Berlin. Im Januar jährt sich die Befreiung des deutschen Vernichtungslagers in Auschwitz zum 75. Mal: die Geschichte eines grauenhaften Ortes.

Wie alles begann: Der Name Auschwitz steht als das Synonym für den Holocaust, den deutschen Massenmord an den europäischen Juden mit rund sechs Millionen Toten. Die Geschichte des Konzentrations- und Vernichtungslagers in der Kleinstadt 50 Kilometer westlich von Krakau ist allerdings ohne den Überfall der Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939 nicht denkbar.

Erst die militärische Eroberung und Besatzung erlaubten es der SS-Führung unter Heinrich Himmler, weitab von deutschen Kerngebieten nach „geeigneten“ Standorten für die Errichtung von ausgedehnten Lagerkomplexen Ausschau zu halten. Fündig wurde man unter anderem in Auschwitz, wo bei Kriegsbeginn rund 12.000 Menschen lebten, davon 7000 polnische Juden.

Auschwitz: Der Ort und sein Name

Oświęcim, der polnische Name der Stadt, leitet sich vom westslawischen „swęty“ ab, das kraftvoll/stark, aber auch heilig bedeutet und auf die mittelalterlichen Stadtgründer verweist. Kraft war bei der Erschließung nötig, weil sich der Ort in einer sumpfigen Fluss- und Auenlandschaft befand. Und genau das, so rechnete die SS, würde Fluchtversuche erschweren.

Außerdem gab es im besetzten Auschwitz eine leerstehende Kaserne der polnischen Armee und eine für die Zwecke der SS ideale Bahnanbindung: Die Stadt lag an der Strecke Wien-Krakau, was die „Anlieferung“ von Häftlingen aus weiten Teilen Europas erleichterte, und war auch an das oberschlesische Industrie- und Kohlerevier um Kattowitz angebunden.

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Das Stammlager

Im Frühjahr 1940 erteilte Himmler den Befehl zur Errichtung eines KZs in Auschwitz und setzte Obersturmbannführer Rudolf Höß als Kommandanten ein. SS-Einheiten und Zwangsarbeiter bauten die vorhandene Kaserne um und erweiterten sie zum später so genannten Stammlager Auschwitz I. Bis Mitte 1942 diente das KZ vor allem der Internierung polnischer Widerstandskämpfer und sowjetischer Kriegsgefangener.

Als wichtigste Symbole erinnern an diese frühe Zeit bis heute der zynische Schriftzug „Arbeit macht frei“ über dem Eingangstor und die Schwarze Wand, ein Kugelfang aus dunklen Isolierplatten, vor dem SS-Henker willkürliche Todesurteile vollstreckten. Durch Erschießungen, Hunger, Krankheiten und die extreme Arbeitsbelastung starben in Auschwitz I etwa 70.000 Menschen. Ab August 1941 gab es zudem erste Versuche mit Vergasungen in geschlossenen Kammern.

Ausbau zum Vernichtungslager

Im KZ Auschwitz I waren zu Hochzeiten 18.000 Menschen interniert. Hitler und SS-Führer Himmler wollten aber mehr und etwas ganz anderes. Im Frühjahr 1941 erteilte Himmler den Befehl zur Errichtung eines zweiten Lagers in dem Örtchen Birkenau (Brzezinka), wenige Kilometer vom Stammlager entfernt. Das KZ Auschwitz-Birkenau oder Auschwitz II war von Anfang an als Vernichtungslager geplant.

Mit einer Kapazität von bis zu 200.000 Menschen diente es als zentralem Zweck der Tötung von Menschen, die als „rassisch minderwertig“ eingestuft wurden, insbesondere von Juden, aber auch von Sinti und Roma, Kranken und Behinderten.

Die SS-Lagereinheiten organisierten eine möglichst sofortige Tötung ihrer Opfer, die meist in heillos überfüllten Vieh- oder Güterzügen antransportiert wurden. Nach der Entladung an der sogenannten Judenrampe und der Selektion von wenigen „Arbeitsverwendungsfähigen“ trieben die Aufseher die übrigen Menschen in die Gebäude mit den insgesamt sieben Gaskammern, in die sie das Schädlingsbekämpfungsmittel Zyklon B einleiteten. Dessen Hauptbestandteil Blausäure verursacht ein qualvolles Ersticken.

