Berlin. Kanzlerin und Länderchefs haben am Donnerstag über neue Corona-Regeln beraten. Nicht in allen Punkten kamen sie zu einer Einigung.

  • Angela Merkel hat gemeinsam mit den Ministerpräsidenten über Anpassungen der Corona-Regeln beraten
  • Es waren zähe Verhandlungen, wie aus Teilnehmerkreisen zu hören war
  • Bund und Ländern erzielten mehrere Einigungen, so unter anderem bei den Bußgeldern – sie fanden aber bei Regeln für private Feiern keinen gemeinsamen Nenner
  • Wir geben einen Überblick darüber, welche Regeln jetzt verschärft werden

Um ein bisschen Déjà-vu-Gefühl kommt man bei den Bildern kaum herum: Da sitzen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) einträchtig nebeneinander und beraten mit Söders Amtskollegen aus den anderen Bundesländern – zugeschaltet per Video –, wie die steigende Zahl der Corona-Infektionen in den Griff zu bekommen ist.

Zuletzt hatte es diese Szenen im Juni gegeben, danach kämpften die Länder in Eigenregie gegen das Virus. Nun sollte, vor allem auf Wunsch des Kanzleramts, wieder eine bundesweite Linie her. Wie die aussehen sollte, darüber war in den Tagen vor der Videoschalte zwischen Merkel und den Ministerpräsidenten heftig diskutiert worden.

Merkel und Co. verständigen sich auf neue Corona-Regeln

Viel Unverständnis hatte es in den vergangenen Wochen gegeben über zum Teil deutlich auseinanderliegende Vorschriften, etwa im Umgang mit dem Schulbeginn, privaten Feiern oder Großveranstaltungen in den einzelnen Ländern. Wir erklären, wo die Länder nach dem Treffen vom Donnerstag wieder an einem Strang ziehen wollen und wo nicht.

Corona-Grenze spaltet einen Ort

weitere Videos

    1. Maskenpflicht: Bußgelder werden fällig

    Künfigt werden bei Masken-Verstößen 50 Euro fällig.
    Künfigt werden bei Masken-Verstößen 50 Euro fällig. © dpa | Nicolas Armer

    Die Maskenpflicht in Handel und Nahverkehr war eine der wenigen bundesweit einheitlichen Regeln nach Beginn der Lockerungen. Wie hart sie durchgesetzt wurde und welche Strafen Verweigerer zu erwarten hatten, lag allerdings in der Hand der Länder. Jetzt sollen auch die Bußgelder vereinheitlicht werden:

    Mindestens 50 Euro sollen fällig werden, wenn jemand gegen die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes verstößt.

    Ein Bundesland scherte allerdings aus: Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) lehnte in der Diskussion ein Mindestbußgeld ab und erklärte, er werde die Regelung in seinem Land nicht mittragen. Dies wurde per Protokollnotiz festgehalten.

    • Kommentar: Deutschlands Corona-Kleinstaaterei kann gefährlich werden

    2. Reiserückkehrer: Kostenlose Corona-Tests nur noch bis 15. September

    Ein zentraler Streitpunkt, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn agierte zuletzt zaudernd. Die kostenlosen Corona-Tests für Rückkehrer aus Nichtrisikogebieten soll es nur noch bis zum 15. September geben. Grund: Die Labore kommen mit den Analysen nicht mehr hinterher, auch die Kosten gehen durch die Decke.

    Bayern will aber an seinem Angebot für kostenlose Tests an Flughäfen, Bahnhöfen und Autobahnen festhalten. Im Freistaat können sich auch weiterhin Rückkehrer aus Nichtrisikogebieten kostenlos auf das Coronavirus testen lassen.

    • Reiserückkehrer aus Risikogebieten sollen demnächst eine Corona-Quarantäne frühestens durch einen Test ab dem fünften Tag nach Rückkehr beenden können.
    • Diese Regelung soll möglichst ab dem 1. Oktober 2020 gelten. Der Bund fordert die Länder zudem auf, die Quarantänepflichten vor Ort schärfer zu kontrollieren und bei Pflichtverstößen Bußgelder zu verhängen.
    • Geprüft werden soll auch, ob Reiserückkehrer aus Risikogebieten ihren Test selbst zahlen sollen.
    • Wer ohne triftigen Grund in Länder fährt, die bereits vor der Reise als Risikogebiet ausgewiesen sind, soll zudem in Zukunft keine Entschädigung für den Einkommensausfall durch Quarantäne mehr bekommen.

    Eine entsprechende Änderung des Infektionsschutzgesetzes soll auf den Weg gebracht werden. Die Bundeskanzlerin rief die Bürger auf, auf Reisen in Risikogebiete zu verzichten „wo immer es möglich ist“.

    Empfohlener externer Inhalt
    An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von einem externen Anbieter, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
    Externer Inhalt
    Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

    3. Private Feiern - keine Obergrenze

    Merkel konnte sich mit den Länderchefs nicht auf eine Obergrenze bei privaten Feiern einigen.
    Merkel konnte sich mit den Länderchefs nicht auf eine Obergrenze bei privaten Feiern einigen. © AFP | Michael Kappeler

    Obwohl private Feiern wie Hochzeiten, Taufen und Geburtstage ein Treiber der neuen Infektionswelle sind, wird es entgegen den Vorschlägen des Bundes keine Obergrenze bei der Teilnehmerzahl geben. Der Bund wollte private Feiern in den eigenen vier Wänden auf 25 Gäste und auf höchstens 50 außerhalb des Privatbereichs beschränken und war damit bei einigen Ländern auf massiven Widerstand gestoßen.

