Köln. Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat bei der Handball-WM gegen Kroatien gewonnen. Deutschland steht damit im Halbfinale.

Erst umarmten sie sich, dann animierten sie das Publikum in Köln zur Welle. Zu größeren Jubelgesten waren die deutschen Handballer am Montagabend nicht mehr in der Lage. Nicht nach dieser 60 minütigen Abwehrschlacht gegen Kroatien, die 22:21 (11:11) geendet hatte und das Team von Bundestrainer Christian Prokop vorzeitig den Einzug ins Halbfinale der Weltmeisterschaft am Freitag in Hamburg bescherte. „Das war heute eine ganz harte Prüfung“, sagte Propkop, „so eine Drucksituation zu bestehen, darauf bin ich unheimlich stolz.“

Halbfinale: Es war das Ziel, das sich der Deutsche Handballbund gesetzt hatte. Wagemutig hörte sich das zunächst an, doch nach drei Siegen und zwei Remis in der Vor- und nun zwei Erfolgen in der Hauptrunde ist mit dem Halbfinaleinzug auch das Spiel um eine Medaille im dänischen Herning am Sonntag sicher. Die Heim-WM – nun hat sie auch sportlich die Erwartungen voll erfüllt.

„Wir wollten für Martin gewinnen“

Doch vor 19.250 Zuschauern gab es auch einen Schockmoment. Das deutsche Team wird das letzte Hauptrundenspiel am Mittwoch (20.30 Uhr/ARD) und auch die darauffolgenden ohne Martin Strobel bestreiten müssen. Gegen Spanien geht es um den Gruppensieg.

Die neunte Minute lief, als der 32-Jährige im Angriff ohne Einwirkung des Gegners zu Boden ging. Strobel hielt mit schmerzverzehrtem Gesicht das linke Knie umklammert, minutenlang wurde die Partie unterbrochen. Mit Verdacht auf einen Innenband- und Kreuzbandriss wurde Strobel ins Krankenhaus gefahren. Drei Stunden nach Spielende bestätigte der Deutsche Handballbund die Diagnose - und damit das Turnier-Aus für Strobel. "Es hat mich leider hart erwischt", sagte der. "Ich glaube an diese Mannschaft und wünsche den Jungs für das weitere Turnier, dass sie ihren Weg gehen." Strobel wird das Mannschafts-Quartier am Dienstagmorgen verlassen.

Zurück zum Spiel: Der Bundestrainer beobachtete die Szene ungläubig, rief sein Team aber dann zusammen. Es musste weitergehen. Und das tat es. „Wir wollten dieses Spiel für Martin gewinnen“, sagte Fabian Wiede, mit sechs Toren überragender Mann im deutschen Trikot. Prokop reagierte ähnlich emotional: „Das ist schlimm. Die Mannschaft schenkt ihm die Halbfinalteilnahme.“

Schon zu diesem Zeitpunkt hatte sich angedeutet, dass es eine Nervenschlacht werden würde, ein Duell zweier starker Abwehrformationen. Am Sonntagabend hatten die Kroaten ihr erstes Hauptrundenspiel mit 26:29 gegen Brasilien verloren und der deutschen Nationalmannschaft damit die Tür zum vorzeitigen Halbfinaleinzug erst geöffnet. Sie hatten an diesem Abend aber nicht nur das Spiel, sondern auch Spielmacher Luka Cindric durch eine Verletzung verloren. Doch nun präsentierte sich das Team von Trainer Lino Cervar stärker, vor allem in der Abwehr, durch die das deutsche Team phasenweise kein Durchkommen fand. „Es klemmt an manchen Stellen, wir haben uns echt schwer getan“, sagte Kreisläufer Hendrik Pekeler. „Aber einen solchen Kampfgeist habe ich bei keiner anderen Mannschaft hier gesehen.“

Stark spielte die deutsche Mannschaft weiter, kompensierte den Verlust ihres Spielmachers. Paul Drux übernahm nun in der Rückraum-Mitte das Kommando und nach Toren von Hendrik Pekeler und Fabian Wiede gab es die 4:3-Führung. Die Kroaten um Domagoj Duvnjak, Star des Bundesligisten THW Kiel, witterten allerdings ihre Chance. Andreas Wolff hielt sein Team im Spiel, der Torwart riss immer wieder triumphierend seine rechte Faust in die Höhe, in den ersten 30 Minuten hatte er fünf hochkarätige Chancen verhindert. Selbst in doppelter Unterzahl kam es nicht zum großen Bruch. 11:11 zur Halbzeit - eine Leistung, die man nach dem Strobel-Schock so nicht erwarten konnte.

„Jetzt ist unser Ziel das Finale!“

„Wir haben einfach alles rausgeholt“, sagte Fabian Wiede. „Das Publikum hat uns angetrieben. Jetzt ist unser Ziel das Finale!“ Patrick Wiencek bremste seinen Mitspieler gleich augenzwinkernd: „Wir freuen uns wahnsinnig, aber wir müssen auf dem Boden bleiben. Es kommen noch drei wichtige Spiele.” Ob die ähnlich nervenaufreibend verlaufen? Kroatiens Jakov Vrankovic traf zum 19:18 in der 55. Minute, doch es sollte spannend bis in die Schlusssekunden bleiben.

Hendrik Pekeler und Uwe Gensheimer markierten das 22:20, noch einmal trafen die Kroaten und bekamen in letzter Sekunde noch einen Freiwurf zugesprochen. Der ging daneben, das deutsche Team feierte und trifft am Freitag in Hamburg nun auf Dänemark, Schweden oder Norwegen. Auch die Franzosen stehen durch den Sieg der deutschen Mannschaft bereits als Halbfinalist fest.

Das Schlusswort hatte Fabian Böhm: „Es kommt nicht darauf an, wie gut die Spiele sind. Wir sind im Halbfinale – das zählt.”