Washington. Ex-Präsident Donald Trump bekommt bei seinem Comeback-Versuch für die US-Wahl im Jahr 2024 ernsthafte Konkurrenz von seinem Ziehsohn.

Es ist der klassische Konflikt zwischen Ziehvater und Ziehsohn. Nur diesmal geht es ums Weiße Haus. Vielleicht. Floridas Gouverneur Ron DeSantis stichelt gegen jenen Mann, dem er seinen wichtigsten Erfolg verdankt: Donald Trump.

Der 43-Jährige hat sich in Umfragen zum Wunsch-Kandidaten für die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2024 gemausert. Vorausgesetzt natürlich, dass der bisher klar favorisierte Ex-Präsident nicht antritt. Krach liegt in der Luft. Es kann nur einen geben.

Will in die Fußstapfen von Donald Trump: Ron DeSantis, Gouverneur von Florida.
Will in die Fußstapfen von Donald Trump: Ron DeSantis, Gouverneur von Florida. © picture alliance / ZUMAPRESS.com | Chris Urso

DeSantis registrierte früher als andere, dass der Partei-„Pate“ nicht mehr „untouchable”, nicht mehr „unberührbar“ ist. Als Trump im Dezember auf offener Bühne die noch zu seiner Amtszeit massiv angestoßene Entwicklung von Impfstoffen lobte und bekundete, gegen Corona geboostert zu sein, setzte es wütende Buh-Rufe.

Die durch Trumps monatelangen Zickzack-Kurs selbst ausgebrachte Saat des Zweifels an der staatlichen Impf-Politik, sie war aufgegangen. Politisch rechts von ihm angesiedelte Parteigänger, zu denen auch DeSantis gehört, erkennen aus taktischen Gründen in jeder Pro-Impfen-Äußerung einen Kotau vor der Regierung Joe Bidens. Seither weigert sich der meist verkniffen dreinblickende Quasi-Ministerpräsident in Tallahassee öffentlich zu erklären, ob er ebenfalls impfaufgefrischt ist.

Trump findet das „feige“. DeSantis blaffte zurück, er hätte deutlicher die „Fehler” Trumps bei der Bekämpfung der Pandemie benennen müssen. Gemeint sind die im Frühjahr 2020 vom Weißen Haus verfügten Lockdowns.

Trump unterstützte DeSantis bei seiner Karriere

DeSantis rühmt sich dagegen, den „Sunshine State“ fast komplett von Corona-Restriktionen verschont zu haben. Was sich nach einer verbalen Theken-Rauferei anhört, ist die Ouvertüre eines Machtkampfs mit ungewissem Ausgang.

Trump schäumt. Er hält den Sohn italienischer Einwanderer, der in jungen Jahren ein exzellenter Baseballspieler war, im Prinzip für sein Geschöpf. Ohne Trumps Fürsprache wäre der bis dahin blasse Kongress-Abgeordnete 2018 kaum Gouverneur in Florida geworden. Damals bezeichnete sich Desantis stolz als „Pitbull-Verteidiger“ Trumps. In einem Wahlkampfvideo stand er am Bett seines Neugeborenen. Das Baby räkelte sich in einem „Make America Great Again“-Strampler.

Alles andere als Begeistert von der Konkurrenz: Donald Trump.
Alles andere als Begeistert von der Konkurrenz: Donald Trump. © AFP | ROBYN BECK

Für seinen Service erwartet Donald Trump eine Gegenleistung. Der (über 30 Jahre) Jüngere soll nicht in zwei Jahren gegen seinen Mentor ins Rennen gehen. „Ich frage mich, warum der Typ nicht klarstellt, dass er nicht gegen mich antreten wird“, raunte Trump laut „New York Times“ vor Vertrauten.

Die Antwort wird Trump nicht gefallen. DeSantis hat an den Elite-Universitäten Yale und Harvard abgeschlossen. Er will mehr. Und das behutsam. Für grobe Fehler ist der konservative Hardliner zu clever. Den Bruch mit seinem Gönner würde ihm die Trump-Basis heute (noch) nicht verzeihen.

Aber DeSantis hat wie andere auch gewittert, dass es im republikanischen Lager zunehmend Stimmen gibt, die sich nach einem Trumpismus ohne Trump sehnen. Gemeint ist ein Typ, der politisch und wirtschaftlich auf der „America-zuerst“-Welle surft, dabei aber nicht das Stigma des Sexisten, Quartalsirren und Narzissten mit sich herumschleppt. „Für moderate republikanische Wähler könnte das anziehend sein“, sagen Partei-Analysten in Washington.

DeSantis, der gelernte Rechtsanwalt aus Jacksonville, schärft jeden Tag sein Profil als Fahnenträger der Corona-Zweifler. Als Bollwerk gegen den „machthungrigen Tyrannen“ Joe Biden. Als Gegenpol zu einem „biomedizinischen Sicherheitsstaat“, der den Menschen Masken und Vakzine vorschreiben wolle. In Florida, dafür hat der mit einer Ex-TV-Moderatorin verheiratete dreifache Vater gesorgt, sollen die Bürger frei wie nirgends sonst entscheiden, wie sie mit Corona umgehen.

DeSantis distanziert sich nicht von Neonazis

Obwohl die hohen Totenzahlen dem Gouverneur den Spitznamen „Deathsantis“ eingetragen haben: Er kommt an im Volk. 70 Millionen Dollar Spendengeld (zum Vergleich: Trump hat zuletzt 122 Millionen eingenommen) hat er schon auf dem Konto. Seine Wiederwahl im Herbst ist wahrscheinlich. Danach könnte ihn der Rückenwind in den parteiinternen Vorwahlen bis nach Washington tragen. Weil er trumpischer als Trump agiert. Aber ohne abgestandenen Allüren.

Das „Original“ wird darüber immer saurer. Dass DeSantis sich nicht ins Glied zwingen oder mit dem Posten des Vizepräsidenten abspeisen lässt, wurmt den Prinzipal so sehr, dass er erste Stinkbomben wirft. Dem „langweiligen” DeSantis, sagte er laut New York Times im kleinen Kreis, gehe das nötige „Charisma” ab.

Noch nicht geäußert hat sich Trump zum jüngsten Faux-Pas seines Rivalen. In Orlando riefen Neonazis Hitler-Parolen und antisemitische Beleidigungen. DeSantis brachte es bisher nicht fertig, die Rechtsextremisten eindeutig zu verurteilen. Auch das hat er seinem „Meister“ abgeguckt.