Watutinki. Bayern-Star Jerome Boateng steht plötzlich zum Verkauf. Daraus könnte ein Störfaktor für den DFB bei der WM in Russland werden.

Joachim Löw hat manchmal eine wirklich nette Art an sich. Desinteresse an einer bestimmten Sache kann zum Beispiel vermutlich niemand auf der Welt so wunderbar zum Ausdruck bringen, wie der Bundestrainer. „Das hab ich nicht gelesen“, sagte er am Mittwochnachmittag auf dem Gelände des deutschen Mannschaftsquartiers in Watutinki. „Und“, fügte er gekonnt an, um eine doppelte Verteidigungslinie aus Worten zu errichten, „es interessiert mich auch absolut überhaupt nicht, was nach dem Turnier sein wird.“ Absolut überhaupt nicht. Mit anderen Worten: Ganz, ganz wenig interessiert ihn das, was da seit neuestem auf dem Markt ist.

Dabei steht im Mittelpunkt des Geschehens ein Mann, auf den Löw vor dem am Sonntag mit dem Spiel gegen Mexiko (17 Uhr/ZDF live) beginnenden WM-Turnier über alle Maßen baut: Jerome Boateng (29), eine weltweit anerkannte Innenverteidiger-Instanz, die beim nationalen Marktführer Bayern München unter Vertrag steht. Noch.

Boateng steht bei Bayern bis 2021 unter Vertrag

Denn Boateng, dessen Arbeitsverhältnis noch bis 2021 datiert ist, hatte vor einigen Wochen selbst über einen Abschied aus München geredet. „Das Ausland ist immer interessant. Man hat nicht viele Chancen. Da muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er nochmal die Erfahrung sammeln möchte." Er sei jetzt "an dem Punkt, an dem man nochmal darüber nachdenkt".

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    Nun erhielt er die durchaus überraschende Replik von seinem Arbeitgeber. Diese Gedanken seien "grundsätzlich nicht aus der Welt", sagte Münchens Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge dem Münchener Merkur, der tz und der Bild. „Wir wissen, dass das Thema möglicherweise auf uns zukommen kann. Wenn ein Verein kommt und er kundtut, dass er zu diesem Verein wechseln möchte, werden wir uns damit befassen."

    Rummenigge stellt Boateng ins Schaufenster, gibt ihn zum Verkauf frei. Gleichwohl kündigte der Bayern-Boss an, dass es einer beträchtlichen Ablösesumme bedürfe, um den Weltmeister aus seinem Vertrag herauszukaufen. Es scheint sich ein Poker um Boatengs Zukunft zu entwickeln, der zumindest in der Theorie das Potenzial hat, die Nationalmannschaft im Turnier zu stören.

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      Aber von theoretischen Potenzialen hält Joachim Löw wenig, Pardon, absolut überhaupt nichts. „Das gab es doch immer schon, dass Spieler den Verein gewechselt haben“, sagte Löw und hält ganz offensichtlich seinen erfahrenen Weggefährten für erfahren und Weggefährten genug, die Sache nicht zu einer werden zu lassen, die tatsächlich stören könnte.

      Löw über Boateng: "Er ist sehr, sehr präsent“

      Viel wichtiger ist dem Bundestrainer ohnehin, was er noch über Boateng sagen konnte und wollte. Der Spieler war in den vergangenen Wochen durchaus dadurch auffällig geworden, dass er einige Sorgenfalten bei all jenen hinterließ, die sich seinen Einsatz bei der WM wünschen oder ihn im Sinne des sportlichen Erfolgs für unabdingbar halten. Eine schwerwiegende Muskelverletzung hatte ihn im Saisonfinale gestoppt, erst im Trainingslager der Nationalmannschaft kehrte er auf den Platz zurück. „Was ich sagen kann, ist, dass Jerome unheimlich hart an seiner Fitness gearbeitet hat. Er ist schon auch sehr, sehr präsent.“

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        Beim letzten Test vor dem Turnier gegen Saudi-Arabien (2:1) hatte Boateng sein erstes Spiel nach Wochen des Zuschauens absolviert, aber in den 45 Minuten Einsatzzeit offenbart, dass auch ihm Spielpraxis gut tut. Vorsichtig formuliert. Wie soll das nur werden, wenn die Schwergewichte des internationalen Fußballs aufwarten? Ist Boateng dann ein Sicherheitsrisiko? Löw hat da eine recht klare Meinung. „Ein guter Jerome Boateng ist für uns sicher wichtig. Er ist ein Pfeiler, ein Leader unserer Mannschaft.“ Und: „Die Pause wird man ihm nicht anmerken.“ Am besten absolut überhaupt nicht.