Diese Luftaufnahme des Konzentrationslagers Auschwitz entstand im Dezember 2019. Es zeigt einen Blick auf die Überreste der Gefangenen-Barracken.
Diese Luftaufnahme des Konzentrationslagers Auschwitz entstand im Dezember 2019. Es zeigt einen Blick auf die Überreste der Gefangenen-Barracken. © AFP | PABLO GONZALEZ

Nach der Entlüftung des leicht flüchtigen Gases ließ die SS die Leichen in fünf Krematorien und drei Spezialgruben verbrennen. Historiker haben die Mordfabrik in Auschwitz I und II mit ihrer millionenfachen Tötungskapazität in den vergangenen Jahrzehnten intensiv erforscht und dabei auch Ingenieure einbezogen. Die wahrscheinlichsten Schätzungen der Opferzahlen gehen von mindestens 1,1 Millionen ermordeten Menschen in dem Vernichtungslager aus, darunter mehr als 900.000 Juden aus allen Teilen Europas.

Das Unsagbare sagen

„Es war die Hölle auf Erden“, erinnert sich die polnische Widerstandskämpferin und Auschwitz-Überlebende Alina Dąbrowska. Mit 96 Jahren hat sie auch vor der Kamera über ihre Zeit im KZ berichtet ‒ und das, obwohl sie es lange für unmöglich hielt, das Unsagbare auszusprechen.

„In den ersten 50 Jahren nach der Befreiung war ich ein einziges Mal in Auschwitz. Ich habe es nicht ausgehalten. Als ich das Tor durchquert habe, habe ich die Häftlinge in den überfüllten Baracken vor mir gesehen. Das hat mich überwältigt. Es war traumatisch.“

Und was lässt sich über das Wesen der menschengemachten Hölle trotz allem sagen? „Der Augenblick, der sich bei mir am stärksten eingebrannt hat, war der Eintritt in die überfüllten Blocks. Man hat mir dort alles abgenommen und sogar die Haare abrasiert. In diesem Moment wusste ich, dass sie alles mit mir machen können. Alles. Was sie wollen. Es war der totale Verlust jeder Freiheit und Selbstbestimmung.“

Die Täter

Hitler und Himmler, die NSDAP- und die SS-Führung, Lagerkommandant Höß (bis Ende 1943) und seine Nachfolger, die Männer der sogenannten Totenkopf-SS vor Ort, Chemiker und Mediziner wie der berüchtigte Lagerarzt Josef Mengele, der mit „lebensunwertem Menschenmaterial“ experimentierte: Selbst die Liste der namentlich bekannten Täter ist viel zu lang, um sie alle zu nennen.

Die I.G. Farben, das zeitweise größte Chemie- und Pharmaunternehmen der Welt, zu dem sich 1925 unter anderem Hoechst, Bayer, BASF und Agfa zusammengeschlossen hatten, war mit ihrem Vorstand Otto Ambros an der Planung und Finanzierung ebenso beteiligt wie die Deutsche Bank. Zur historischen Wahrheit gehört im Übrigen auch der Satz: Die Täter waren fast ohne Ausnahme männlich.

Was kann das Recht?

Zur Verantwortung gezogen wurden in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen und den späteren Auschwitz-Prozessen (ab 1963) nur wenige Täter. Hitler und Himmler entzogen sich durch Selbsttötung. Höß sagte in Nürnberg aus, wo er die technischen Abläufe des Massenmordes in Auschwitz schilderte. Nach seiner Auslieferung an Polen wurde er 1947 hingerichtet.

Adolf Eichmann, der in der SS-Führung den Genozid an den europäischen Juden organisierte, wurde 1960 von Mossad-Agenten in Argentinien aufgespürt, in Israel zum Tode verurteilt und hingerichtet. In der Bundesrepublik galt lange der Grundsatz, dass nur unmittelbar Tatbeteiligte wegen Mordes verurteilt werden konnten. Das Rechtsverständnis änderte sich erst im neuen Jahrtausend, vor allem infolge des Prozesses gegen John Demjanjuk.

Das Landgericht München II verurteilte den ukrainischen KZ-Aufseher 2011 wegen Beihilfe zum Mord an 28.060 Menschen im Vernichtungslager Sobibór zu fünf Jahren Haft. Die deutsche Justiz leitete daraufhin auch neue Auschwitz-Verfahren ein. So verurteilte das Landgericht Lüneburg 2015 den SS-Lagerverwalter Oskar Gröning wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen zu vier Jahren Haft. Zu wenig, zu spät? Gröning starb vor Haftantritt.

