Trondheim. Was für ein bitterer Abend für die DHB-Auswahl. Deutschland hat bei der Handball-EM 26:33 gegen Spanien verloren. Ein Debakel.

Es war das erste Schlüsselspiel in dieser EM, und am Ende haben die deutschen Handballer den Schlüssel nicht herumgedreht bekommen. Mit 26:33 (11:14) verloren sie gegen Titelverteidiger Spanien ihre zweite Gruppenpartie. Sie ließen die Köpfe hängen, klopften einander aufmunternd auf die Schultern, trotteten enttäuscht vom Spielfeld. Nur wenige Spieler klatschten den deutschen unter den 6558 Zuschauern zu, die dieser Partie im norwegischen Trondheim beigewohnt hatten.

Damit scheint der Weg ins anvisierte Halbfinale ein ganzes Stück steiniger. Werden die Deutschen, der Pflichtsieg gegen EM-Neuling Lettland am Montag (18.15 Uhr/ZDF) vorausgesetzt, doch punktlos in die Hautrunde nach Österreich gehen. Was wiederum eine schlechtere Ausgangslage im Kampf um das Halbfinale in Schweden ist, wartet in Wien mit Kroatien doch ein weiterer Hauptrundengegner von ähnlich starkem Format wie in der Vorrunde Spanien.

Plan der deutschen Handballer greift nicht

Schon vor der Enttäuschung am Samstagabend gab es einige Fragen, die der EM-Auftakt mit dem 34:23-Sieg gegen die Niederlande hinterlassen hatte: die nach der Stabilität der Abwehr und die nach einer 60-Minuten-Lösung auf der Spielmacher-Position. Am Tag zuvor hatte Bundestrainer Christian Prokop noch selbstbewusst verkündet: „Wir rechnen uns durchaus etwas aus. Es gibt einen Plan.“

Der musste in allen Bereichen greifen. In der Defensive gegen die für ihre Gegenstöße berüchtigten Spanier um den bulligen Kreisläufer Julen Aguinagalde. In der Offensive gegen das Bilderbuch-Abwehrverhalten in der 6:0- und 5:1-Formation, mit dem Trainer Jordi Ribera sein Team vor zwei Jahren in Kroatien zum Titel geführt und Deutschland mit einer wahren Demütigung zuvor aus dem Turnier geworfen hatte.

Das erneute Aufeinandertreffen ein Jahr darauf gewann Deutschland 31:30, es war allerdings ein WM-Hauptrundenspiel ohne wirkliche Aussagekraft, denn das Prokop-Team war bereits fürs Halbfinale qualifiziert, Spanien ohne Chance aufs Weiterkommen. Beim aktuellen EM-Auftakt hatte sich auch Spanien schwer getan gegen einen EM-Neuling, siegte gegen Lettland - wie zuvor Deutschland gegen die Niederlande – mit elf Toren Differenz. Umso spannender war nun der Ausgang des erneuten Duells, bei dem sich zeigen sollte: Prokops Plan griff nur bedingt.

Denn an Spaniens Torhüter Gonzalo Perez de Vargas scheiterten in den Anfangsminuten Uwe Gensheimer, Kai Häfner und Patrick Wiencek. Fünf Minuten waren gespielt, noch kein Tor gefallen, weil auch Andreas Wolff seinen Kasten vernagelte. Dann aber traf Alex Dujshebaev, und löste damit eine spanische Torlawine aus. Nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich von Uwe Gensheimer zum 1:1 zog Spanien auf 6:1 davon. Ballverluste, gehaltene Bälle – das deutsche Team leistete sich zu viele Fehler. Bestraft wurden diese durch Traumtore der Spanier, etwa als Dujshebaev die Kugel artistisch an Wolff vorbeidrehte (7:1).

Bundestrainer Prokop versucht alles

Bundestrainer Christian Prokop reagierte. Er ließ sein Team phasenweise eine 5:1-Abwehr spielen, brachte Philipp Weber als Spielmacher für Paul Drux (8.) und wechselte den 2007er-Weltmeistertorhüter Johannes Bitter für Wolff ein (11.). Nach 14 Minuten lag sein trotzdem 3:9 zurück. Die deutschen wirkten ratlos gegen Spaniens offensive Deckung, was die Spanier da auf dem Feld veranstaltete, wirkte dagegen völlig locker und unangestrengt.

Doch plötzlich fing sich das Prokop-Team. Weber legte mit dem 4:9 los, Gensheimer, Drux, Hendrik Pekeler und Julius Kühn trafen – ein 5:0-Lauf, es stand nur noch 9:10 aus Sicht der Deutschen (22.). und dann? Legten die Spanier einen Lauf hin, Gensheimer scheiterte per Siebenmeter an Perez de Vargas Moreno, Drux und Häfner feuerten den Ball übers Tor – durch eigene Fehler ließen sie den Titelverteidiger wieder davonziehen. Trotzdem: 11:14 zur Halbzeitpause, noch war alles drin.

Das sollte es phasenweise auch im zweiten Durchgang sein. Es blieb eng, Timo Kastening brachte sein Team nach einem erneuten Fehlstart per Gegenstoß wieder auf 15:18 heran (38.), Tobias Reichmann verkürzte per Siebenmeter auf 16:18 (40.). Es waren Phasen der Hoffnung, die aber nur kurz währten. Spanien spielte zu dominant, zu abgezockt, voller Erfahrung. Als der bullige Jorge Maqueda zum 25:18 traf (44.), war die Partie so gut wie vorentschieden, der deutsche Kampfgeist war gebrochen, das Selbstvertrauen wie ausgeknipst. Am Ende wurde es deutlich. Sogar richtig deutlich…