München. Robert Lewandowski fehlen nur fünf Treffer zu Gerd Müllers Wohl-doch-nicht-Ewigrekord von 40 Toren. Der Pole ist zur richtigen Zeit in Top-Form.

Serge Gnabry war für einen Moment nicht ganz im Bilde. „Wie viele sind es?“, fragte der Mittelfeldspieler des FC Bayern. Tore meinte er, Tore von Robert Lewandowski. Bei dem Stürmer kann man schon mal die Übersicht verlieren, mit dem Zählen nicht mehr ganz nachkommen. Nur noch fünf Tore fehlen dem Polen zum Rekord von Gerd Müller. „Dann ist es fix“, sagte Gnabry, dass Lewandowski die Vermeintlich-Ewig-Bestmarke von 40 Saisontreffern knacken wird.

Am Samstag, beim 4:0 (4:0) gegen den VfB Stuttgart, erzielte der Pole drei Tore: eins mit rechts, eins mit dem Kopf und eins mit links. Um die Müller-Marke zu brechen, hat er noch acht Spiele Zeit. Die Einschätzung von Gnabry, der das zwischenzeitliche 2:0 markierte, ist also nicht extrem optimistisch, sondern ziemlich realistisch – sofern Lewandowski gesund bleibt.

Nächste Bayern-Gegner: RB Leipzig und PSG

Aber der Rekord ist in der Öffentlichkeit ein größeres Thema als in der Mannschaft, womöglich sogar ein größeres als beim Stürmer selbst. Der 31-Jährige sagt brav in die Mikrofone, dass er darüber „nicht zu viel nachdenken“ wolle, sondern nur „von Spiel zu Spiel“ schaue. So ganz kauft man das Lewandowski nicht ab, aber persönliche Ziele zu verfolgen ist ja nicht verwerflich, solange der Erfolg des Kollektivs im Vordergrund steht.

Jenes Kollektiv ist es, das im letzten Spiel vor der Länderpause noch mal zeigte, weshalb es oben in der Tabelle steht, warum die Bayern trotz kleinerer Probleme, trotz eines starken Konkurrenten RB Leipzig wieder die Besten sind. Zu diesen Problemen gehört, dass es oft eines Hallo-Effektes bedarf. Zuletzt waren es frühe Gegentore, die die Bayern wieder auf Kurs brachten – diesmal eine Rote Karte gegen Alphonso Davies nach einem rüden Tritt gegen Wataru Endo in der zwölften Minute. Der Kanadier fehlt den Münchenern am 3. April wie auch Jerome Boateng (fünfte Gelbe Karte) im Spitzenspiel beim einzigen Herausforderer Leipzig. Erst die Sachsen, vier Tage später Paris St.-Germain in der Champions League – Lewandowski ist rechtzeitig vor den wichtigsten Saisonspielen in überragender Form.

Es sei eine große Herausforderung gewesen, sagte Lewandowski, „mit zehn Spielern Torchancen zu kreieren“. Während die Münchener aber ganz genau wussten, wie das klappen könnte und was nach dem Platzverweis zu tun ist, passte bei den in der Anfangsphase selbstbewusst auftretenden Schwaben plötzlich überhaupt nichts mehr. „Wir waren“, gab Trainer Pellegrino Matarazzo zu, „ein Stück weit unvorbereitet.“ Überzahl-Spiel gehört zwar auch beim VfB zum Trainings-Repertoire und sei auch grundsätzlich besprochen worden, teilte der Italiener mit. Aber es ist eben doch ein Unterschied, ob ein Gegner auf Augenhöhe einen Mann weniger auf dem Platz hat oder der FC Bayern mit seiner Routine und Qualität.

Bayern-Boss Rummenigge spricht Machtwort

„Wir haben heute Lehrgeld bezahlt“, gab Stuttgarts Sportdirektor Sven Mislintat zu. „Sie haben uns heute wie einen Aufsteiger aussehen lassen.“ Also als das, was die Schwaben ja sind, aber so wie sie in dieser Saison bisher nicht aufgetreten sind. Und trotz der Niederlage in München haben sie noch Chancen auf einen Platz im internationalen Geschäft. Noch schwerwiegender als das 0:4 ist allerdings der Ausfall von Silas Wamangituka. Der 21-Jährige riss sich am Samstag das Kreuzband im rechten Knie.

Für Hansi Flick war es ein beruhigender Abschluss einer aufreibenden Woche mit Bundestrainer-Spekulationen und dem erst eskalierten und dann eingedämmten Konflikt mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic. Der 56-Jährige bat daher darum, einfach „die Freude“ über den 40. Sieg in seinem 50. Bundesligaspiel als Trainer auskosten zu dürfen: „Das muss man mir mal zugestehen.“ Und so, wie es ausschaut, kommen noch etliche Ligaspiele und Lewandowski-Tore dazu: Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge bekräftigte in der Welt am Sonntag, dass der als Nachfolger von Joachim Löw gehandelte Flick über den Sommer hinaus beim Rekordmeister bleiben werde. „Wir sind gut beraten, das zu Ende zu bringen, was wir vertraglich vereinbart haben“, sagte Rummenigge. „Das habe ich Hansi unmissverständlich mitgeteilt.“ Flicks Vertrag läuft bis 2023.