Moskau. Präsident Putin betont in seiner Rede zur Lage Russlands die patriotische Stimmung, während die Polizei Nawalny-Unterstützer verhaftet.

Kremlchef Wladimir Putin hat in seiner Rede zur Lage der Nation am Mittwoch das Bild eines mächtigen und aufblühenden Landes mit glänzenden Perspektiven gezeichnet. Möglich sei dies dank der „patriotischen Stimmung in der Gesellschaft“.

Zeitgleich mit dem Putin-Auftritt verhaftete die Moskauer Polizei allerdings einige der wichtigsten Mitstreiter des inhaftierten Regimekritikers Alexei Nawalny. Darunter waren seine Sprecherin Kira Jarmysch und seine enge Vertraute Ljubow Sobol.

Das „Team Nawalny“ hatte zuvor für den Abend zu landesweiten Massenprotesten aufgerufen. Denn an glänzende Perspektiven glaubt man in der Opposition so wenig wie an eine patriotische Stimmung. „Vielleicht ist dies überhaupt unsere letzte Möglichkeit, unsere Wünsche und Hoffnungen auf die Straße zu tragen“, hatten Nawalnys Gefährten getwittert. Der 44-Jährige selbst ist erkrankt und befindet sich zudem aus Protest gegen seine Haftbedingungen seit rund drei Wochen im Hungerstreik. Laut seinen Anwälten schwebt er in Lebensgefahr.

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Putin erwähnt Kreml-Kritiker Nawalny mit keinem Wort

Putin erwähnte Nawalny und auch die Proteste in seiner rund 80-minütigen Rede vor Vertretern der beiden Parlamentskammern mit keinem Wort. Und auch in dem mit Spannung erwarteten außenpolitischen Teil blieb er vage. Auf den russischen Truppenaufmarsch im Grenzgebiet zur Ukraine, der weltweit Besorgnis ausgelöst hatte, ging er nicht näher ein. Stattdessen warf er dem Westen vor, sich in Belarus einzumischen.

Der Kremlchef, der am Donnerstag den belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko in Moskau erwartet, warnte vor einem „Putsch in Minsk“. Beobachter spekulieren nun, dass Putin und Lukaschenko bei ihrem Treffen eine „Wiedervereinigung“ der beiden ostslawischen Staaten verabreden können. Kremlkritiker warnen vor dem Versuch einer „verkappten Annexion“ von Belarus.

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