Berlin. Der 9. November gilt als „Schicksalstag der Deutschen“. Das Internationale Auschwitz Komitee setzt sich nun für einen Gedenktag ein.

Der 9. November ist in der jüngeren deutschen Geschichte gleich mehrfach ein einschneidendes Datum: 1918 rufen Philipp Scheidemann und Karl Liebknecht in Berlin an jeweils unterschiedlichen Orten die Republik aus. 1923 wird der Hitler-Ludendorff-Putsch in München niedergeschlagen, die NSDAP gelangt in Deutschland vorerst nicht an die Regierung,

Doch schon wenige Jahre später sahen die Machtverhältnisse anders aus. 1938 kommt es im Deutschen Reich zu organisierten, gewaltsamen Übergriffen gegen Juden sowie jüdische Läden und Einrichtungen – die Reichsprogromnacht markiert historisch den Übergang von der Diskriminierung der Juden in Deutschland hin zu ihrer aktiven Vertreibung. Sechzig Jahre später kommen dann nach einer Pressekonferenz in der DDR, bei der die Gewährung der Reisefreiheit bekanntgegeben wurde, Menschenmassen an die Grenzübergangsstellen: Die Berliner Mauer fällt.

Auschwitz Komitee will Gedenken am 9. November fördern

Der 9. November wird daher auch nicht umsonst „Schicksalstag der Deutschen“ genannt. Das Internationale Auschwitz Komitee spricht sich jetzt für einen Tag des Gedenkens am 9. November in Deutschland aus. „Überlebende des Holocaust teilen natürlich die Freude über den Fall der Mauer am 9. November 1989, aber diese Freude löst die Erinnerungen an den 9. November 1938 nicht ab“, sagte Christoph Heubner, Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees unserer Redaktion.

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Am 9. November 1938 zündeten die Nationalsozialisten jüdische Geschäfte und Synagogen im Deutschen Reich, Österreich und der Tschechoslowakei an. Seit dieser Nacht seien Juden in Deutschland „endgültig vogelfrei“ gewesen, so Heubner. „Hass und Gewalt der Nazis und die Gleichgültigkeit ihrer Nachbarn trieben sie bis nach Auschwitz und in die Gaskammern.“ Diese Erinnerungen prägen die Überlebenden bis heute.

Christoph Heubner, Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, spricht bei einer Veranstaltung des Internationalen Auschwitz Komitees (IAK).
Christoph Heubner, Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, spricht bei einer Veranstaltung des Internationalen Auschwitz Komitees (IAK). © dpa

In die Freude, nun in einer Demokratie zu leben, mische sich Verunsicherung angesichts zunehmenden antisemitischen Hasses. Der 9. November erinnere daran, dass die Demokratie an der Gleichgültigkeit ihrer Bürger zerbrechen könne und sie Menschen brauche, die sie schützen und erhalten wollten, sagte Heubner. „Schmerz und Glück“ gehörten „gerade an diesem Tag für immer zusammen“.

(diz/bml)