In Auschwitz bekamen die Gefangenen eine Nummer tätowiert. Hier begutachtet ein Mann nach der Befreiung des Konzentrationslager Dachau am 29. April 1945 den tätowierten Arm eines Mannes, der vorher im Konzentrationslager in Auschwitz war.
In Auschwitz bekamen die Gefangenen eine Nummer tätowiert. Hier begutachtet ein Mann nach der Befreiung des Konzentrationslager Dachau am 29. April 1945 den tätowierten Arm eines Mannes, der vorher im Konzentrationslager in Auschwitz war. © AFP | Eric Schwab

Todesmärsche und Befreiung

Für die allermeisten Opfer zu spät kamen die sowjetischen Soldaten, die den Lagerkomplex Auschwitz-Birkenau am 27. Januar 1945 befreiten. Rund 7000 kranke und unterernährte Menschen trafen die Befreier noch an, als sie den weitläufigen Komplex mit seinen zuletzt rund 50 Außenlagern erreichten. Sei wurden sofort medizinisch verpflegt, in vielen Fällen zu spät.

Die Waffen-SS hatte zu diesem Zeitpunkt bereits die meisten der verbliebenen 70.000 Häftlinge erschossen oder nach Westen getrieben, mitten im Winter, zu Fuß, halb verhungert und kaum bekleidet. Die genaue Zahl der Opfer auf diesen „Todesmärschen“ ist nicht bekannt.

Schwieriges Gedenken

2005 erklärten die Vereinten Nationen den 27. Januar zum Internationalen Gedenktag an die Opfer des Holocausts. Nicht ganz leicht tut man sich mit dem Erinnern im heutigen Polen, wo sich die wichtigsten Überreste der deutschen NS-Konzentrations- und Vernichtungslager befinden. Erzürnt sind viele Menschen dort, wenn internationale Medien und Politiker die falsche und fatal irreführende Bezeichnung „polnische Konzentrationslager“ verwenden.

Aber auch das Gedenken an die Befreiung ist in Polen umstritten, wo man nach dem Krieg unter sowjetkommunistische Herrschaft geriet. Ob der russische Präsident Wladimir Putin zum 75. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung nach Polen kommen soll (wenn er denn will), darüber wird derzeit hitzig debattiert.

