Doha. Leichtathletik-Trainer Alberto Salazar ist für vier Jahre gesperrt worden. Zu seinem Team gehört auch WM-Hoffnung Konstanze Klosterhalfen.

Eigentlich hätte sich Konstanze Klosterhalfen an diesem Dienstag in aller Ruhe auf ihren am Mittwoch anstehenden Vorlauf über 5000 Meter (17.25/ZDF) bei der Leichtathletik-WM in Doha vorbereiten sollen. Doch ihre Abläufe wurden von einem Urteil gestört, das nicht weniger als ein Erdbeben für die Leichtathletik bedeutet.

Klosterhalfens Management ist "ein Stück weit geschockt"

Der umstrittene Lauf-Trainer Alberto Salazar ist von der US-Anti-Doping-Behörde Usada für vier Jahre wegen Dopingverstößen gesperrt worden. Der US-Amerikaner ist Cheftrainer des Nike Oregon Projects, bei dem Weltklasse-Athleten wie die neue 10.000-Meter-Weltmeisterin Sifan Hassan aus den Niederlanden in paradiesisch optimierten Bedingungen trainieren. Seit April gehört auch Konstanze Klosterhalfen dazu.

Auch wenn die 22-Jährige selbst von Pete Julian und nicht von Salazar selbst trainiert wird, so sieht sie sich nun dem Vorwurf ausgesetzt, zu dem Team eines wegen Dopings von einer offiziellen Behörde belangten Trainers zu gehören.

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Das Management der Athletin des TSV Bayer Leverkusen reagierte am Dienstag „überrascht und ein Stück weit geschockt“. Dabei waren die Vorwürfe schon lange bekannt, Klosterhalfen hatte sich immer wieder kritischen Fragen stellen müssen. Ihr Manager Danny Bieglier sagt: „Es ändert ja an der Situation nichts: Konstanze ist entschieden gegen jegliche Art von verbotenen Substanzen. Sie ist nie damit in Berührung gekommen.“ Pete Julian „ist und bleibt“ beim Oregon Project ihr Trainer.

Auch Jürgen Kessing, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), verteidigte sie: „Konstanze ist eine mündige Athletin.“ Und: „Trotz intensiver Kontrollen gab es bei ihr keine Beanstandungen, und sie lehnt jede unerlaubte Methode ab.“

Dem 61-jährigen Salazar wird die Anwendung von verbotenen Infusionen, Besitz und illegaler Handel mit Testosteron und die Vertuschung von Daten im Zusammenhang mit Doping-Kontrollen vorgeworfen. Vier Jahre hatte die Usada ermittelt. Auch der viermalige Olympiasieger von 2012 Mo Farah, der ebenfalls Teil der Gruppe war, war unter Verdacht geraten, gedopt zu haben.

Akkreditierung für die WM in Katar entzogen

Es sind schwere Vorwürfe, die der Behörde vorliegen und die diese als glaubhaft einstuft – auch, weil sie von betroffenen Athleten stammen. „Sie haben in diesen Fällen großen Mut bewiesen und letztendlich die Wahrheit ans Tageslicht gebracht“, sagte Usada-Chef Travis Tygart.

Neben Salazar wurde auch der Mediziner Jeffrey Brown von einem US-Schiedsgericht für vier Jahre gesperrt. „Bei ihrer Arbeit für das Nike Oregon Project haben Herr Salazar und Dr. Brown demonstriert, dass Gewinnen wichtiger war als die Gesundheit und das Wohlergehen der Athleten, denen sie ihren Schutz versprochen hatten“, sagte Tygart.

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Salazar, dem vom Weltverband IAAF kurzerhand seine Akkreditierung für die WM entzogen wurde, holte zum Gegenschlag aus. Die Vorwürfe seien „komplett falsch“, wird er auf der Homepage des Projekts zitiert: „Ich bin schockiert über dieses Ergebnis. Das Oregon Project hat niemals Doping geduldet und wird es niemals dulden.“ Er kündigte an, in Berufung gehen zu wollen.

Was das für den Fall bedeutet, erklärt Clemens Prokop, ehemaliger DLV-Präsident, Jurist und Anti-Doping-Experte: „Nachdem Salazar den Vorwurf bestreitet und Rechtsmittel angekündigt hat, ist damit das Verfahren nicht abgeschlossen, sondern ein laufendes Verfahren. Dies bedeutet, dass nun vor einem Gericht beziehungsweise dem Cas geprüft werden muss, ob die Vorwürfe zutreffen.“

Prokop: "Sie wird immer mit diesen Anschuldigungen konfrontiert werden"

Und was bedeutet das nun für Konstanze Klosterhalfen? „Für sie hat diese Entscheidung unmittelbar keine Auswirkung, weil sie offensichtlich nicht zu den Athleten zählt, die von illegalen Machenschaften betroffen sind“, sagt Prokop. Sonst wäre sie sofort suspendiert worden. „Aber natürlich wird sie jetzt immer auch mit diesen Anschuldigungen konfrontiert werden.“ Für ihn sei entscheidend, „dass sie wie jeder andere deutsche Athlet dem Anti-Doping-Kontrollsystem unterliegt und sie nicht mit dem beschuldigten Salazar zusammenarbeitet“. Er sehe daher „bislang keinen Grund für sie, sich aus dem Projekt zurückzuziehen“.