Washington. Die Trump-Regierung rüstet auf im Kampf gegen das Coronavirus in den USA: Zwei Krankenhausschiffe der Marine werden für abkommandiert.

Die Bekämpfung des Coronavirus nimmt in den USA martialische Züge an. Donald Trump bezeichnete sich am Mittwoch als Präsident in „Kriegszeiten”. Es gelte einen „unsichtbaren Feind” zu besiegen, der sich „gewalttätig verbreitet”.

Um absehbare Engpässe bei der medizinischen Versorgung von Schwerkranken zu lindern, beorderte Trump zwei große Krankenhausschiffe der Marine in den zivilen Dienst. Die „USNS Comfort”, die über 1000 Zimmer bietet, soll vor New York City ankern. In der Millionenmetropole leben die meisten (zirka 2300) der in den Vereinigten Staaten inzwischen rund 7500 Infizierten. Das zweite Schiff, die „Mercy”, liegt im Hafen von San Diego und soll an der Westküste eingesetzt werden.

Coronavirus in den USA: Trump schließt Grenze zu Kanada

Die Grenze zu Kanada wird für den Publikumsverkehr bis auf wenige Ausnahmen geschlossen. An der Südgrenze zu Mexiko steht ähnliches bevor. Um Mangelzustände zu beheben, reaktivierte Trump ein aus der Zeit des Korea-Krieges (1950) stammendes Gesetz. Der „Defence Production Act” erlaubt die Quasi-Verstaatlichung der Industrie, um die Produktion wichtiger Güter zur Gewährleistung der nationalen Sicherheit zu beschleunigen.

Im konkretem Fall geht es um die rasche Herstellung von Beatmungsgeräten und Atemschutzmasken. Mediziner betonen seit Wochen, dass Amerika bei diesen für die Behandlung von Corona-Kranken zentralen Produkten kritisch unterversorgt ist. „Wir werden Millionen davon haben”, sagte Trump zu Beginn einer inzwischen fast täglich von ihm als Bühne genutzten Pressekonferenz im Weißen Haus.

Coronavirus-Epidemie in den USA: Donald Trump nennt sich selbst einen „Präsidenten in Kriegszeiten“.
Coronavirus-Epidemie in den USA: Donald Trump nennt sich selbst einen „Präsidenten in Kriegszeiten“. © AFP | BRENDAN SMIALOWSKI

Coronavirus-Pandemie verunsichert Amerikaner immer mehr

Trumps Aktivitäten, sich als oberster Kümmerer zu präsentieren, kommen zu einem Zeitpunkt zunehmender Verunsicherung in der Öffentlichkeit. Regierungsbeamte haben ermittelt, dass trotz staatlicher Maßnahmen im schlimmsten Fall über eine Million Amerikaner an den Folgen der Corona-Pandemie sterben könnten. Weil mit weiteren Infektionsschüben zu rechnen sei, werde die Bewältigung der Krise in den USA bis zu 18 Monaten dauern.

Trump hält diese Szenarien für „unrealistisch”. Wenn alle Maßnahmen befolgt würden, könne Amerika vielleicht schon in 30 Tagen nennenswerte Erfolge bei der Eindämmung des Virus vermelden, sagte er und stellte sich und seiner Regierung ein Einser-Zeugnis aus: „Wir haben einen echt guten Job gemacht.”

Hälfte der US-Bürger meint, Trump habe die Corona-Gefahr unterschätzt

Das renommierte Meinungsforschungsinstitut Pew fand dagegen am Mittwoch dies heraus: 52 Prozent der Amerikaner sind der Auffassung, dass der Präsident die Coronavirus-Krise und die damit verbundenen Risiken nicht ernst genug genommen hat. Mit Blick auf die Wahl im November kein gutes Zeichen für ihn. Trump tritt darum seit Tagen aufs Gaspedal, um vor allem die in Windeseile auf die schiefe Bahn geratene US-Wirtschaft zu stützen. Am Mittwoch wurde zum vierten Mal in wenigen Wochen der Aktienhandel an der Wall Street unterbrochen, weil die Kurse in den Keller gestürzt waren.

Vierstellige Milliarden-Summen aus der Staatskasse werden nun von Trump aufgeboten, um zentrale Sektoren wie die Luftfahrtindustrie oder das Hotel- und Gaststättengewerbe vor dem Exitus zu bewahren. Zudem sollen (mit Ausnahme reicher Bürger) alle Amerikaner am 6. April und 18. Mai jeweils Barschecks über 1000 Dollar (etwa der Wochenlohn eines Arbeiters) vom Staat erhalten. Kostenpunkt allein dieser Maßnahme, die der Kongress noch absegnen muss: 500 Milliarden Dollar.