Porträts von Holocaust-Überlebenden

„Gegen das Vergessen“: Der Fotograf Luigi Toscano (<a href=www.luigi-toscano.de) hat Holocaust-Überlebende aus vielen Ländern fotografiert. Andrzej Korczak-Branecki gehört zu den Porträtierten. Er wurde 1930 in Warschau geboren, beim Warschauer Aufstand festgenommen und kam in verschiedene Konzentrationslager. Am 25. April 1945 wurde er aus dem KZ Dachau befreit. Er überlebte drei Todesmärsche. Er lebt heute in Mannheim. " title="„Gegen das Vergessen“: Der Fotograf Luigi Toscano (www.luigi-toscano.de) hat Holocaust-Überlebende aus vielen Ländern fotografiert. Andrzej Korczak-Branecki gehört zu den Porträtierten. Er wurde 1930 in Warschau geboren, beim Warschauer Aufstand festgenommen und kam in verschiedene Konzentrationslager. Am 25. April 1945 wurde er aus dem KZ Dachau befreit. Er überlebte drei Todesmärsche. Er lebt heute in Mannheim. " loading="lazy" />
„Gegen das Vergessen“: Der Fotograf Luigi Toscano (www.luigi-toscano.de) hat Holocaust-Überlebende aus vielen Ländern fotografiert. Andrzej Korczak-Branecki gehört zu den Porträtierten. Er wurde 1930 in Warschau geboren, beim Warschauer Aufstand festgenommen und kam in verschiedene Konzentrationslager. Am 25. April 1945 wurde er aus dem KZ Dachau befreit. Er überlebte drei Todesmärsche. Er lebt heute in Mannheim. © Luigi Toscano | Luigi Toscano
Anastasia Tschernil wurde 1924 geboren. Weiter Angaben gibt es nicht. Sie möchte über ihr Erlebtes nicht sprechen.
Anastasia Tschernil wurde 1924 geboren. Weiter Angaben gibt es nicht. Sie möchte über ihr Erlebtes nicht sprechen. © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Lev Selezev wurde 1937 im russischen Sankt Petersburg (früher Leningrad) geboren. „Obwohl ich keine vier Jahre alt war, als der Krieg begann, kann ich mich an einiges erinnern. Ich ging mit meinem älteren Bruder zum Kindergarten. Im Sommer zog unser Kindergarten in die Vorstadt um. Wir spielten im Hof und plötzlich hörten wir die Schreie der Erzieherinnen „Krieg!“, „Krieg!“.“ „ Dann stiegen alle in einen Zug ein und wurden zurück nach Leningrad gebracht. Auf dem Weg nach Leningrad wurde unser Zug von Faschisten bombardiert. Die Gleise waren komplett zerstört, sodass wir nicht weiter fahren konnten. Die Erzieherinnen nahmen uns aus dem Zug und sagten „Kriecht in den Wald“, der 50 Meter entfernt war. Meine Erinnerung: Ich krieche in den Wald und plötzlich fliegt nicht weit von mir ein Flugzeug.“ „Nach dem Krieg erzählten mir meine Eltern, dass damals nach Leningrad zwei Waggons mit toten Kindern kamen. Im Februar 1942 wurden wir über den zugefrorenen Ladogasee, über die sogenannte Straße des Lebens, evakuiert. Den ersten Bus haben wir verpasst. Später hieß es, dass er mit allen Insassen unter das Eis ging. Wir fuhren in Güterwaggons nach Kurgan, wo die Eltern meiner Mutter wohnten. Auf dem Weg dahin starb mein jüngerer Bruder an Unterernährung. Den älteren Bruder haben die Ärzte in Kurgan gerettet.“
Lev Selezev wurde 1937 im russischen Sankt Petersburg (früher Leningrad) geboren. „Obwohl ich keine vier Jahre alt war, als der Krieg begann, kann ich mich an einiges erinnern. Ich ging mit meinem älteren Bruder zum Kindergarten. Im Sommer zog unser Kindergarten in die Vorstadt um. Wir spielten im Hof und plötzlich hörten wir die Schreie der Erzieherinnen „Krieg!“, „Krieg!“.“ „ Dann stiegen alle in einen Zug ein und wurden zurück nach Leningrad gebracht. Auf dem Weg nach Leningrad wurde unser Zug von Faschisten bombardiert. Die Gleise waren komplett zerstört, sodass wir nicht weiter fahren konnten. Die Erzieherinnen nahmen uns aus dem Zug und sagten „Kriecht in den Wald“, der 50 Meter entfernt war. Meine Erinnerung: Ich krieche in den Wald und plötzlich fliegt nicht weit von mir ein Flugzeug.“ „Nach dem Krieg erzählten mir meine Eltern, dass damals nach Leningrad zwei Waggons mit toten Kindern kamen. Im Februar 1942 wurden wir über den zugefrorenen Ladogasee, über die sogenannte Straße des Lebens, evakuiert. Den ersten Bus haben wir verpasst. Später hieß es, dass er mit allen Insassen unter das Eis ging. Wir fuhren in Güterwaggons nach Kurgan, wo die Eltern meiner Mutter wohnten. Auf dem Weg dahin starb mein jüngerer Bruder an Unterernährung. Den älteren Bruder haben die Ärzte in Kurgan gerettet.“ © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Nina Lasenko wurde 1932 in der ukrainischen Stadt Perejaslaw-Chmelnyzkyj geboren. Sie arbeitete von 1941 bis 1943 bei Karl Neumann in Warnau in Havelberg. „Als Kind passte ich auf das Vieh auf, brachte den Gefangenen zu essen. Man hörte die Schüsse. Durch einen Bombenangriff wurde unser Haus zerstört, meine Mutter musste vier Jahre lang mit drei Kindern in einer Erdhütte wohnen. Wir haben erfahren, was Angst und Kälte, Hunger und Zwangsarbeit sind.“
Nina Lasenko wurde 1932 in der ukrainischen Stadt Perejaslaw-Chmelnyzkyj geboren. Sie arbeitete von 1941 bis 1943 bei Karl Neumann in Warnau in Havelberg. „Als Kind passte ich auf das Vieh auf, brachte den Gefangenen zu essen. Man hörte die Schüsse. Durch einen Bombenangriff wurde unser Haus zerstört, meine Mutter musste vier Jahre lang mit drei Kindern in einer Erdhütte wohnen. Wir haben erfahren, was Angst und Kälte, Hunger und Zwangsarbeit sind.“ © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
„Wenn wir die Vergangenheit vergessen, sind wir verdammt, sie zu wiederholen.“ Dieses Zitat stammt von Susan Cernyak. Sie wurde 1922 in Wien geboren, im Mai 1942 mit ihrer Mutter ins Ghetto Theresienstadt gebracht und von dort im Januar 1943 ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Im Zuge der Evakuierung der Häftlinge im KZ Auschwitz kam sie auf einem Todesmarsch im Januar 1945 ins Konzentrationslager Ravensbrück. Dort erlebte sie im Frühjahr 1945 die Befreiung durch die Rote Armee. Heute lebt sie in Heidelberg.
„Wenn wir die Vergangenheit vergessen, sind wir verdammt, sie zu wiederholen.“ Dieses Zitat stammt von Susan Cernyak. Sie wurde 1922 in Wien geboren, im Mai 1942 mit ihrer Mutter ins Ghetto Theresienstadt gebracht und von dort im Januar 1943 ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Im Zuge der Evakuierung der Häftlinge im KZ Auschwitz kam sie auf einem Todesmarsch im Januar 1945 ins Konzentrationslager Ravensbrück. Dort erlebte sie im Frühjahr 1945 die Befreiung durch die Rote Armee. Heute lebt sie in Heidelberg. © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Karl Spiller wurde 1923 im polnischen Sosnowitz geboren. Er wurde im Rathaus gefangen genommen – drei Tage kniend ohne Essen. Er kam von Lager zu Lager: Auschwitz-Birkenau, Feldafing, Kaufbeuren, Landsberg am Lech und weitere. Er hat unter anderem Uniformen für die Deutsche Luftwaffe gefertigt. Im Zwangsarbeitslager Hirschberg hat er durch Zufall seine Schwester wiedergetroffen. 1945 ging er nach Regensburg, dann wanderte er 1952 in die USA aus. Er ist geschieden, hat zwei Kinder und fünf Enkelkinder.1962 kehrt er nach Regenburg zurück und machte sich mit einem Kleidergeschäft selbstständig. Heute lebt er in Köln.
Karl Spiller wurde 1923 im polnischen Sosnowitz geboren. Er wurde im Rathaus gefangen genommen – drei Tage kniend ohne Essen. Er kam von Lager zu Lager: Auschwitz-Birkenau, Feldafing, Kaufbeuren, Landsberg am Lech und weitere. Er hat unter anderem Uniformen für die Deutsche Luftwaffe gefertigt. Im Zwangsarbeitslager Hirschberg hat er durch Zufall seine Schwester wiedergetroffen. 1945 ging er nach Regensburg, dann wanderte er 1952 in die USA aus. Er ist geschieden, hat zwei Kinder und fünf Enkelkinder.1962 kehrt er nach Regenburg zurück und machte sich mit einem Kleidergeschäft selbstständig. Heute lebt er in Köln. © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Wladislaw Shdan, geboren 1923 in der russischen Region Altaj, wurde 1942 von der Polizei festgenommen und ins KZ Bialystock in Polen gebracht. Von dort ging es durch andere Durchgangslager, er wurde nach Bayreuth überführt und diente als Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft. 1945 wurde er durch die US-Armee befreit. Er lebt in Moskau.
