München/Berlin. Bayern hat wegen des Coronavirus den Katastrophenfall ausgerufen. Damit kann die Regierung Hilfskräfte koordinieren. Was das bedeutet.

Wegen der Ausbreitung des Coronavirus hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag in einer Pressekonferenz in München den Katastrophenfall im Freistaat ausgerufen. Dieser gilt ab sofort für die kommenden 14 Tage. „Danach muss die aktuelle Situation bewertet werden“, sagte Söder. „Die Lage ist sehr ernst und verändert sich täglich, leider nicht zum Guten“, betonte Söder.

Ausgangssperren soll es in Bayern zunächst weiterhin nicht geben. „Das ist derzeit nicht geplant“, so der Ministerpräsident. Er appellierte aber an alle Bürger, sich genau zu überlegen, welche Orte man besuchen wolle.

Mit der Ausrufung des Katastrophenfalls werden das Ordnungsrecht und der medizinische Bereich komplett unter die Obhut des Freistaats gestellt. Im Katastrophenfall „ist es möglich, dass das Innenministerium alle Weisungen zur Abwehr von Corona zentral erteilen kann“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). „Dazu gehört, dass uns das Katastrophenschutzgesetz die Möglichkeit gibt, Einrichtungen und Ausrüstungen zu beschlagnahmen.“

Coronavirus: Was bedeutet der Katastrophenfall?

Dass in einer Krisensituation der Katastrophenfall ausgerufen wird, kommt gar nicht so selten vor. Normalerweise beschränkt er sich jedoch auf einzelne Landkreise und wird eher bei Naturkatastrophen ausgerufen: beispielsweise bei Hochwassern oder auch bei massiven Schneefällen – wie etwa vor einem Jahr in Bayern. Damals sollten durch das Ausrufen des Katastrophenfalls ehrenamtliche Helfer in die betroffene Region geholt werden.

Normalerweise wird der Katastrophenfall aber eben nur für Gemeinden oder Landkreise ausgerufen – nun aber für ein ganzes Bundesland – das ist neu. Grundlage für einen Katastrophenfall sind die Katastrophenschutzgesetze in Deutschland, die für jedes Bundesland unterschiedlich und individuell geregelt sind. Der Schutz der Menschen vor Infektionen ist in Deutschland Aufgabe von Ländern und Kommunen, die kleinste politische Einheit im Föderalismus. In besonderen Krisenlagen kann von der Bundesregierung der „Notstand“ ausgerufen werden.

Indem der Katastrophenfall ausgerufen wird, soll dem Staat die Koordination erleichtert werden: Es sollen Hilfskräfte gebündelt und die Arbeit der Behörden koordiniert werden. So kann unter anderem eine gemeinsame Einsatzleitung für Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettungsdienst, Technisches Hilfswerk und Hilfsorganisationen aufgestellt werden. In Bayern regelt das Bayerische Katastrophenschutzgesetz zudem, wie Arbeitgebern Verdienstausfälle etwa von ehrenamtlichen Helfern bei Feuerwehr, Rettungsdienst oder dem Technischen Hilfswerk erstattet werden können.

Was ist laut Gesetz eine Katastrophe?

Was genau laut dem Gesetz eine Katastrophe ist, ist sehr weit gefasst. Es heißt darin: „Eine Katastrophe im Sinn dieses Gesetzes ist ein Geschehen, bei dem Leben oder Gesundheit einer Vielzahl von Menschen oder die natürlichen Lebensgrundlagen oder bedeutende Sachwerte in ungewöhnlichem Ausmaß gefährdet oder geschädigt werden und die Gefahr nur abgewehrt oder die Störung nur unterbunden und beseitigt werden kann, wenn unter Leitung der Katastrophenschutzbehörde die im Katastrophenschutz mitwirkenden Behörden, Dienststellen, Organisationen und die eingesetzten Kräfte zusammenwirken.“

Die Möglichkeiten, die die Behörden im Katastrophenfall haben, sind weit gefasst. Sie dürfen ganze Katastrophengebiete räumen und den Zutritt zu diesen verbieten oder können jeden Bürger beauftragen, sich an den Hilfen zu beteiligen. Die Katastrophenschutzbehörden in Bayern verfügen nicht über eigene Einsatzkräfte zur Katastrophenabwehr.

Kann das Gesetz auch die Grundrechte einschränken?

Die Bayerische Landesregierung kann laut dem Katastrophenschutzgesetz im Extremfall auch wesentliche Grundrechte des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland einschränken. Dem Artikel zufolge können

  • das Recht aufkörperliche Unversehrtheit
  • die Freiheit der Person
  • die Versammlungsfreiheit
  • die Freizügigkeit
  • die Unverletzlichkeit der Wohnung

eingeschränkt werden.

Welche Maßnahmen ergreift Bayern wegen des Coronavirus?

Ministerpräsident Markus Söder gab am Montag zudem bekannt, dass der Freistaat Bayern bis zu zehn Milliarden Euro Sondervermögen bereit stellt. „Wir lassen niemanden allein“, sagte Söder. Zudem weitet Bayern die Beschränkungen des öffentlichen Lebens weiter aus. Nicht nur Kinos, Clubs, Vereinsräume und ähnliches werden ab Dienstag geschlossen, sondern auch Sportplätze und Spielplätze werden gesperrt. Speiselokale dürfen nur noch von 6 bis 15 Uhr öffnen. Lebensmittelgeschäfte dürfen ab Mittwoch aber bis 22 Uhr geöffnet bleiben und auch sonntags bis 18 Uhr geöffnet sein.

Mehr Informationen und das komplette Bayerische Katastrophenschutzgesetz lesen Sie hier.

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(bef)