Paris. Aus in der ersten Runde: Für Angelique Kerber endeten die French Open bereits am ersten Tag. Sie unterlag Anastassija Potapowa klar.

Am vergangenen Donnerstag stellten die Twitterprofis der French Open eine der prominenten Spielerinnen in aller prägnanten Kürze vor. „Name: Angelique Kerber. Land: Deutschland. Beruf: Jägerin des Karriere-Grand Slam“, stand da zu lesen. Begleitet wurde der Text von ein paar dynamischen Pariser Trainingsbildern, auf denen die Welt für die vermeintliche Titelaspirantin noch sehr in Ordnung aussah. Auch Kerber (31) lächelte kurz vor dem Turnierstart noch einmal für ihre Internet-Gemeinde in die Kamera, es sei „aufregend, trotz aller Schwierigkeiten“ den umgebauten Centre Court einweihen zu dürfen.

Kerber starte als erste Branchengröße - und ging als erste

Doch am Sonntag war es schnell vorbei mit jeglichem Vergnügen, mit Abenteuerlust auf neuem Terrain. Und erst recht mit irgendwelchen Hoffnungen, ausgerechnet in dieser schwierigen Saison den letzten fehlenden Grand Slam-Titel noch gewinnen zu können. Kerber startete als erste unter den Branchengrößen in diese Internationalen Französischen Meisterschaften 2019, und sie ging auch als erste wieder – 4:6 und 2:6 geschlagen von der russischen Debütantin Anastasia Potopova (18). „Super enttäuscht“ sei sie, sagte Kerber hinterher, „im Moment weiß ich noch nicht so ganz, wie es nun weitergeht bis hin zu Wimbledon.“

Mühsam hatte sich die Rasen-Königin zu den French Open gekämpft, es war ein Drahtseilakt bis zur letzten Minute wegen diverser Verletzungen, zuletzt am rechten Sprunggelenk. Doch Kerber, ohnehin keine ausgewiesene Freundin der zähen Rutschübungen im roten Sand, wirkte von vornherein verunsichert, meist spielte sie ohne Mumm und Sicherheit in der spärlich gefüllten Arena. „Das sieht etwas zurückhaltend aus, da fehlt das Vertrauen. Es ist aber auch verständlich nach den letzten harten Wochen“, sagte Barbara Rittner, die Frauenchefin des Deutschen Tennis Bund. In der Tat: Woher sollte Vertrauen kommen – ganze drei Matches auf Sand hatte die Kielerin nur bestritten, Spielpraxis und Spielhärte fehlten ihr beinahe komplett.

Schnell lag Kerber 0:2 hinten gegen die frech und unbekümmert auftretende Russin. Potapova spielte so, wie man gegen eine angeschlagene und zweifelnde Szenegröße auftreten muss: Zupackend, konzentriert, engagiert und jederzeit zum Risiko entschlossen. Kerber kam zwar immer wieder heran, glich zum 2:2 aus, machte ein 2:4-Defizit zum 4:4 wett, aber es war eben nur ein Aufflackern ihres sonstigen Widerstandspotenzials. Schließlich ging der erste Satz mit 4:6 verloren, und ehe sich Kerber und viele ihrer Fans versehen hatten, lag die Weltranglisten-Fünfte auch im zweiten Akt mit 0:4 zurück. Nach 73 Minuten dann fiel der Vorhang, es gab keins dieser wundersamen Kerber-Comebacks mehr, keine verwegene Aufholjagd, kein Drama.

Kerber hatte wegen einer Virusinfektion den Rhythmus verloren

Er war, nach der verkorksten Vorbereitung, auch keine Sensation, dieser Knockout in Runde eins. Und dennoch fügte sich das Geschehen auf dem Centre Court in eine teilweise frustrierende Bilanz dieser Tennis-Spielzeit ein, es war der nächste Tiefschlag, der das Arbeiten für alle im Team Kerber nicht leichter machte. Kerber hatte schon nach den US-amerikanischen Turnieren im Frühjahr wegen einer Virusinfektion den Rhythmus verloren und Zwangspausen einlegen müssen. In der Sandplatzsaison wurde es nicht besser, Kerber sprach bereits vor Paris von der „schlechtesten Vorbereitung, die ich je hatte.“ Nun wartet Wimbledon. Die Titelverteigung. Die Verteidigung dicker Punktepolster. Der Ergebnisdruck. „Das einzig Gute ist, dass ich jetzt mehr Zeit habe, um das Ganze in Ruhe anzugehen“, sagte Kerber.