Wladislaw Shdan, geboren 1923 in der russischen Region Altaj, wurde 1942 von der Polizei festgenommen und ins KZ Bialystock in Polen gebracht. Von dort ging es durch andere Durchgangslager, er wurde nach Bayreuth überführt und diente als Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft. 1945 wurde er durch die US-Armee befreit. Er lebt in Moskau. © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Horst Sommerfeld schrieb Fotograf Toscano folgende Worte: „Ich bin Dir so dankbar, dass du Dich dieser so wichtigen Sache verschrieben hast und mit Deinen Bildern gegen das Vergessen arbeitest. Von uns wird in nicht allzu langer Zeit keiner mehr davon sprechen können, was uns jeden Tag aufs Neue bewegt. Umso wichtiger ist es, eine junge Stimme für uns zu haben.“ Sommerfeld wurde 1922 im polnischen Zlotow (deutsch Flatow) geboren. Er wuchs in Berlin auf. Dort versteckte er sich zwei Jahre mit seiner Familie, anschließend wurden sie gefunden und nach Auschwitz deportiert. Seine Eltern und Geschwister wurden dort getötet. Sommerfeld wurde später in die Lager Heidenheim/Schlossberg und Mühldorf-Ampfing gebracht und wurde durch die US-Armee befreit. Er lebt heute in Gelsenkirchen.
Horst Sommerfeld schrieb Fotograf Toscano folgende Worte: „Ich bin Dir so dankbar, dass du Dich dieser so wichtigen Sache verschrieben hast und mit Deinen Bildern gegen das Vergessen arbeitest. Von uns wird in nicht allzu langer Zeit keiner mehr davon sprechen können, was uns jeden Tag aufs Neue bewegt. Umso wichtiger ist es, eine junge Stimme für uns zu haben.“ Sommerfeld wurde 1922 im polnischen Zlotow (deutsch Flatow) geboren. Er wuchs in Berlin auf. Dort versteckte er sich zwei Jahre mit seiner Familie, anschließend wurden sie gefunden und nach Auschwitz deportiert. Seine Eltern und Geschwister wurden dort getötet. Sommerfeld wurde später in die Lager Heidenheim/Schlossberg und Mühldorf-Ampfing gebracht und wurde durch die US-Armee befreit. Er lebt heute in Gelsenkirchen. © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Bar-Tor wurde 1922 im polnischen Tarnów geboren. Er wurde ins Ghetto Tarnów deportiert. 1946 fand er in Israel seine Heimat.
Bar-Tor wurde 1922 im polnischen Tarnów geboren. Er wurde ins Ghetto Tarnów deportiert. 1946 fand er in Israel seine Heimat. © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Gertrut Roche, geboren 1929 in Konstadt/Oberschlesien (heute Wolszyn in Polen) er- und überlebte die Konzentrationslager Auschwitz, Ravensbrück, Rechlin, Ochsenzollen und Hohensasel. Sie wurde von den Engländern befreit und fand ihre neue Heimat in Ingolstadt.
Gertrut Roche, geboren 1929 in Konstadt/Oberschlesien (heute Wolszyn in Polen) er- und überlebte die Konzentrationslager Auschwitz, Ravensbrück, Rechlin, Ochsenzollen und Hohensasel. Sie wurde von den Engländern befreit und fand ihre neue Heimat in Ingolstadt. © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Marcel D., geboren 1934 im polnischen Drohobycz, lebte ab 1942 mit seinen Eltern und Geschwistern im dortigen Ghetto. Sein Vater konnte einen Wärter bestechen – sie flohen in ein kleines Dorf in der Nähe ihres Heimatortes. Eine ukrainische Familie versteckte sie mit neun anderen Juden im August 1943. Im August 1944 wurden sie von der sowjetischen Armee befreit. Marcel D. musste nach dieser Zeit wieder das Laufen lernen und ging auf eine Ingenieurschule. 1961 ging er die Vereinigten Staaten; er arbeitet heute dort in einem Museum.
Marcel D., geboren 1934 im polnischen Drohobycz, lebte ab 1942 mit seinen Eltern und Geschwistern im dortigen Ghetto. Sein Vater konnte einen Wärter bestechen – sie flohen in ein kleines Dorf in der Nähe ihres Heimatortes. Eine ukrainische Familie versteckte sie mit neun anderen Juden im August 1943. Im August 1944 wurden sie von der sowjetischen Armee befreit. Marcel D. musste nach dieser Zeit wieder das Laufen lernen und ging auf eine Ingenieurschule. 1961 ging er die Vereinigten Staaten; er arbeitet heute dort in einem Museum. © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Chana Borochowitz-Golany wurde 1930 im litauischen Tauroge geboren. Gemeinsam mit ihren Eltern und Geschwistern wurde sie ins Ghetto Schaulay gebracht. Der Vater und eine der Schwestern wurden getötet. Sie wurde weiter ins KZ Stutthof deportiert. Hier wurden die Mutter und eine andre Schwester umgebracht. Heute lebt sie im israelischen Haifa
