Berlin. Aus für Hartz IV. Ab nächstem Jahr soll es Bürgergeld geben. Warum es wichtig ist, dass der Beihilfebetrag damit deutlich ansteigt.

Hartz IV bekommt einen neuen Namen. Die Unterstützung für Bedürftige soll künftig Bürgergeld heißen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf bringt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil nun auf den Weg. Vollmundig verspricht der Sozialdemokrat den rund fünf Millionen Leistungsbeziehern „mehr Vertrauen“, „mehr Respekt“, „Umgang auf Augenhöhe“, „weniger Bürokratie“ und mehr „Bürgerfreundlichkeit“.

Freundliche Worte, die jeder wohlwollend vernimmt. Doch wird sich die Situation für die Betroffenen damit auch finanziell zum Besseren ändern? Oder ist das Bürgergeld nur ein charmanterer Begriff für Altbekanntes?

Diese Fragen lassen sich aus dem bisherigen Entwurf leider noch nicht eindeutig beantworten. Denn das Wesentliche wurde von dem Regierungsteam nicht festgelegt oder wird noch verschwiegen: Wie stark werden die Regelsätze angehoben? Die Finanzen sind der wichtigste Gradmesser dafür, ob einkommensschwache und bedürftige Menschen ein würdevolles Leben führen können oder nicht. Ob sie ihre Kinder gesund und ausreichend ernähren, ihnen auch mal einen Kinobesuch erlauben oder eine schöne Geburtstagsparty ausrichten können.

Hartz IV: Wie hoch ist eine angemessene Unterstützung?

Heil verspricht, dass die Regelsätze „angemessen“ steigen sollen, damit Menschen in einem Sozialstaat „verlässlich abgesichert“ sind. Doch was bedeutet der schwammige Begriff „angemessen“ in Euro und Cent? Die Summen sollen erst im Herbst auf Basis statistischer Daten festgelegt werden. Und dies, obwohl Heil bereits in einem Interview mit unserer Redaktion konkrete Vorstellungen vorgelegt hatte.

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So schlug er vor, als Bemessungsgrenze für Familienhaushalte die Einkommen der unteren 30 Prozent statt der unteren 20 Prozent als Grundlage zu nehmen. Dies würde zwar auch nur eine Erhöhung von 40 bis 50 Euro pro Monat bedeuten und wäre angesichts der Inflation mitnichten ausreichend. Doch selbst über eine solche geringe Anhebung gibt es in der Koalition offensichtlich noch keine Einstimmigkeit.

Hartz IV: Höhere Regelsätze sind teuer

Beate Kranz ist Wirtschaftsredakteurin der Funke Medien Gruppe
Beate Kranz ist Wirtschaftsredakteurin der Funke Medien Gruppe © Reto Klar | Reto Klar

Die Finanzierung ist in dem Projekt wohl die größte Hürde. Denn angemessene Regelsätze kosten Geld – richtig viel Geld. Sozialverbände kritisieren die bislang gezahlten Summen schon seit Jahren als „Armutsregelsätze“, die nicht ausreichen, um ein normales Leben zu führen.

Um das Existenzminimum abzusichern, müsste die monatliche Grundsicherung um 50 Prozent auf mindestens 678 Euro steigen, rechnen Sozialexperten vor. Zudem müssten die Kaufkraftverluste durch die Inflation berücksichtigt werden.

Hand aufs Herz: Wer glaubt, dass man als alleinerziehende Mutter mit 449 Euro pro Monat plus 285 Euro fürs Kind gut über die Runden kommen kann?

Hartz IV: Menschen brauchen Geld für ein würdiges Leben

Damit ärmere Menschen neben Essen und Trinken auch an Bildung, Leben, Kultur und am digitalen Fortschritt teilhaben können, kann dies nicht ausreichen. Ein reiches Land wie Deutschland, das von heute auf morgen 100 Milliarden Euro zusätzlich für die Verteidigung lockermachen kann, sollte in sozialen Fragen keinen Igel in der Tasche haben.

Positiv ist, dass künftig Bürgergeld-Beziehende durch Weiter- und Ausbildung besser in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen. Die Chancen auf einen Job sind heute angesichts des Arbeitskräftemangels in allen Bereichen deutlich besser als vor gut 20 Jahren bei der Einführung von Hartz IV, als fast 5 Millionen arbeitslos waren. Viele Menschen könnten so auf eigene finanzielle Beine gestellt werden und wieder wahres Vertrauen gewinnen – in ihre eigene Kraft und Würde.

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Hartz IV – Infos und Fakten zum Arbeitslosengeld II

  • Bedeutung: Hartz IV ist die finanzielle Unterstützung für "arbeitsfähige Arbeitssuchende" in Deutschland.
  • Einführung: Hartz IV wurde 2005 unter der grün-roten Bundesregierung von Gerhard Schröder eingeführt.
  • Empfängerinnen und Empfänger: Rund 3,6 Millionen Menschen haben laut der Bundesagentur für Arbeit im Dezember 2021 Hartz IV erhalten.
  • Sanktionen: Wenn Hartz-IV-Empfänger ihren Pflichten nicht nachkommen, können Leistungen gekürzt werden.
  • Träger: Für die Auszahlung von Hartz IV sind die Jobcenter zuständig.
  • Kritik: Kritikerinnen und Kritiker bemängeln vor allem, dass Hartz IV nicht für einen angemessenen Lebensstandard reiche – viele Empfängerinnen und Empfänger sind von Armut bedroht.

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Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de.