Berlin. Die SPD will mit der Wiedereinführung der Vermögensteuer für mehr Gerechtigkeit sorgen. Lob kommt von der Linken, die Union ist empört.

Die politische Karriere von Thorsten Schäfer-Gümbel endet am 1. Oktober. An diesem Tag beginnt der SPD-Politiker ein neues berufliches Leben und wird Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), einer Organisation, die in Entwicklungsländern arbeitet. Vorher hat der Sozialdemokrat noch einen großen Auftritt.

Schäfer-Gümbel stellt an diesem Montag die SPD-Pläne zur Wiedereinführung der Vermögensteuer vor. Dreimal hat er als Spitzenkandidat die Landtagswahl in Hessen verloren. Jetzt sollen seine Pläne der SPD bei den Wahlen am nächsten Wochenende in Brandenburg und Sachsen helfen.

Vermögensteuer: Was plant die SPD-Spitze?

Bekannt ist, dass die SPD mit der Vermögensteuer auf „Reiche“ und „Superreiche“ zielt. Sie sollen über die neue Steuer jedes Jahr ein Prozent ihres Vermögens an den Staat abgeben. Zehn Milliarden Euro Extra-Steuereinnahmen sollen so zusammenkommen.

Wie reich man sein muss, um „superreich“ zu sein, hat die SPD noch nicht geklärt. Schäfer-Gümbel, der mit seinem neuen Job mehr als 200.000 Euro pro Jahr verdienen wird, versicherte, dass „vorrangig Multimillionäre und Milliardäre“ besteuert würden. Auch Unternehmen sollen zahlen.

Woran orientiert sich die SPD mit der Vermögensteuer?

Vorbild für die SPD-Pläne soll die Schweiz sein, die zu den wenigen Indus­trieländern mit einer solchen Steuer gehört. Pro Jahr erlöst das Nachbarland umgerechnet 6,5 Milliarden Euro Vermögensteuer. Jeder der 26 Schweizer Kantone erhebt eine eigene Variante dieser Steuer – und zwar als Ergänzung zur relativ niedrigen Einkommensteuer.

Besteuert wird das gesamte Vermögen, abzüglich etwaiger Schulden. Zum Vermögen zählen Bankguthaben, Wertpapiere und Immobilien. Autos, Schmuckstücke und Kunstwerke werden nicht besteuert, wenn die Steuerbehörde sie als Gebrauchsgegenstand einordnet. Die Steuersätze sind nach Höhe des Vermögens gestaffelt und liegen zwischen einem halben und zwei Prozent.

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Wie begründet die SPD die Vermögensteuer?

Schäfer-Gümbel rechtfertigt die Vermögenssteuer damit, dass allein den Städten und Gemeinden 150 Milliarden Euro für Investitionen fehlen würden. Wer „überproportional von der wirtschaftlichen Lage profitiert hat“, solle einen größeren Beitrag für die nötigen Investitionen leisten, sagte er kürzlich.

Dass die SPD für eine Vermögensteuer eintritt, ist eine neue Wendung. Im Wahlprogramm 2013 war sie enthalten, aber 2017 fehlte sie. Ex-Parteichef Sigmar Gabriel erklärte sie vor fünf Jahren für tot. Finanzminister Olaf Scholz ist nun für die Steuer.

Wie ist Vermögen in Deutschland verteilt?

In Deutschland zahlen die zehn Prozent der Steuerpflichtigen mit den höchsten Einkommen zusammen mehr als die Hälfte der Einkommensteuer. Geringere Einkommen werden stark durch Sozialabgaben belastet, die für Gutverdiener gedeckelt sind.

Unterm Strich funktioniert die Umverteilung in Deutschland aber ganz gut: Die Einkommensungleichheit, also das Ausmaß des Unterschieds zwischen Top- und Geringverdienern, liegt leicht unter dem EU-Schnitt. Bei der Vermögensverteilung stellt aber selbst die Bundesregierung „eine stärkere Vermögenskonzentration als in den meisten anderen Industrieländern“ fest.

Welche Reaktionen gibt es auf die Vermögensteuer?

Linke-Chef Bernd Riexinger lobt, dass die SPD „endlich erkennt, dass wir etwas gegen die enorme Ungleichheit in Deutschland tun müssen“. Der Steuersatz von einem Prozent sei aber zu gering, sagte er unserer Redaktion.

FDP-Chef Christian Lindner hält nichts von einer Vermögenssteuer.
FDP-Chef Christian Lindner hält nichts von einer Vermögenssteuer. © dpa | Sebastian Gollnow

Ganz anders der Vizechef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andreas Jung (CDU): Deutschland brauche „ganz bestimmt keine Neuaufführung der Vermögensteuer“, sagte er unserer Redaktion. Im Koalitionsvertrag sei die Vermögensteuer auch nicht vereinbart.

FDP-Chef Christian Lindner hat die Pläne der SPD zur Wiedereinführung der Vermögensteuer scharf verurteilt. „Deutschland ist schon jetzt Vizeweltmeister bei der Steuerbelastung. Mit einer weiteren Steuer würde die SPD unseren Wirtschaftsstandort bewusst schädigen“, sagte Lindner unserer Redaktion. „Eine Vermögensteuer belastet die Substanz, die schon einmal als Einkommen versteuert worden ist. Das ist unfair - von den praktischen Problemen bei der Erhebung ganz zu schweigen.“