    Im Abschlusspapier wird nun nur eine Empfehlung ausgesprochen:

    • Alle Bürger würden „gebeten, in jedem Einzelfall kritisch abzuwägen, ob, wie und in welchem Umfang private Feierlichkeiten notwendig und mit Blick auf das Infektionsgeschehen vertretbar sind“.
    • „Wo immer möglich“ solle 1,50 Meter Abstand eingehalten werden. Feiern sollten bevorzugt im Freien stattfinden, in geschlossenen Räumen sei stets auf ausreichend Belüftung zu achten.
    • Die Länder sollen je nach Infektionsgeschehen Vorgaben zur Höchstteilnehmerzahl machen.

    Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hatte im Vorfeld zu Verhältnismäßigkeit aufgerufen. Dazu gehöre, „dass die Art der Veranstaltung und das Infektionsgeschehen vor Ort in die Bewertung einbezogen werden“, sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges unserer Redaktion.

    4. Großveranstaltungen bleiben weiter verboten

    Das Konzert von Tim Bendzko in Leipzig machte Hoffnungen auf mehr. Doch bis Ende des Jahres liegen Großveranstaltungen auf Eis.
    Das Konzert von Tim Bendzko in Leipzig machte Hoffnungen auf mehr. Doch bis Ende des Jahres liegen Großveranstaltungen auf Eis. © dpa | Hendrik Schmidt

    Sportveranstaltungen, Konzerte und Co. – seit Beginn der Pandemie liegen viele Veranstaltungen auf Eis, die vorher alltäglich waren. Dabei soll es vorerst auch bleiben.

    • Großveranstaltungen, bei denen eine Kontaktverfolgung und die Einhaltung von Hygieneregelungen nicht möglich sind, sollen bis Ende des Jahres verboten sein.
    • Zum einheitlichen Umgang mit Zuschauern bei bundesweiten Sportveranstaltungen wird eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die bis Ende Oktober einen Vorschlag vorlegen soll.
    • Trotz guter Hygienekonzepte der Vereine sei nicht sinnvoll, im September mit Zuschauern in die Bundesliga zu starten, sagte Söder.
    • Bei steigender Infektionszahl sei es ein „falsches Signal, wenn wir jetzt sagen, wir geben alles frei“.

    Der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft zeigte sich ernüchtert von den Ergebnissen. „Auch wenn sich die Sicherstellung der Nachverfolgung der Besucher umsetzen ließe, wird das Erfordernis von Abstand weiterhin einen kommerziellen Veranstaltungsbetrieb nicht möglich machen“, sagte Präsident Jens Michow unserer Redaktion. Offen ist, ob Weihnachtsmärkte und der Karneval stattfinden können.

    Eine andere Regelung gilt für Messen: Sie werden wegen ihres geschäftlichen Charakters anders behandelt als zum Beispiel Sportveranstaltungen oder Konzerte und dürfen stattfinden.

    5. Familien

    Zur Unterstützung von Familien einigten sich Bund und Länder auf mehr mehr Kinderkrankentage für gesetzlich Versicherte. Eltern mit Anspruch auf Kinderkrankengeld sollen fünf zusätzliche Tage zur Betreuung eines kranken Kindes bekommen, Alleinerziehende zehn.

    Verstoß gegen Corona-Regeln- EU-Handelskommissar Hogan tritt zurück

    weitere Videos

      6. Fußball-Bundesliga

      Bis mindestens Ende Oktober wird die Liga vor weitgehend leeren Zuschauerrängen spielen müssen.

      • Der Profi-Fußball startet mit der ersten Runde im DFB-Pokal am zweiten September-Wochenende in die neue Saison.
      • Söder stellte zumindest in Aussicht, dass durch die Arbeitsgruppe „kleine, schrittweise Möglichkeiten“ vereinbart werden könnten, und zwar „noch vor Weihnachten“. Da gebe es „schon eine Perspektive“, sagte der CSU-Politiker.

      Die Liga signalisierte Interesse, den deutschen Supercup zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund am 30. September in München im Rahmen eines Tests mit Zuschauern auszutragen. „Das wäre ein nächster Schritt zur Fußballkultur, nach der sich viele Menschen sehnen. Das würde uns Erkenntnisse bringen.

      Nur so kann es gehen“, meinte Seifert, der am Mittwoch ein neues Hygiene-Konzept der DFL an die 36 Proficlubs in 1. und 2. Liga verschickte. Beim UEFA-Supercup zwischen dem FC Bayern und dem FC Sevilla am 24. September in Budapest sollen bis zu 30 Prozent der 67.000 Plätze in der Puskás Aréna besetzt werden.

      Anmerkung der Redaktion: In einer älteres Fassung dieses Textes hieß es, dass Messen nicht stattfinden dürfen. Das trifft nicht zu. Wir haben den Fehler korrigiert.

      Mehr Infos zur Coronavirus-Pandemie?