Rom. Die Staatsanwaltschaft hat die Einstellung des Doping-Strafverfahrens gegen den Geher-Olympiasieger beantragt, nun folgt ein Richter in Bozen dem Vorschlag. Der Italiener Alex Schwazer will in Tokio dabei sein. Eine Urinprobe sorgt für Rätsel.

Geher-Olympiasieger Alex Schwazer liebäugelt nach der Einstellung des Doping-Strafverfahrens mit einem Tokio-Start.

"Viele reden mit mir über die Olympischen Spiele, aber das Wichtigste ist, dass der Richter meine Unschuld anerkannt hat. Wenn ich dann nach Tokio gehen kann, gut", sagte der 36 Jahre alte Leichtathlet aus Italien im Interview der Zeitung "La Repubblica". Die Erfüllung der Olympia-Norm sei für ihn derzeit jedoch schwierig, da die Disqualifikation von acht Jahren weiterhin bestehen bleibe. Die Zeit werde knapp. "Ich muss mich auch qualifizieren, aber ich bin in guter Form geblieben", erklärte der Südtiroler.

Gut fünf Jahre nach einem positiven Doping-Test hatte das Landesgericht Bozen ein Strafverfahren wegen Sportbetrugs gegen Schwazer eingestellt, die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) hatte darauf mit Bestürzung reagiert. "Die Wada ist entsetzt über die zahlreichen rücksichtslosen und unbegründeten Anschuldigungen des Richters gegen die Organisation und andere Parteien in diesem Fall", hieß es in einer Stellungnahme der Organisation am späten Donnerstagabend. Die Wada wies die Kritik des Bozener Richters Walter Pelino an der Doping-Sperre zurück und behält sich rechtliche Schritte vor.

Das Landesgericht Bozen war am Donnerstag der Einschätzung der Staatsanwaltschaft gefolgt und hatte die strafrechtliche Untersuchung gegen den Leichtathleten mit der Begründung eingestellt, es gebe deutliche Beweise, dass Schwazers Urinprobe manipuliert worden sei. "Ich bin sehr glücklich, dass nach langem Warten endlich der Tag kommt, an dem Gerechtigkeit geschehen ist", zitierte die Nachrichtenagentur Ansa Schwazer aus einem von seiner Managerin Giulia Mancini übermittelten Statement. Das Gericht stützte sich auf ein Gutachten der Carabinieri-Sondereinheit RIS, das Schwazer entlastet hat. In dem 150 Seiten dicken Gutachten waren Zweifel an der Echtheit von Urintests, die Schwazer belastet hatten, geäußert worden.

Der Geher-Olympiasieger über 50 Kilometer von 2008 war am 1. Januar 2016 im Auftrag des Leichtathletik-Weltverbandes World Athletics getestet worden. In seiner Urinprobe waren anabole Steroide festgestellt worden. Schwazer, der den Doping-Vorwurf immer zurückgewiesen hatte, wurde für acht Jahre gesperrt.

Richter Pelino sagte in einem Gerichtsdokument, der heute 36-Jährige habe die Tat nicht begangen. Es sei mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die Proben verändert worden seien, um den Sportler zu diskreditieren. Zudem kritisierte Pelino die Arbeit der Wada und von World Athletics.

Im Verlauf der Verfahren habe die Wada "überwältigende Beweise" unabhängiger Experten vorgelegt, welche die Richter für deren Theorien aber abgelehnt hätten, hieß es von der Wada. Man stehe zu den Beweisen und weise die "diffamierende Kritik" aufs Schärfste zurück.

Laut Schwazers Anwalt Gerhard Brandstätter sei die Verfügung von Richter Pelino ausführlich, klar und sehr hart. Sie entlaste Schwazer vollkommen und bestätige, dass es eine Manipulation gegeben habe, sagte Brandstätter bei Rai Südtirol. Der Richter fordere zudem die Staatsanwaltschaft auf, gegen Wada und World Athletics vorzugehen.

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