Berlin. Feuerwerk verursacht viel Feinstaub frei. Nach Hornbach verkünden weitere Händler einen Verkaufsstopp. Lidl setzt hingegen einen drauf.

Wenn zu Silvester die Raketen in die Luft fliegen und die Böller explodieren, schießen die Deutschen nicht nur wie im Vorjahr 133 Millionen Euro in die Luft – sie setzen nach Angaben des Umweltbundesamts auch 4500 Tonnen Feinstaub frei. In nur einer Nacht erzeugen die Deutschen damit so viel Feinstaub wie sonst mit 15 Prozent des jährlichen Straßenverkehrs.

Doch damit könnte bald Schluss sein. Denn immer mehr Handelsunternehmen verzichten darauf, Feuerwerk zu verkaufen. Während einzelne Supermarkt-Händler der großen Ketten Edeka und Rewe schon vorgeprescht sind und das Silvester-Equipment aus ihren Regalen verbannt haben, zieht nun erstmals eine gesamte große Kette nach: Hornbach hat angekündigt, ab 2020 kein Feuerwerk mehr verkaufen zu wollen.

Feuerwerk: Bei Hornbach bleiben 2020 die Regale leer

Wie die „Rheinische Post“ mit Verweis auf einen Hornbach-Sprecher berichtet, wird die Baumarktkette ab dem kommenden Jahr weder in Deutschland noch in Österreich Feuerwerk verkaufen.

Betroffen sind 96 Märkte in Deutschland und 14 Märkte in Österreich. In den übrigen 47 Märkten in sieben europäischen Ländern sei Feuerwerk schon jetzt kein Thema mehr, berichtete der Hornbach-Sprecher der „Rheinischen Post“. Feuerwerksverbote sind keine Seltenheit mehr. Im vergangenen Jahr setzten unter anderem die Galápagos-Inseln ein Verbot durch.

Auch Bauhaus will das Sortiment „überarbeiten“

In diesem Jahr habe man den Verkauf nicht gestoppt, da es noch langfristige Verträge mit Lieferanten gebe, zitiert die Zeitung den Hornbach-Sprecher. Diese seien kurzfristig nicht mehr zu ändern gewesen.

Auch die Baumarktkette Bauhaus kündigte an, im kommenden Jahr „das Sortiment an Feuerwerk und Böllern in Hinblick auf Nachhaltigkeit komplett zu überarbeiten“. Das könne auch einen kompletten Verzicht bedeuten.

In der vergangenen Woche hatten die „Kieler Nachrichten“ berichtet, dass immer mehr Händler im Norden aus Klima- oder Tierschutzgründen auf den Verkauf von Feuerwerk verzichten würden, darunter einzelne Edeka-Lebensmittelhändler. Die Filialleiter der großen Lebensmittelketten wie Edeka und Rewe sind selbstständige Unternehmer, sie unterliegen somit keinen Weisungen der Konzernsteuerung.

Händler beklagt „Doppelmoral in der Bevölkerung“

„Die Knallerei dauert eine Stunde, aber Tierschutz und saubere Luft wollen wir 365 Tage im Jahr. Das passt nicht zusammen“, sagt etwa Uli Budnik. Seine Rewe-Märkte im Dortmunder Süden macht er in diesem Jahr zur böllerfreien Zone. Seine Entscheidung hat Budnik über Facebook kundgetan – und fast nur positives Echo bekommen, wie er sagt. „Wir werden das auch im nächsten Jahr beibehalten. Geld verbrennen kann jeder, wie er will. Aber wir machen da nicht mit.“

Auch der Bochumer Edeka-Händler Alexander Elskamp bietet kein Feuerwerk mehr an. Er beklagt eine „Doppelmoral in der Bevölkerung“. Das Thema Feinstaub sei in aller Munde, nur an Silvester nicht. Aber Elskamp sagt auch: „Wir erheben nicht den Zeigefinger und wollen niemanden maßregeln, der gerne Feuerwerk zündet.“

Hintergrund: So gefährlich kann das Feuerwerk zu Silvester sein

Feinstaub und Müll: Die schmutzigen Seiten des Feuerwerks

Rewe-Markt wirbt: „Spenden statt böllern“

Bereits im Vorjahr war ein Rewe-Markt aus Rheinland-Pfalz vorgeprescht und hatte den Verkauf gestoppt und stattdessen zum Motto „Spenden statt böllern“ aufgerufen. Der Adenauer Markt warb damit, dass statt des Feuerwerkverkaufs 1000 Euro an den Gnadenhof Eifelhof Frankenau gestiftet werden.

Unter demselben Motto werben immer mehr Organisationen, darunter das Deutsche Kinderhilfswerk, der WWF und der Wildtierschutzverein Deutschland, um Spenden. Auch das evangelische Hilfswerk ruft zum Motto „Brot statt Böller“ auf und wirbt für die Unterstützung für Brot für die Welt.

