Köln. Mit vielen Hoffnungen hatte der 64-Jährige seine Aufgabe beim DFB angetreten. Doch seine Amtszeit war geprägt von Krisen und Machtkämpfen.

Fritz Keller hatte 2019 mit vielen Hoffnungen das Amt des Präsidenten beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) übernommen. Doch seine Amtszeit war geprägt von Krisen und internen Machtkämpfen. Mit einem Nazi-Vergleich katapultierte sich Keller endgültig ins Abseits. Nach wochenlangem Kampf um seine Position hielt er den Druck nun nicht mehr stand und zog selbst die Reißleine. Seine Amtszeit im Zeitraffer:

27. September 2019

Fritz Keller wird ohne Gegenkandidat zum 13. DFB-Präsidenten gewählt. Der scheidende Klubchef des Bundesligisten SC Freiburg tritt die Nachfolge von Reinhard Grindel an, die Amtszeit soll drei Jahre dauern. Gleich zum Amtseintritt kündigt das Patenkind von Fritz Walter eine „externe Generalinventur“ beim krisengeschüttelten Verband an. „Alles“ solle auf den Prüfstand.

24. Januar 2020

Keller hält kurz vor dem 75. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz eine emotionale Rede zum Holocaust-Gedenken. Der Fußball habe mit seiner gesamtgesellschaftlichen Verantwortung die besondere Pflicht, „dafür zu sorgen, dass diese Verbrechen niemals in Vergessenheit geraten“.

Februar/März 2020

Nach hoffnungsvoller Anfangszeit bläst Keller von Fanseite ein erster Sturm des Widerstands entgegen. „Der Präsident als Symbolfigur - Ein Verband im Keller“, steht beispielsweise auf einem Banner. Auslöser des Unmuts ist der Umgang des Verbandes mit der fortschreitenden Kommerzialisierung und den Fanprotesten gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp.

Anfang März 2020

Mit der Corona-Pandemie entwickelt sich eine weitere Herausforderung für Keller. Länderspiele werden abgesagt, die Saison im Amateurfußball wird abgebrochen. Der DFB-Präsident ist auch hier als Krisenmanager gefragt.

22. September 2020

Keller verzichtet darauf, den DFB künftig im Council des Weltverbandes FIFA zu vertreten. Er sei „mit der Idee angetreten, die Verantwortung auf verschiedene Schultern zu verteilen und im Team zu arbeiten. Einen Verband kann man nicht mehr nach Gutsherrenart führen“, sagte er. Stattdessen geht Peter Peters für den größten Einzel-Sportverband der Welt ins Rennen.

7. Oktober 2020

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main durchsucht bei einer Razzia die Geschäftsräume des DFB sowie die Privatwohnungen von gegenwärtigen und ehemaligen Verbands-Funktionären. Es besteht der Verdacht der fremdnützigen Hinterziehung von Körperschafts- und Gewerbesteuern in besonders schweren Fällen. Es geht dabei zwar um mögliche Delikte vor der Amtszeit Kellers, der DFB-Präsident ist dennoch um Schadensbegrenzung und Aufklärung bemüht.

16. Oktober 2020

Keller stellt sich selbst ein schwaches Zwischenzeugnis aus. Zwar sei der DFB bei der Aufklärung in der Sommermärchen-Affäre weiter vorangekommen, „wir müssen aber bei den Reformen insgesamt in der Geschwindigkeit zunehmen“, sagt er dem Nachrichtenmagazin Focus: „Ich bin unzufrieden mit dem, was ich von meinen Zielen beim DFB bisher erreicht habe.“

23. Oktober 2020

Der DFB gibt erstmals öffentlich Risse in der Verbandsspitze zu. Zuvor hat die Süddeutsche Zeitung (SZ) von tiefen Gräben und massiven Dissonanzen zwischen Präsident Keller und Generalsekretär Friedrich Curtius berichtet. Es bilden sich zwei Lager in der Führungsetage.

30. Oktober 2020

Das vom DFB engagierte Beratungsunternehmen Esecon stellt kein Fehlverhalten von Franz Beckenbauer im Zuge der Sommermärchen-Affäre um die WM 2006 fest. Ungeklärt bleibt noch immer der eigentliche Zweck des dubiosen Geldflusses von 6,7 Millionen Euro zwischen 2002 und 2005.

Anfang Dezember 2020

Laut Medienberichten soll Keller mehrfach eine vorzeitige Vertragsauflösung mit Bundestrainer Joachim Löw nach der EM 2021 ausloten. Löw habe demnach empört auf den Vorstoß reagiert und den Präsidenten massiv angegriffen. Auch das DFB-Präsidium weist den Vorschlag zurück und entblößt Keller als ziemlich machtlos.

