Ein Team der „heute-show“ wurde am 1. Mai von einer Gruppe brutal angegriffen. Die Ermittlungen in dem Fall gestalten sich schwierig.

  • Am Feiertag in Berlin ist ein Team der „heute-show“ angegriffen worden
  • Vier Menschen mussten verletzt in eine Klinik, insgesamt meldete das ZDF fünf verletzte Mitarbeiter
  • Der Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen
  • Das Team drehte nach Angaben des ZDF für die „heute-show“-Ausgabe am 8. Mai

Berlin. Nach dem Angriff auf ein Kamerateam des ZDF sind am Samstag alle Festgenommenen auf freien Fuß gekommen. Es sei kein Haftbefehl erlassen worden, teilte die Generalstaatsanwaltschaft Berlin am Abend mit. Für einen Haftbefehl sind neben dem dringenden Tatverdacht auch Haftgründe Voraussetzung.

Der Angriff in Berlin ging nach Einschätzung der Polizei von einer etwa 15-köpfigen Gruppe aus, die gemeinsam auf das Team der Satiresendung „heute show“ losging. Das gehe aus Schilderungen von Zeugen der Tat hervor, sagte ein Sprecher der Bundespolizeidirektion Berlin am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Was vor dem Angriff vorgefallen sei, könne er nicht sagen.

Die Zeugen hätten Beamte der Bundespolizei auf den Vorfall aufmerksam gemacht, so der Sprecher weiter. Als die Beamten eintrafen, waren die Täter seinen Angaben zufolge bereits geflüchtet.

„heute show-Team angegriffen – Polizei äußert sich zu Hintergrund

Laut Zeugenaussagen seien sie mit Fahrrädern und einem Auto unterwegs gewesen, sagte der Sprecher. Die Bundespolizisten hätten sofort Fahndungsmaßnahmen eingeleitet und die Berliner Polizei informiert. Das Fahrzeug und seine Insassen seien später aufgefunden worden. Zum Hintergrund der Attacke und zur Identität der Tatverdächtigen konnte die Bundespolizei keine Angaben machen.

„Das war ein durchaus wirklich feiger Angriff“, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik. Vier Menschen wurden dabei nach Angaben einer Polizeisprecherin vom Freitag so schwer verletzt, dass sie ins Krankenhaus gebracht werden mussten. Inzwischen sind die Verletzten wieder zuhause. Nach Angaben des ZDF wurden sechs Mitarbeiter verletzt, der Redakteur, der Kameramann und der Kameraassistent sowie drei Security-Mitarbeiter.

Das ZDF-Team war am Nachmittag drehte bei einer Demonstration gegen die Corona-Regeln, an der auch Rechtspopulisten und Anhänger von Verschwörungstheorien teilgenommen hatten. Die Verdächtigen stammen aber wohl eher aus dem linksextremen Spektrum. Laut Polizei handelte es sich bei den Festgenommenen um vier Männer im Alter von 24, 25 und 31 Jahren sowie um zwei 25 beziehungsweise 27 Jahre alte Frauen.

Vielzahl von Zeugen muss befragt werden

Der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft in Berlin, Martin Steltner, sagte am Sonntag auf Nachfrage: „Für die Einschätzung: Es ist so, dass die Personen, die festgestellt wurden, dem linken Spektrum zuzurechnen sind, nach unseren Erkenntnissen.“

Er fügte hinzu: „Weil sie bekannt waren, aus welchem Grund auch immer. Das ist alles Gegenstand der Ermittlungen.“ Die Polizei geht davon aus, dass die Täter aus politischen Motiven handelten. Der zuständige Staatsschutz der Kriminalpolizei ermittelt. Berlins Innensenator Andreas Geisel betonte: „Egal, ob rechts, links oder sonstwie motiviert, Gewalt gegen Medienvertreter ist durch nichts zu rechtfertigen.“

In einer gemeinsamen Mitteilung des Berliner Polizeipräsidenten und der Generalstaatsanwaltschaft Berlin vom Montag heißt es außerdem: Die bislang vorliegenden Zeugenaussagen ergeben nicht in allen Details ein einheitliches Bild.“ Es müsste eine Vielzahl von Zeugen vernommen werden.

Der Staatsschutz ermittelt unter Federführung der Staatsanwaltschaft gegen eine Gruppe von etwa 15 Menschen. Einige davon stehen den Ermittlerangaben zufolge im Verdacht, in Absprache mit den anderen Gruppenmitgliedern sechs ZDF-Mitarbeiter gezielt, unter anderem mit einem Metallgegenstand, angegriffen zu haben.

ZDF-Kamerateam angegriffen: „Mit Totschlägern auf das Team los“

Das ZDF zitierte am Samstag auf seiner Homepage Harald Ortmann, den Geschäftsführer der beteiligten Produktionsfirma. Für den Dreh seien vorab drei Sicherheitsleute engagiert worden, erklärte er demnach. Mittlerweile sei dies bei Filmdrehs bei Demonstrationen Standard.