Händler, die die Silvesterknaller aus Umweltschutzgründen aus dem Angebot nehmen, gehen durchaus ein Risiko ein. „Wir verzichten auf den Umsatz, und wir wissen nicht, wie die Kunden reagieren“, sagt Christoph Windges, der einen der größten Edeka-Märkte Nordrhein-Westfalens betreibt und in diesem Jahr ebenfalls keine Silvesterknaller im Angebot hat. Schließlich könne der Kunde einfach in den nächsten Supermarkt gehen und dort seine Einkäufe erledigen.

Umwelthilfe will Handel zum Komplett-Verzicht auffordern

Die umwelthilfe fordert böllerverbot in mehr als 30 städten Deutsche Umwelthilfe (DHU) hatte sowohl im Vorjahr als auch im Juli ein Böllerverbot in über 30 deutschen Städten gefordert. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sprach nach der ersten Forderung im Vorjahr daraufhin von „Deppen“.

Ungerührt von solchen Schmähungen sieht die DHU nun die Zeit für Veränderungen gekommen, da die Konsumenten so umweltbewusst seien wie lange nicht. „Wir hoffen, dass ein Ruck durch die Gesellschaft geht und die Menschen in diesem Jahr weniger Böller und Raketen kaufen“, sagt DUH-Chef Jürgen Resch. Anfang 2020 wolle man die Händler auffordern, den Feuerwerks-Verkauf komplett einzustellen.

Aldi und Lidl wollen sich „an Nachfrage“ orientieren

Solange allerdings kein gesetzliches Verbot kommt, müssen sich Feuerwerk-Liebhaber wohl keine Sorge machen, bald ihre Knaller nicht mehr erwerben zu können. Wie Lidl der „Rheinischen Post“ mitteilte, wolle man sich nach wie vor „bei der Sortimentsgestaltung an Kundenwünschen“ orientieren. Daher würden in allen 3200 Filialen Feuerwerke und Wunderkerzen angeboten.

Mehr noch: Lidl bietet sogar einen Reservierungsservice für große Feuerwerksbatterien an. Auf einer speziellen Website können Kunden bis zum 26. Dezember Teile aus dem Zusatzsortiment des Discounters online reservieren. Ab 30. Dezember kann die bestellte Ware dann in ausgewählten Filialen abgeholt werden.

Auch Aldi Nord teilte der Zeitung mit, dass man auf Kundenwünsche reagiere. Soll heißen: Es wird weiter Feuerwerk geben. Kaufland und Real haben angekündigt, ebenfalls an dem Geschäft mit der Knallerei festhalten zu wollen, weil es die Kunden so wünschten.

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Branchenverband spricht von „Scheindebatte“

Deutschlandweit geht die Branche auch in diesem Jahr davon aus, mit Böllern und Raketen rund 133 Millionen Euro Umsatz zu machen. Angesichts der Zahl gibt sich der Verband der pyrotechnischen Industrie weiter selbstbewusst. Man habe es mit einer „Scheindebatte“ zu tun, heißt es. Feuerwerk sei deutlich weniger schädlich als oft behauptet.

Hornbachs Böller-Boykott nennt der Verband einen „Marketing-Gag“. Von den 33.000 Supermärkten in Deutschland verzichteten ohnehin nur wenige auf den Verkauf.

Auch Branchenkenner Uwe Krüger vom Kölner Institut für Handelsforschung (IFH) geht davon aus, dass die Nachfrage weiter hoch bleibt. „Ich glaube nicht, dass die Konsumenten dieses Jahr weniger Geld für Feuerwerk ausgeben werden“, sagt er. „Die Nachfrage ist ungebrochen und der Handel wäre schlecht beraten, diese nicht zu bedienen.“

Wandern die Kunden ins Internet ab?

Für Firmen wie Weco könnte es an die Existenz gehen, sollten sich auch die großen Ketten dem Boykott anschließen. Doch beim deutschen Branchenführer gibt man sich gelassen. Hornbach habe zuletzt ohnehin „keine nennenswerten Silvesterumsätze“ gemacht. Mit den Großkunden dagegen stehe man schon in Verhandlungen für Silvester 2020 und sehe dort „noch keinerlei Anzeichen für Verzichtsabsichten“.

„Solange die großen Discounterketten nicht mitziehen, wird sich wenig tun“, glaubt auch der Experte Krüger. Und wenn doch, könnten viele Böller ohne Sicherheitsabzeichen in den Umlauf kommen, warnt er. „Die Erfahrung zeigt: Je stärker die Kunden eingeschränkt werden, desto eher wandern sie ins Internet ab. Und da gibt es auch gefährliche Waren“, sagt Krüger. (tki/dpa/max)