Chana Borochowitz-Golany wurde 1930 im litauischen Tauroge geboren. Gemeinsam mit ihren Eltern und Geschwistern wurde sie ins Ghetto Schaulay gebracht. Der Vater und eine der Schwestern wurden getötet. Sie wurde weiter ins KZ Stutthof deportiert. Hier wurden die Mutter und eine andre Schwester umgebracht. Heute lebt sie im israelischen Haifa © Luigi Toscano | www.luigi-toscano.de
Anna Strishkowa wurde in der ukrainischen Hauptstadt Kiew geboren. Das Geburtsdatum ist unbekannt. Sie überlebte als Versuchskind von Dr. Mengele im KZ Auschwitz-Birkenau. Ihre Eltern wurden in dem Lager ermordet. Heute lebt sie in Kiew.
Anna Strishkowa wurde in der ukrainischen Hauptstadt Kiew geboren. Das Geburtsdatum ist unbekannt. Sie überlebte als Versuchskind von Dr. Mengele im KZ Auschwitz-Birkenau. Ihre Eltern wurden in dem Lager ermordet. Heute lebt sie in Kiew. © Luigi Toscano | Luigi Toscano
Walter Northmann wurde im polnischen Zabrze geboren. Wann, ist unbekannt. Er lebte in einem Schweizer Waisenhaus, Bruder und Mutter wurden in Auschwitz ermordet. Der Vater überlebte das „Vorzeige“-KZ Theresienstadt und zog nach der Befreiung nach Berlin. Northmann lebt heute in der Stadt Haifa in Israel.
Walter Northmann wurde im polnischen Zabrze geboren. Wann, ist unbekannt. Er lebte in einem Schweizer Waisenhaus, Bruder und Mutter wurden in Auschwitz ermordet. Der Vater überlebte das „Vorzeige“-KZ Theresienstadt und zog nach der Befreiung nach Berlin. Northmann lebt heute in der Stadt Haifa in Israel. © Luigi Toscano | Luigi Toscano
Daliah Miller wurde 1928 in Villingen geboren. Ihre Eltern und Großeltern wurden in Auschwitz ermordet. Gemeinsam mit ihren Brüdern konnte sie sich durch einen Kindertransport in die Schweiz retten. Sie floh weiter nach Palästina. Sie lebt in Haifa.
Daliah Miller wurde 1928 in Villingen geboren. Ihre Eltern und Großeltern wurden in Auschwitz ermordet. Gemeinsam mit ihren Brüdern konnte sie sich durch einen Kindertransport in die Schweiz retten. Sie floh weiter nach Palästina. Sie lebt in Haifa. © Luigi Toscano | Luigi Toscano
Der Mannheimer Fotograf hat anlässlich des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar 2017 an die UN appelliert, sich auch weiterhin gegen Antisemitismus und jegliche Form von Gewalt zu engagieren. „Gegen das Vergessen“ war vom 22. Januar bis zum 1. März im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York zu sehen.
Der Mannheimer Fotograf hat anlässlich des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar 2017 an die UN appelliert, sich auch weiterhin gegen Antisemitismus und jegliche Form von Gewalt zu engagieren. „Gegen das Vergessen“ war vom 22. Januar bis zum 1. März im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York zu sehen. © dpa | William Volcov
Seit mehrern Jahren fotografiert Toscano Holocaust-Überlebende und ist dafür in sechs Länder auf der ganzen Welt gereist. „Mir war es wichtig, nicht nur die jüdischen Opfer zu porträtieren, sondern alle, die vom Holocaust betroffen waren – sei es die Sinti und Roma, sei es die politisch Verfolgten, Homosexuellen, oder Zwangsarbeiter.“ Das Foto zeigt den Mannheimer mit Matthias Haß von der Gedenkstätte Haus der Wannseekonferenz, die die Ausstellung mit organisiert hat.
Seit mehrern Jahren fotografiert Toscano Holocaust-Überlebende und ist dafür in sechs Länder auf der ganzen Welt gereist. „Mir war es wichtig, nicht nur die jüdischen Opfer zu porträtieren, sondern alle, die vom Holocaust betroffen waren – sei es die Sinti und Roma, sei es die politisch Verfolgten, Homosexuellen, oder Zwangsarbeiter.“ Das Foto zeigt den Mannheimer mit Matthias Haß von der Gedenkstätte Haus der Wannseekonferenz, die die Ausstellung mit organisiert hat. © dpa | Christina Horsten
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Wo war Gott in Auschwitz?

