Hamburg. Die deutschen Hockey-Damen holen im Finale gegen die Niederlande ihren 16. Hallen-EM-Titel. Die Herren verpassen die 17. Trophäe.

Der DJ hatte die Feiermusik längst aufgedreht, als sich die Jubeltraube der deutschen Hockey-Damen noch mal auflösen musste. Eine letzte Strafecke für die Finalrivalinnen aus den Niederlanden hatten die überforderten Schiedsrichterinnen mit Ablauf der Spielzeit verhängt. Also: Party abbrechen, Schutzkleidung anziehen, den bereits sicher geglaubten Titel bei der Hallen-EM in Hamburg absichern. Das gelang, weil die zur besten Turnier-Torhüterin gewählte Düsseldorferin Nathalie Kubalski auch diesmal ihren Handschuh zwischen Ball und Tornetz brachte. Der 5:4-Sieg stand fest, also Jubeltraube und Feiermusik zum Zweiten.

Es war ein Ende, das zu diesem Kontinentalturnier nur bedingt passte, schließlich war die Spannung überschaubar: Zu dominant war die Auswahl von Bundestrainer Valentin Altenburg durch die Gruppenphase gerauscht, 40:6 Tore bei fünf Siegen aus fünf Spielen unterstrichen die Unterlegenheit der Konkurrenz gegenüber dem nunmehr 16-maligen Europameister. Die DHB-Damen traten ausnahmsweise mit einer Reihe an Feld-A-Kader-Spielerinnen an, weil in diesem Jahr keine Terminüberschneidungen den Einsatz eines speziellen Hallenkaders nötig machten.

Vorbereitung auf die Feld-WM in Indien

Dies war wiederum bei den deutschen Herren nötig: Während sich das Top-Ensemble gerade auf die bevorstehende Feld-WM in Indien (13. bis 29. Januar) vorbereitet, konnte die Reihe von Talenten um den reaktivierten Rekordnationalspieler Tobias Hauke (35), der seine Karriere in der Nationalmannschaft nach mehr als 370 Länderspielen nun endgültig beendet, den Erfolg der Damen nicht wiederholen: Sie unterlagen im Finale dem Hallen-Weltmeister Österreich nach hartem Kampf mit 1:2 (1:1). Die deutsche Doppel-Party fiel somit aus.

Enttäuscht: Kapitän Paul Doesch nach der Final-Niederlage gegen Österreich.
Enttäuscht: Kapitän Paul Doesch nach der Final-Niederlage gegen Österreich. © Getty Images | Getty Images

Bei den Damen hätten einzig die Niederlande, die seit vielen Jahren auf besagte Spezialistinnen setzt, den deutschen Triumph verhindern können: Sowohl beim 2:4 in der Gruppenphase als auch im Finale hielten sie auf Augenhöhe mit. Janne Müller-Wieland hatte dennoch großen Gefallen am hochspannenden Turnierausklang gefunden. „Genauso will man doch ein Finale gewinnen, mit viel Drama und Spannung. Ich fand auch die letzte Ecke nicht schlimm, so konnten wir sogar zweimal feiern“, sagte die Abwehrchefin, die noch vor der Siegerehrung ein letztes Mal im Mittelpunkt stand. Die 36-Jährige, mehr als 330 Mal im Nationaltrikot aktiv, feierte genauso wie Lisa Altenburg (33) und Franzisca Hauke (33) ihren Abschied aus der Nationalmannschaft. Lisa Altenburg, Ehefrau des Bundestrainers, durfte bei der tränenreichen Verabschiedung auch noch die Auszeichnung als beste Torschützin des Turniers mit 14 Treffern entgegennehmen und sagte: „Es hat krass viel Spaß gemacht, bei dieser unfassbaren Atmosphäre noch einmal mit dem Team spielen zu dürfen.“

Pia Mertens als „Germany’s Next Hockeystar“

Obwohl den deutschen Hockey-Damen mit dem Trio eine gehörige Portion Qualität verloren geht, war es beruhigend zu sehen, dass die Nachfolgerinnen schon parat stehen. Allen voran konnte Pia Maertens von Rot-Weiß Köln unter Beweis stellen, warum sie schon länger als „Germany’s Next Hockeystar“ gehandelt wird. 13 Tore, drei davon im Finale, trug die 23-Jährige zum Triumph bei, überzeugte aber auch mit ihrer brillanten Schusstechnik und Ballführung sowie dem Blick für die Mitspielerinnen. „Zu sehen, was für einen Abschied Janne, Lisa und Sissy hier bekommen haben, motiviert mich, in den kommenden Jahren alles zu geben, um so etwas auch zu erleben“, sagte die gebürtige Duisburgerin.

Für einen weiteren emotionalen Höhepunkt dieser EM sorgte die Auswahl der Ukraine. Nach dem 1:0-Sieg im Spiel um Platz drei gegen Österreich wurde die Mannschaft von den 3550 Zuschauern in Hamburg minutenlang gefeiert. Das Team hatte sich dank der Unterstützung vieler Vereine und Privatleute drei Wochen lang in der Hansestadt auf die EM vorbereitet. „Diese Medaille haben wir für unser Land gewonnen. Wir sind allen, die uns unterstützt haben, zutiefst dankbar“, sagte Teammanagerin Maryna Maksymenko. Während die eine Hälfte der Spielerinnen im Ausland bleibt, kehrten sieben weitere am Sonntag in ihre Heimatstadt Sumy zurück. Am Wochenende noch Bronze, am Montag wieder Luftalarm – wie gut, dass der Sport in der Lage ist, für solche Mut machenden Lichtblicke zu sorgen.