17. Dezember 2020

Der DFB kommt nicht zur Ruhe. Der dem Keller-Lager zuzuordnende Vizepräsident Peter Peters prangert „fehlendes Miteinander“, „Misstrauen“ und „unfassbar viele Indiskretionen“ in der Verbandsspitze an.

11. Januar 2021

Keller will laut SZ beim DFB einen internen Untersuchungsausschuss einsetzen. Damit sollen die Indiskretionen der vergangenen Monate aufgearbeitet werden.

15. Januar 2021

Eine Amtszeit mit vielen Krisen: DFB-Präsident Fritz Keller.
Eine Amtszeit mit vielen Krisen: DFB-Präsident Fritz Keller. © AFP

Der Machtkampf im DFB endet vorläufig unentschieden: Präsident Fritz Keller und sein Generalsekretär Friedrich Curtius entschließen sich auf einer sechsstündigen Krisensitzung zu einem vorläufigen Burgfrieden. Man werde „letztmalig einen gemeinsamen Versuch unternehmen“, teilen beide mit.

21. Februar 2021

Keller schließt trotz aller Querelen einen Rücktritt aus. „Nein, niemals“ habe er daran gedacht, sagt er in der Welt am Sonntag: „Ich bin kein Mensch, der aufgibt. Ich kann nur für mich sprechen: Ich trete nicht zurück.“ Vielmehr werde er sich 2022 wahrscheinlich zur Wiederwahl stellen.

Ende März 2021

Im Machtkampf der DFB-Spitze kommen immer neue pikante Details ans Licht. Es geht um Kündigungen, hochdotierte Beraterverträge sowie weitere Indiskretionen und Intrigen. Die Zeichen verdichten sich, dass ein konstruktives Miteinander der beiden Lager kaum noch möglich ist. Der ehemalige Bayern-Patron Uli Hoeneß schlägt sich auf die Seite von Keller und fordert die Rücktritte von Curtius, Vize-Präsident Rainer Koch und Schatzmeister Stephan Osnabrügge.

18. April 2021

Zahlreiche Landes- und Regionalverbände haben genug vom Streit an der DFB-Spitze und erarbeiten einen Protestbrief. Darin kritisieren sie den „desolaten“ Zustand des Dachverbandes.

23. April 2021:

Keller leistet sich auf der Präsidiumssitzung einen schwerwiegenden verbalen Aussetzer. Laut übereinstimmenden Medienberichten soll er Koch mit Nazi-Richter Roland Freisler verglichen haben. Damit gilt Keller als kaum noch tragbar, der Druck auf den 64-Jährigen ist größer denn je.

2. Mai 2021:

Keller wird nach seinem Nazi-Vergleich von den Chefs der Landes- und Regionalverbände zum Rücktritt aufgefordert. Auch Generalsekretär Friedrich Curtius wird das Vertrauen entzogen. Dieser bietet im Gegensatz zu Keller einen Tag später indirekt seinen Abschied an.

3. Mai 2021:

Die DFB-Ethikkomission bringt Keller nach seinem Nazi-Vergleich vor das verbandsinterne Gericht. Es ist das erste Mal, dass sich ein DFB-Präsident vor dem Sportgericht verantworten muss.

6. Mai 2021:

Keller trifft sich nach dem Misstrauensvotum zu einem Meinungsaustausch mit Charlotte Knobloch. Die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland gibt ihm Rückendeckung.

7. Mai 2021:

Keller äußert sich erstmals nach dem Misstrauensvotum der Landesverbände. Der 64-Jährige schließt einen sofortigen Rücktritt aus. Indirekt deutet er jedoch einen Abschied an, sobald er seine Aufklärungsmission als erfüllt ansieht. Ob er so viel Zeit bekommt, scheint aber mehr als fraglich. Noch am selben Abend erneuerten die Landes- und Regionalverbände ihre Rücktrittsforderung, diesmal gab es in der Abstimmung nicht einmal eine Gegenstimme.

9. Mai 2021:

Keller schaltet für das Verfahren vor dem Sportgericht einen Anwalt ein. Sein Vize Koch macht derweil deutlich, dass er einen Verbleib Kellers ohne die Unterstützung der Amateure für ausgeschlossen hält.

11. Mai 2021:

Keller erklärt „aus eigener freier Entscheidung“ seine Bereitschaft, nach Abschluss der Verhandlung vor dem DFB-Sportgericht sein Amt zur Verfügung zu stellen. (sid)