Die Frage ist viel zu groß, um überhaupt den Versuch einer knappen Antwort zu unternehmen. Schließlich streiten sich Theologen und Philosophen seit Jahrhunderten über die Frage der Theodizee (Rechtfertigung Gottes im Angesicht des Bösen in der Welt). Mögliche Antwortversuche bleiben wohl immer auch eine persönliche, eine Glaubenssache.

Viele der wenigen Auschwitz-Überlebenden konnten nach 1945 nicht zu Gott zurückfinden. Alina Dąbrowska, die das Vernichtungslager eine Hölle auf Erden genannt hat, beschreibt eine Szene, wie sie in Auschwitz neben einem Berg nackter Leichen eine Schulfreundin wiedergetroffen habe. „Wir haben uns nur stumm die Hand gedrückt. So haben wir ‚Auf Wiedersehen‘ gesagt.“ Immerhin ein Abschied.

Der Papst betet still in Auschwitz

Während seiner Polen-Reise besucht Papst Franziskus auch das Konzentrationslager Auschwitz. Über eine Million Menschen, die meisten von ihnen Juden, wurden hier von den Nationalsozialisten ermordet.
Während seiner Polen-Reise besucht Papst Franziskus auch das Konzentrationslager Auschwitz. Über eine Million Menschen, die meisten von ihnen Juden, wurden hier von den Nationalsozialisten ermordet. © dpa | Radek Pietruszka
Zu Fuß läuft der Pontifex durch das Konzentrationslager...
Zu Fuß läuft der Pontifex durch das Konzentrationslager... © REUTERS | POOL
... und passiert dabei auch den unsäglichen Torbogen mit den Worten „Arbeit macht frei
... und passiert dabei auch den unsäglichen Torbogen mit den Worten „Arbeit macht frei". Viele Häftlinge starben in dem Konzentrationslager an Entkräftung durch Schwerstarbeit und Mangelernährung. © dpa | Pawel Supernak
Der Papst durchschreitet den Torbogen. Es ist der gleiche Weg, den viele Häftlinge während der Nazi-Zeit gehen mussten – die meisten von ihnen starben auf grauenvolle Weise.
Der Papst durchschreitet den Torbogen. Es ist der gleiche Weg, den viele Häftlinge während der Nazi-Zeit gehen mussten – die meisten von ihnen starben auf grauenvolle Weise. © REUTERS | KACPER PEMPEL
Auf dem Holzschild steht „Halt“. Das Konzentrationslager Auschwitz wurde in seinem Originalzustand erhalten, um an die Verbrechen zu erinnern, die dort begangen wurden.
Auf dem Holzschild steht „Halt“. Das Konzentrationslager Auschwitz wurde in seinem Originalzustand erhalten, um an die Verbrechen zu erinnern, die dort begangen wurden. © dpa | Pawel Supernak
Bis zur sogenannten „Todeswand“ läuft der Pontifex. Im stillen Gebet steht er an der Wand, an der zahlreiche Menschen erschossen wurden.
Bis zur sogenannten „Todeswand“ läuft der Pontifex. Im stillen Gebet steht er an der Wand, an der zahlreiche Menschen erschossen wurden. © REUTERS | DAVID W CERNY
Mit dem Gebet wählt der Papst einen anderen Weg des Gedenkens als seine Vorgänger. Johannes Paul II. und Benedikt XVI. hatten öffentliche Reden gehalten.
Mit dem Gebet wählt der Papst einen anderen Weg des Gedenkens als seine Vorgänger. Johannes Paul II. und Benedikt XVI. hatten öffentliche Reden gehalten. © dpa | Radek Pietruszka
Während des Besuchs in Auschwitz spricht Papst Franziskus auch mit Überlebenden des Holocausts.
Während des Besuchs in Auschwitz spricht Papst Franziskus auch mit Überlebenden des Holocausts. © REUTERS | DAVID W CERNY
Es sei ein „inniges Gespräch“ gewesen, heißt es hinterher.
Es sei ein „inniges Gespräch“ gewesen, heißt es hinterher. © REUTERS | DAVID W CERNY
Dieser Mann trägt um den Hals einen Stoff, der an die Kleidung der KZ-Häftlinge erinnert.
Dieser Mann trägt um den Hals einen Stoff, der an die Kleidung der KZ-Häftlinge erinnert. © REUTERS | DAVID W CERNY
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Hinfahren, hinsehen und niemals vergessen

Der polnische Staat hat über Jahrzehnte hinweg mit internationaler Unterstützung den Erhalt wichtiger Teile der ehemaligen KZs in Auschwitz und Birkenau gesichert. Seit zehn Jahren existiert zu diesem Zweck die Stiftung Auschwitz-Birkenau, deren Arbeit Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrem jüngsten Besuch in der KZ-Gedenkstätte ausdrücklich gewürdigt hat. 2018 besuchten 2,15 Millionen Menschen den weitläufigen Museumskomplex.

„Dieser Ort, der wie kein anderer für das größte Menschheitsverbrechen steht, verpflichtet uns, die Erinnerung wachzuhalten“, erklärte Merkel in Auschwitz. Man könnte auch sagen: Der Ort verpflichtet vor allem uns Deutsche, hinzufahren, hinzusehen und niemals zu vergessen.

Alle nötigen Informationen finden sich auf der Internetseite der Stiftung Auschwitz-Birkenau: auschwitz.org.