Amiens. Radprofi Dylan Groenewegen hat die achte Etappe der 105. Tour de France gewonnen. Der Deutsche Andre Greipel wurde Zweiter.

Wie viel Druck auf Marcel Kittel lastet, war nach dem Sprintfinale zu hören und zu sehen. Im Eiltempo fuhr der 30-Jährige zum Teambus, schmiss sein Rennrad dagegen, rannte hinein und schrie. Schrie, so laut er konnte: „Fuck!“ Dann trommelte Kittel auf die Innenausstattung ein.

Rang 15 auf der achten Tour-Etappe von Dreux nach Amiens. Kittel, der vierzehnfache Etappensieger, der fünffache Etappensieger 2017, blieb wieder ohne Sieg. Es war seine vorerst letzte Chance vor dem Ritt durch die Alpen. Die nächste bietet sich erst auf der Schlussetappe am 29. Juli in Paris.

Die Niederlage beim Sieg des Niederländers Dylan Groenewegen (LottoNL-Jumbo) schmerzte dem Thüringer. Doch das Debakel hatte am Samstag schon vor dem Rennen angefangen. Katusha-Sportdirektor Dimitri Konischew griff in der L’Equipe seinen eigenen Kapitän an. „Wir bezahlen ihm eine Menge Geld, aber er ist nur an sich selbst interessiert“, wurde der 52 Jahre alte Russe zitiert. Er habe sich Kittel „nicht ausgesucht“. „Vor dem Mannschaftszeitfahren in Cholet hat er während der Teambesprechung mit seinem Handy herumgespielt. Das hat mir zu verstehen gegeben, dass ich ihn nicht interessiere.“

Teamchef Jose Azevedo stellte sich hinter den kritisierten Topstar: "Marcel Kittel bleibt der beste Sprinter der Welt. Wir bleiben positiv", sagte der Portugiese nach dem Rennen. Konischews Aussagen könne er nicht kommentieren. Kittels Teamkollege Nils Politt tat es: „Die Stimmung im Team ist gut. Es wurde nichts kritisiert. Marcel ist unser Leader für die Sprints und die Tour“, sagte der 24-Jährige.

Das erneute Scheitern konnte sich der Kölner derweil nicht recht erklären. „Wir hatten uns eigentlich einen guten Plan ausgedacht.“ 17 Kilometer vor dem Ziel kamen Tempomacher Tony Martin und Rick Zabel bei einem Massensturz zu Fall. Beim 33-jährigen Cottbuser Martin besteht der Verdacht auf einen Rippenbruch.

Der deutsche Katusha-Sportdirektor, Torsten Schmidt, hatte am späten Freitagabend nach dem enttäuschenden 118. Platz von Kittel noch ein anderes Bild gezeichnet. Schmidt suchte den Fehler nicht bei Kittel. „Die Kommunikation im Team war nicht deutlich“, sagte der 46-Jährige im Gespräch mit dieser Zeitung. Den Sprintzug für den 30-Jährigen bilden Tony Martin, Nils Politt und Rick Zabel. Doch wie schon in den vergangenen Monaten hatte das Team Probleme, sich zu sortieren. Am Ende bekam Zabel das Signal von Kittel, sein Glück im Sprint zu versuchen.

Anders als sein russischer Kollege sprach Schmidt Kittel sein Vertrauen aus: „Marcel hat es letztes Jahr geschafft, er wird es auch in Zukunft wieder schaffen.“

Bei all dem Zoff um den Top-Sprinter ging die Strafversetzung von André Greipel (Lotto Soudal) fast unter. Der 35-Jährige hatte sich hinter dem Vortagessieger Groenewegen auf Rang zwei durchgekämpft. Vorher gab es allerdings ein Gerangel zwischen ihm und Fernando Gaviria (Quick-Step-Floors). Im Ziel wetterte Greipel: „Ich fühle mich von Gaviria um den Sieg gebracht. Er hat mich zweimal von der Linie gebracht – mal sehen, wie die Jury entscheidet.“ Die entschied wenig später und stufte Greipel und den 23-jährigen Kolumbianer auf die Plätze 92 und 93 zurück. „Dazu habe ich nichts mehr zu sagen“, schrieb der Rostocker auf Twitter, und hatte doch etwas zu sagen: „Ich habe keine Augen im Hinterkopf und lasse mich von niemandem zur Seite schubsen.“ Bester Deutscher wurde dadurch auf Rang drei John Degenkolb (Trek-Segafredo) hinter Peter Sagan (Bora-hansgrohe).