ihre Fußstapfen zu treten. Dieses Foto zeigt ihn gemeinsam mit seinen Eltern Roberta, Sidney und seinem Bruder Joe. © picture alliance / Courtesy Sen. | dpa Picture-Alliance / Courtesy Sen.Mccain
Nach der High School besuchte er die Marineakademie in Annapolis.
Nach der High School besuchte er die Marineakademie in Annapolis. © REUTERS | Jason Reed
Er diente vor seiner politischen Karriere von 1958 bis 1981 in der US-Navy. Dieses Foto zeigt ihn im Jahr 1964.
Er diente vor seiner politischen Karriere von 1958 bis 1981 in der US-Navy. Dieses Foto zeigt ihn im Jahr 1964. © picture alliance / ZUMAPRESS.com | dpa Picture-Alliance / U.S. Navy
McCain (r.) nahm als Jagdbomberpilot am Vietnamkrieg teil.
McCain (r.) nahm als Jagdbomberpilot am Vietnamkrieg teil. © REUTERS | HANDOUT
Am 26. Oktober 1967 geschah, was ihn wohl prägte wie nichts anderes. Er wurde über Nordvietnam abgeschossen, brach sich beide Arme und ein Bein.
Am 26. Oktober 1967 geschah, was ihn wohl prägte wie nichts anderes. Er wurde über Nordvietnam abgeschossen, brach sich beide Arme und ein Bein. © REUTERS | Handout Old
Fünfeinhalb Jahre verbrachte er in Kriegsgefangenschaft in Hanoi, mit Folter und Einzelhaft. Am 14. März 1973 wurde er entlassen – auf dem Foto begleitet von Lieutenant Commander Jay Coupe Jr. (l.).
Fünfeinhalb Jahre verbrachte er in Kriegsgefangenschaft in Hanoi, mit Folter und Einzelhaft. Am 14. März 1973 wurde er entlassen – auf dem Foto begleitet von Lieutenant Commander Jay Coupe Jr. (l.). © dpa | Horst Faas
Der Politiker lehnte eine vorzeitige Freilassung ab, waren doch Kameraden länger in Haft als er. Für den Rest seines Lebens konnte er seine Arme nicht über Schulterhöhe heben.
Der Politiker lehnte eine vorzeitige Freilassung ab, waren doch Kameraden länger in Haft als er. Für den Rest seines Lebens konnte er seine Arme nicht über Schulterhöhe heben. © REUTERS | HANDOUT
Viele Amerikaner verehrten ihn als Kriegshelden. Am 25. März 1973 wurde McCain vom damaligen US-Präsident Richard Nixon (l.) in Washington in Empfang genommen.
Viele Amerikaner verehrten ihn als Kriegshelden. Am 25. März 1973 wurde McCain vom damaligen US-Präsident Richard Nixon (l.) in Washington in Empfang genommen. © REUTERS | REUTERS / HANDOUT
Seine politische Karriere startete McCain 1977, zunächst als Verbindungsmann der Marine zum Kongress. 1983 wurde er selbst Abgeordneter, 1987 zog er in den Senat ein.
Seine politische Karriere startete McCain 1977, zunächst als Verbindungsmann der Marine zum Kongress. 1983 wurde er selbst Abgeordneter, 1987 zog er in den Senat ein. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Im Jahr 2000 versuchte er sich erstmals als Präsidentschaftsbewerber und unterlag seinem Gegenkandidaten. Das war George W. Bush (l.).
Im Jahr 2000 versuchte er sich erstmals als Präsidentschaftsbewerber und unterlag seinem Gegenkandidaten. Das war George W. Bush (l.). © Getty Images | Michael Smith
Bei der Präsidentschaftswahl 2004 unterstützte er Präsident Bush (l.) mit vielen Auftritten.
Bei der Präsidentschaftswahl 2004 unterstützte er Präsident Bush (l.) mit vielen Auftritten. © REUTERS | REUTERS / Jason Reed
Auch 2008 versuchte es McCain noch einmal. Doch er verlor die Präsidentenwahl gegen Barack Obama.
Auch 2008 versuchte es McCain noch einmal. Doch er verlor die Präsidentenwahl gegen Barack Obama. © REUTERS | REUTERS / JASON REED
Dazu beigetragen hat wohl auch der möglicherweise größte politische Fehler seiner Karriere: seine Entscheidung für Sarah Palin als Vize-Kandidatin.
Dazu beigetragen hat wohl auch der möglicherweise größte politische Fehler seiner Karriere: seine Entscheidung für Sarah Palin als Vize-Kandidatin. © imago stock&people | imago stock&people
Nach der Niederlage widmete sich McCain wieder voll seiner Arbeit im Kongress.
Nach der Niederlage widmete sich McCain wieder voll seiner Arbeit im Kongress. © REUTERS | REUTERS / JIM YOUNG
Zwei, die sich mochten: Die damalige US-Außenministerin Hillary Clinton und McCain im Januar 2013 in Washington.
Zwei, die sich mochten: Die damalige US-Außenministerin Hillary Clinton und McCain im Januar 2013 in Washington. © dpa | Jim Lo Scalzo
Sein Fußabdruck ist gewaltig, auch im Ausland wurde der hochdekorierte Mann als Sicherheitsexperte geschätzt.