Sie seien schwer verletzt worden, als sie dem Tonassistenten und dem Kameramann helfen wollten, sagte Ortmann. „Sie sind mit Totschlägern auf das Team los. Unserem Tonassistenten wurde ins Gesicht getreten – mit einer Brutalität, mit der man in Kauf genommen hat, dass es ein Mensch nicht überlebt.“

Reporter Abdelkarim bedankte sich auf Facebook für die Anteilnahme. „Das „heute show“-Kamerateam, der Aufnahmeleiter, drei Sicherheitsleute und ich wurden von einer sehr aggressiven Gruppe angegriffen. Einige von uns mussten ins Krankenhaus. Zum Glück geht es nach aktuellem Stand aufwärts.“

Und weiter: „Ich wünsche ihnen weiterhin gute Besserung und Erholung. Vielen Dank auch allen Zeugen, den Polizisten und Rettungssanitätern und den drei übermenschlichen Sicherheitsleuten aka Gladiatoren für die große Hilfe (Auch wenn alle Genannten sagten „Dafür sind wir ja da“). Ich hatte von allen das größte Glück und mir geht es gut. Vielen Dank.“

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Abdelkarim Zemhoute war mit einem ZDF-Team in Berlin unterwegs, als sie angegriffen wurden.
Abdelkarim Zemhoute war mit einem ZDF-Team in Berlin unterwegs, als sie angegriffen wurden. © AFP | ODD ANDERSEN

ZDF-Programmdirektor verurteilt Angriff auf „heute-show“-Team

ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler verurteilte den Angriff auf das ZDF-Team: „Die Pressefreiheit ist – gerade in diesen Tagen – ein hohes Gut. Unsere Sorge gilt nun jedoch zuallererst den Teammitgliedern und ihrer Gesundheit.“

Auf Twitter hieß es auf dem Konto der „heute-show“: „Mehrere Teammitglieder sind im Krankenhaus, unser Reporter Abdelkarim ist unverletzt. Wir sind schwer betroffen und wünschen den Kollegen eine schnelle Genesung.“

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Kollegen von Abdelkarim aus der Duisburger Kabarett- und Comedyszene äußerten sich gegenüber unserer Redaktion entsetzt über den Angriff. Laut dem Sender waren der Reporter aus Düsseldorf und die anderen Teammitglieder nach dem Ende der Dreharbeiten auf dem Weg zu ihren Fahrzeugen, als sie angegriffen wurden.

Polizisten in Berlin sichern den Tatort, an dem zuvor ein Team de ZDF von mehreren Menschen angegriffen worden war.
Polizisten in Berlin sichern den Tatort, an dem zuvor ein Team de ZDF von mehreren Menschen angegriffen worden war. © dpa | Christoph Soeder

Politiker solidarisieren sich mit angegriffenen Journalisten

Horst Seehofer (CSU) kommentierte den Angriff auf das Team mit Empörung. Gleichzeitig wies er auf die Verpflichtung der Sicherheitsbehörden hin, Medienvertreter auch auf Demonstrationen zu schützen. „Die Freiheit der Presse ist eine Säule unserer Demokratie. Der Staat hat zu garantieren, dass dieses Grundrecht zu jeder Zeit und an jedem Ort gewährleistet ist“, sagte der Innenminister am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur.

Wer Journalisten angreife, müsse „die Kraft unseres Rechtsstaates zu spüren bekommen“, betonte Seehofer. Gewalt und Gewaltandrohungen müssten geächtet werden – „es geht hier um die Grundwerte unseres Gemeinwesens“.

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) verurteilte den Angriff auf das ZDF-Team „aufs Schärfste“. „Noch kennen wir nicht die genauen Hintergründe. Aber egal, ob rechts, links oder sonst wie motiviert, Gewalt gegen Medienvertreter ist durch nichts zu rechtfertigen“, so Geisel. Er sei froh, dass die Tatverdächtigen gefasst seien.

„Wir stehen auf Eurer Seite“, schrieb Außenminister Heiko Maas (SPD) auf Twitter. Er nannte den Angriff „erschreckend“.

„Ein Angriff gegen Medien ist ein direkter Angriff auf unsere Demokratie“, twitterte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt und forderte eine schnelle Aufklärung. Lesen Sie hier: „Heute Show“ auch über ARD-Mediathek zu finden.

Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) reagierte entsetzt auf den Angriff. „Ich wünsche den Kolleginnen und Kollegen, die bei der Attacke verletzt wurden, gute und schnelle Genesung“, sagte der DJV-Vorsitzende Frank Überall. „Das war ein feiger und durch nichts zu rechtfertigender Überfall auf Journalisten, die ihrer Aufgabe der Berichterstattung nachgekommen sind.“

Die aktuelle Ausgabe der „heute-show“ wurde am Freitagabend ausgestrahlt. Der Vorfall wurde in der Sendung aber nicht thematisiert, da diese schon am frühen Nachmittag aufgezeichnet worden war.

(dpa/AFP/ba/jha)