Nach Trumps Abwiegeln – wie hart trifft das Coronavirus die USA?

Unterdessen kommen immer mehr Details aus der frühen Phase der Corona-Krise ans Licht, als Trump die Gefahren abtat und von einer Erfindung der Medien und der oppositionellen Demokraten sprach. Dabei soll nach Meinung von Fachleuten viel Zeit vertan worden sein, die heute fehlt, um der Pandemie Herr zu werden. Ein wichtiges Detail: Amerika war überhaupt nicht vorbereitet, zu einem frühen Zeitpunkt flächendeckende Tests durchzuführen, die verlässlich Auskunft über den Grad der Infizierung geben können. Heute versucht man dies im Eiltempo nachzuholen. Was man über die Coronavirus-Tests wissen muss, lesen Sie hier.

Als die Bedrohung nicht mehr zu leugnen war, wollte Trump laut „Wall Street Journal“ per Präsidial-Anordnung gesetzlich den Weg freimachen, um Infizierte mit experimentellen Medikamenten zu behandeln, die noch nicht ihre Zuverlässigkeit in den vorgeschriebenen Bahnen unter Beweis stellen konnten. Die Zulassungsbehörde für Pharmaka, FDA (Food and Drug Administration), habe dies abgelehnt, um Risiken für Patienten zu vermeiden.

Am Montag hatte Trump eine Liste mit präsidialen Verhaltensregeln, die alle Amerikaner für mindestens zwei Wochen strikt befolgen sollten, verbreitet: Ansammlungen von mehr als zehn Menschen sind zu meiden. Ebenso Besuche in Bars und Restaurants. Reisen, die nicht unabdingbar notwendig sind, sollten storniert werden.

Zuvor hatten britische Wissenschaftler berechnet, dass bis zu 2,2 Millionen Amerikaner sterben könnten, wenn der Staat nicht rigoros eingreift. Trump schloss nicht aus, dass es eine landesweite Ausgehsperre geben wird, um den „unsichtbaren Feind“ zu bekämpfen.

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Coronavirus in den USA – weitere Schlaglichter:

  • 60 Prozent der Amerikaner zeigen sich nach einer aktuellen Umfrage „besorgt” oder „sehr besorgt” über das Coronavirus. Im Februar waren es nur 36 Prozent
  • Im Großraum San Francisco gilt seit Dienstag für sechs Millionen Menschen für die nächsten drei Wochen eine Rund-um-Uhr-Ausgehsperre. Nur bei dringenden Anlässen sollen Ausnahmen zugelassen werden.
  • 32 Millionen Schüler in allen Teilen der USA haben seit Montag schulfrei wegen des Coronavirus. Für viele Familien, in denen beide Elternteile arbeiten, stellen sich akute Betreuungsprobleme
  • In den Bundesstaaten New Jersey, New York und Connecticut sind alle Kinos, Casinos und Sporthallen geschlossen
  • Große Gastronomieketten wie McDonald’s und Starbucks stellen ihren Betrieb auf Abholung und Lieferdienste um. Kunden sollen sich nicht mehr in den Schnellrestaurants und Kaffeehäusern längere Zeit aufhalten dürfen
  • Der Versandhaus-Riese Amazon will zusätzlich 100.000 Mitarbeiter einstellen, um die hohe Zahl der Online-Bestellungen wegen der Coronavirus-Epidemie bewältigen zu können. Das Unternehmen werde 350 Millionen Dollar investieren, um unter anderem die Stundenlöhne der Beschäftigten um zwei Dollar zu erhöhen, sagte ein Sprecher.
  • Das Hollywood-Studio Universal Pictures hat angekündigt, mehrere neue Filme per Streaming verfügbar zu machen. Der Preis wird in den USA allerdings mit 20 Dollar für eine Leihdauer von 48 Stunden deutlich höher als bei den typischen Heimvideo-Zeitfenstern ausfallen
  • Die Tech-Riesen Microsoft, Facebook, Google, Twitter, LinkedIn, Reddit und YouTube üben den Schulterschluss, um auf ihren Plattformen die grassierende Verbreitung von Falschinformationen und Verschwörungstheorien über das Coronavirus zu stoppen
  • Die Corona-Krise wirkt sich zunehmend auf die demokratischen Präsidentschaftsvorwahlen aus. Immer mehr Bundesstaaten setzen die Vorwahlen der Demokraten aus.,