Sein Fußabdruck ist gewaltig, auch im Ausland wurde der hochdekorierte Mann als Sicherheitsexperte geschätzt. © REUTERS | Jonathan Ernst
Sicherheitspolitisch war McCain stets ein ausgesprochener Hardliner. Einer mit tiefem Misstrauen gegen die traditionellen Feinde der USA wie Russland und China. Trumps seltsame Hinwendung zu Russland war ihm stets ein Dorn im Auge. Dessen Gipfel mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin im Juli 2018 bezeichnete er als den „schändlichsten Auftritt eines amerikanischen Präsidenten in der Erinnerung“.
Sicherheitspolitisch war McCain stets ein ausgesprochener Hardliner. Einer mit tiefem Misstrauen gegen die traditionellen Feinde der USA wie Russland und China. Trumps seltsame Hinwendung zu Russland war ihm stets ein Dorn im Auge. Dessen Gipfel mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin im Juli 2018 bezeichnete er als den „schändlichsten Auftritt eines amerikanischen Präsidenten in der Erinnerung“. © Getty Images | Uriel Sinai
McCain entwickelte sich zu einem der wenigen offenen Kritiker Trumps im eigenen Lager.
McCain entwickelte sich zu einem der wenigen offenen Kritiker Trumps im eigenen Lager. © REUTERS | REUTERS / BRIAN SNYDER
Mehr als einmal warf er Trump mangelhaftes Wertebewusstsein, Unwissenheit und Impulsivität vor. Aber auch McCain selber war dafür bekannt, schnell auszurasten, oft soll er dabei sogar vulgäre Schimpfworte gebraucht haben.
Mehr als einmal warf er Trump mangelhaftes Wertebewusstsein, Unwissenheit und Impulsivität vor. Aber auch McCain selber war dafür bekannt, schnell auszurasten, oft soll er dabei sogar vulgäre Schimpfworte gebraucht haben. © REUTERS | REUTERS / JONATHAN ERNST
Das soll auch – neben seinem frühzeitig weißen Haar – zu seinem Spitznamen „weißer Tornado“ beigetragen haben.
Das soll auch – neben seinem frühzeitig weißen Haar – zu seinem Spitznamen „weißer Tornado“ beigetragen haben. © REUTERS | REUTERS / JIM BOURG
Er war milder in Immigrationsfragen als seine Parteifreunde, strikt gegen Folter, für Transgender im Militär. Er machte Trump einen Strich durch die Rechnung bei dessen Herzensanliegen, die verhasste Krankenversicherung seines Vorgängers abzuschaffen: „Obamacare“
Er war milder in Immigrationsfragen als seine Parteifreunde, strikt gegen Folter, für Transgender im Militär. Er machte Trump einen Strich durch die Rechnung bei dessen Herzensanliegen, die verhasste Krankenversicherung seines Vorgängers abzuschaffen: „Obamacare“ © dpa | Carolyn Kaster
John Sidney McCain III hinterlässt neben seiner Frau Cindy und sieben Kindern aus zwei Ehen eine große Lücke und ein schillerndes politisches Vermächtnis.
John Sidney McCain III hinterlässt neben seiner Frau Cindy und sieben Kindern aus zwei Ehen eine große Lücke und ein schillerndes politisches Vermächtnis. © dpa | Andrew Gombert
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Weil Trump den Armee-Dienst in Vietnam mit einem Fersensporn-Attest umging, gingen viele Politiker auch im konservativen Lager auf die Barrikaden und riefen Trump zur Mäßigung auf. In anderen Situationen hatte Trump Eltern von im Kampf gefallen US-Soldaten beleidigt, Top-Militärs als „Bande von Verlierern” bezeichnet, Kriegsverbrecher gegen den Willen des Pentagon mit Haftverschonung bedacht und Soldaten bei Demonstrationen gegen Zivilisten (zuletzt in Washington DC) eingesetzt.

James Mattis und John Kelly könnten sich äußern

In Washington wird erwartet, dass einige der von Jeffrey Goldberg bislang geheim gehaltenen Quellen bald öffentlich werden. Zum Kreis möglicher Zeugen werden die ehemaligen Vier-Sterne-Generäle James Mattis (Ex-Verteidigungsminister) und John Kelly (Ex-Stabschef) gezählt. Beide schieden durch Rücktritt im Unfrieden mit Trump, der sie anfangs in den Himmel gelobt hatte.

Kelly persönlich erlebte laut Jeffrey Goldberg eine Situation, die Trumps mangelndes Verständnis für Opfer-Bereitschaft und selbstlosen Dienst am Heimatland nachdrücklich beschreibt. Beide Männer waren 2017 auf dem Soldaten-Friedhof in Arlington bei Washington, wo über 400.000 Soldaten die letzte Ruhe gefunden haben.

Am Grab von Kellys Sohn Robert, der mit 29 Jahren in Afghanistan starb, als er auf eine Landmine trat, sagte Trump über die Gräber blickend an die Adresse seines Stabschefs: „Ich verstehe es nicht. Was sprang für sie dabei heraus?”

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