Essen/Lausanne. Die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada fällt ein sporthistorisches Urteil: Vier Jahre Sperre für Russland. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Es ist ein sporthistorisches Urteil. Das Exekutivkomitee der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) schloss am Montag Russland für vier Jahre von Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften aus. Wir beantworten die wichtigsten Fragen, die sich aus dieser Entscheidung für den Sport ergeben.

Darf jetzt vier Jahre lang kein russischer Sportler bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften starten?

Es ist nur eine Teilnahme von russischen Sportlern unter neutraler Flagge möglich. Die Wada folgte damit in ihrem einstimmigen Urteil den Empfehlungen der unabhängigen Prüfkommission CRC, die auch die Suspendierung der russischen Anti-Doping-Agentur Rusada bis 2023 verhängte. Der vollständige Ausschluss wurde nicht beschlossen, um nicht auch unschuldige Athleten zu bestrafen. Die Fachverbände müssen jetzt entscheiden, welche Russen als nicht belastet eingestuft werden können.

Was sind die Gründe für die vierjährige Sperre?

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Russland ist Wiederholungstäter. In den vergangenen Jahren wurde bereits systematisches Doping mit Staatshilfe nachgewiesen. Trotzdem wurde weiter manipuliert. Die neuesten Strafen wurden verhängt, weil im Moskauer Kontrolllabor Tausende Dateien gelöscht oder verändert worden sind. Mindestens 145 Sportler sollen so geschützt worden sein.

Ist auch der Fußball betroffen?

Ja. Die russische Fußball-Nationalmannschaft darf zwar an der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2022 teilnehmen. Sollte das Ticket gelöst werden, ist eine Teilnahme bei der WM in Katar aber nur unter neutraler Flagge und ohne Hymne möglich. So war es auch bei den Winterspielen 2018, als die russischen Eishockeyspieler als „olympische Athleten“ Gold gewannen. Die Fußball-EM 2020 ist nicht betroffen, weil sie als kontinentales Event gilt.

Welche Veranstaltungen können jetzt nicht in Russland stattfinden?

Diese Weltmeisterschaften sind nach Russland vergeben worden und müssten bei Umsetzung des Urteils anderswo ausgetragen werden: Rodel-WM 2020 in Sotschi, Volleyball-WM der Männer 2022, Kurzbahn-WM im Schwimmen 2022 in Kasan, Eishockey-WM der Männer 2023 in St. Petersburg.

Wie reagiert Russland auf die Entscheidung?

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Die Vierjahressperre kommentierte Premierminister Dimitri Medwedew drastisch: „Es ist die Fortsetzung der bereits chronisch gewordenen antirussischen Hysterie.“ Der frühere russische Präsident kündigte die Anfechtung des Urteils an. Im Gegensatz zu Medwedew ist Juri Ganus, der Chef der russischen Anti-Doping-Agentur Rusada, pessimistisch: „Es gibt keine Möglichkeit, diesen Fall vor Gericht zu gewinnen.“

Welche juristischen Mittel hat Russland jetzt?

21 Tage hat Russland nun Zeit, um Einspruch einzulegen. Dann würde der Internationale Sportgerichtshof Cas eine Entscheidung fällen. Aber es ist damit zu rechnen, dass Russland weitere Schritte auf juristischem Weg einleiten wird. So war es auch vor den Olympischen Sommerspielen 2016.

Was sagen die deutschen Sportorganisationen zum Urteil?

Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), begrüßt die Sanktionen. „Wer über Jahre hinweg die Werte des Sports mit Füßen tritt, gehört auf die Strafbank. Insofern ist die heutige Rote Karte seitens der Wada nur die logische Konsequenz für das unablässige Manipulieren und Verstoßen gegen die Regeln des Weltsports“, erklärte Hörmann in einer DOSB-Mitteilung am Montag. Für die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) ist die Entscheidung „der kleinste gemeinsame Nenner, der nicht weiter verwässert werden darf“, wie deren Vorsitzende Andrea Gotzmann erklärte. „Jetzt müssen die Weltsportverbände die Sanktionen anerkennen und ohne weiteren Verzug umsetzen.“

Könnte die Sperre auch noch für die Olympischen Spiele 2024 in Paris gelten?

Eigentlich gilt der Ausschluss nur für die Sommerspiele 2020 und die Winterspiele 2022. Sollte Russland aber Einspruch einlegen und das endgültige Urteil erst nach den Sommerspielen 2020 vom Cas gefällt werden, würde die Sperre auch für Paris 2024 wirksam werden, wie Jonathan Taylor, der Leiter der unabhängigen Prüfkommission, am Montag sagte.