Trondheim. Der norwegische Spielmacher Sander Sagosen ist ein Komplettpaket. Den fehlenden großen Titel will er sich bei der Handball-EM sichern.

Es ist offensichtlich, dass diese Handball-EM für Sander Sagosen etwas Besonderes ist. Nach jedem Treffer blickt er mit weit aufgerissenen Augen ins Publikum, die Arme lässt er in die Höhe schnellen, um die Zuschauer dann mit lauten Rufen immer wieder aufs Neue zu motivieren. Zum Beginn des Turniers ist es eine Heim-EM für Norwegen. Und erst recht eine für Sander Sagosen. Es ist sein Publikum, an das er sich immer wieder wendet. Es sind viele Familienmitglieder und Freunde darunter, die ihn hier haben aufwachsen sehen in Trondheim, in dieser 196.000-Einwohner-Stadt in Mittelnorwegen, derzeit einer der Vorrundenspielorte der EM.

24 Jahre ist Sagosen alt, als kleiner Junge warf er in Trondheim erstmals einen Handball, bei der EM kehrt er nun als einer der besten Spieler der Welt zurück. Er mag derzeit sogar der beste Spieler der Welt sein. Streitig macht ihm den Titel nur Dänemarks Mikkel Hansen (32). Domagoj Duvnjak (31/Kroatien) und Andy Schmid (36/Schweiz) stehen im Herbst ihrer Karriere, und auch die großen Zeiten von Nikola Karabatic sind vorbei. Daran hat auch Sagosen eine Teilschuld, am Sonntagabend besiegten seine Norweger das französische Team um den 35-jährigen Karabatic 28:26. Sagosen erzielte zehn Tore und besiegelte damit das Vorrundenaus des Mitfavoriten.

Finalniederlage bei WM noch nicht überwunden

Sagosen umarmte Karabatic nach der Partie, der neue und der alte Dominator des Handballs wechselten ein paar Worte, dann war Karabatic allein mit seinem Schmerz, während Sagosen den Sieg in der Interviewzone mit den norwegischen Journalisten ähnlich ausschweifend feierte, wie er es zuvor mit seinen Mitspielern auf dem Feld getan hatte. „Das war ein wichtiger Schritt, aber es muss noch weitergehen“, sagte er. Denn diesmal will Sagosen am Ende ganz oben stehen, die Finalniederlage bei der WM vor einem Jahr gegen Dänemark hat er noch nicht verwunden, sie ist sein Ansporn für diese EM.

Sander Sagosen (links) umarmt  Frankreichs Nikola Karabatic nach dem Spiel.
Sander Sagosen (links) umarmt Frankreichs Nikola Karabatic nach dem Spiel. © AFP

Sagosen und Karabatic werden sich direkt nach der EM wiedersehen, beide spielen sie für den französischen Spitzenklub Paris St. Germain. Zumindest noch einige Monate, denn Sagosen wechselt. Nach Deutschland. Zum THW Kiel. Die Bundesliga wird damit um eine Attraktion reicher. Denn Sagosen ist ein Spielmacher, der alles kann. Er kann sich mit seinem kräftigen und 1,92 Meter großen Körper durch die gegnerische Abwehr tanken, er setzt seine Mitspieler bereitwillig und klug in Szene, er kann selbst spektakulär mit dem Kempa-Trick abschließen und Siebenmeter verwandeln. Sagosen ist ein Komplettpaket. Bis auf den fehlenden großen Titel, den er sich nun bei der EM sichern will.

Dem Fußballtrainer Nils Arne Eggen haben sie ein Denkmal vor das Stadion von Rosenborg BK in Trondheim gebaut. Wer weiß, wie lange es dauert, bis eines von Sagosen vor der nur wenige Kilometer entfernten Handball-Arena steht.