Heidelberg. Deutschlands “Sportlerin des Jahres“ hat am Wochenende ihren wichtigsten Saisonauftritt - bei den nationalen Titelkämpfen der Leichtathleten. Dabei war Malaika Mihambo schon auf dem Absprung in die USA.

Zum Olympiastützpunkt Heidelberg kommt Malaika Mihambo im schicken Fiat 500 mit Faltdach und schraubt sich mit ihren langen Beinen aus dem kleinen Gefährt.

Die Weitsprung-Weltmeisterin ist die große Nummer bei den deutschen Leichtathletik-Meisterschaften am Wochenende in Braunschweig. Eigentlich wäre sie schon in den USA. Doch die Corona-Krise habe ihre Pläne, künftig bei "King" Carl Lewis zu trainieren, zunichte gemacht - erstmal.

"Die bestehen noch, sie sind verschoben, nicht gecancelt", betont Deutschlands "Sportlerin des Jahres" im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Momentan ist die Lage dort vor Ort einfach nicht sicher genug und sehr dramatisch. Deshalb bleibe ich erstmal hier und warte ab, bis sich die Situation dort wieder normalisiert."

Kontakt mit dem neunmaligen Olympiasieger Lewis und dem früheren Sprintstar Leroy Burrell, von denen sich Mihambo einen weiteren Leistungsschub im Weitsprung und Sprint versprach, habe sie noch - via Videochat. "Aber gerade vor Ort, in Houston, ist es besonders schlimm. Die haben dort gerade noch mal ganz andere Sorgen."

Mit der Ankündigung, künftig in den USA zu trainieren, hatte Mihambo Ende Mai für einen Paukenschlag gesorgt und den Deutschen Leichtathletik-Verband verärgert. Einige Wochen später aber vertagte die 26-Jährige von der LG Kurpfalz ihr Vorhaben - angesichts der schwierigen Corona-Lage in Amerika. Fragen zur Politik von US-Präsident Donald Trump in der Pandemie will Mihambo nicht beantworten - darauf verwies ihr Management schon vor dem Interview.

"Das tut gerade einfach nichts zur Sache", sagt sie nur. Und: "Das ist ein sehr interessantes Angebot, ich freue mich auf die Menschen dort, die Trainingsgruppe und die Trainer. Es geht mir mehr um das Umfeld als um das Land. Ich denke, ich werde mich auf jeden Fall zurechtfinden."

Aber jetzt erstmal Braunschweig: Dort bestreiten die Leichtathleten am Wochenende ihre "Geistermeisterschaften" unter strengen Hygieneauflagen. "Für uns ist es einfach: Das tun, was wir lieben", erklärt Mihambo. "Dieses Jahr sind die deutschen Meisterschaften für mich der wichtigste Wettkampf und das ist einfach ein tolles Gefühl."

Die Zwangspause durch die Corona-Krise hat sie dazu genutzt, ihr soziales Kinderprojekt ("Malaikas Herzsprung") aufzubauen und eine Rückenverletzung auszukurieren. Seit zwei Monaten steckt sie wieder im Training - nach der Trennung von ihrem langjährigen Coach Ralf Weber nun mit Uli Knapp. "Für die Haupteinheiten, die wir hier machen, komme ich in Oftersheim vorbei. Zwischendurch ist sie wochenweise immer wieder in Saarbrücken, damit wir dort in besonderen Leistungsphasen jeden Tag miteinander trainieren können", erklärt der Bundestrainer.

In Braunschweig wird Mihambo aus einem verkürzten Anlauf mit 16 Schritten springen. Normalerweise sind es 20. "Diese Saison hat natürlich nicht den Stellenwert, den sie unter normalen Umständen gehabt hätte. Es ist schon so, dass man sich selbst ein bisschen schont im Hinblick auf das nächste Jahr, aber dennoch Spitzen im Wettkampf setzt."

Ob sie nächstes Jahr zu Carl Lewis kann, ist ebenso ungewiss wie die Austragung der Olympischen Spiele in Tokio. "Ich hoffe natürlich sehr, dass sie stattfinden. Wie sie dann gestaltet werden, muss man sehen. Vielleicht im kleineren Rahmen. Man wird ein bisschen umdenken und vielleicht ein neues Format entwickeln müssen", sagt die Welt- und Europameisterin aus der Sandgrube und dem kleinen Cabrio.

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