Minneapolis/Washington. Nach dem Tod eines 20-Jährigen protestieren in den USA Hunderte gegen die Polizei. Die reagiert mit Gummigeschossen und Tränengas.

Ausgerechnet zu Beginn der dritten Prozesswoche gegen den wegen des Todes von George Floyd angeklagten Ex-Polizisten Derek Chauvin wird Minneapolis erneut von einem tödlichen Polizei-Einsatz gegen einen Afro-Amerikaner erschüttert. Diesmal soll ein fataler Irrtum der Staatsgewalt der Grund gewesen sein.

Am Sonntagnachmittag starb der 20-jährige Daunte Wright, Vater eines zweijährigen Kindes, nur 15 Kilometer von der Stelle entfernt, wo Floyd im Mai 2020 unter dem Knie von Officer Chauvin sein Leben ließ. Wütende Proteste Hunderter in der Metropole des Bundesstaates Minnesota mündeten am Abend in Plünderungen dutzender Geschäfte und Konfrontationen mit den Sicherheitskräften. Die Polizei setzte Gummigeschosse, Blendgranaten und Tränengas ein. Die Nationalgarde wurde herbeigerufen.

Polizeigewalt in Minneapolis: Fataler Ausgang einer Fahrzeugkontrolle?

Für die kommenden Nächte werden weitere Ausschreitungen erwartet, nachdem Tim Gannon, der Polizeichef im nördlichen Vorort Brooklyn Center, am Dienstagmittag eine haarsträubend klingende Erklärung für den fatalen Ausgang einer Fahrzeugkontrolle abgab.

Demnach wurde der junge Schwarze angehalten, weil die Kennzeichen abgelaufen waren und Lufterfrischer an seinem Rückspiegel hingen – verboten im Bundesstaat Minnesota. Bei der Kontrolle stellte sich laut Polizei heraus, dass gegen Wright ein Haftbefehl vorlag. Als die Beamten ihn vollstrecken wollten, widersetzte sich der bereits mit Handschellen festgehaltene junge Mann, stieg abrupt wieder in sein Auto, in dem seine Freundin saß, und wollte davonfahren.

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Polizei erschießt 20-Jährigen Daunte Wright – "unbeabsichtigte Tragödie"

In dieser Situation, so Gannon, habe eine erfahrene Polizistin, die gemeinsam mit zwei weiteren Polizisten das Auto umstellt hatte, aus Versehen zur Pistole anstatt wie von ihr selbst angekündigt zu einem Elektroschock-Gerät (Taser) gegriffen und gefeuert. In einer von der Polizei veröffentlichten Sequenz der Körper-Kamera der Polizisten ist zu hören, wie die Beamtin unmittelbar danach sagt: "Heilige Scheiße, ich habe ihn erschossen."

Die Frau, deren Identität nicht preisgegeben wurde, sei vom Dienst suspendiert worden, erklärte die Polizei und sprach von einer "unbeabsichtigten Tragödie". Mike Eliott, Bürgermeister von Brooklyn Center, sprach sich für ihr Entlassung aus dem Polizeidienst aus.

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Erneuter Fall von tödlicher Polizeigewalt – Weißes Haus lässt sich berichten

Daunte Wright konnte schwer verletzt noch ein paar Straßenblöcke weiterfahren. Dann krachte er in ein anderes Auto. Wiederbelebungsversuche scheiterten. An Ort und Stelle wurde sein Tod festgestellt. Die Freundin kam mit leichteren Verletzungen davon. Wright hatte kurz vor der Eskalation mit dem Handy seine Mutter Katie angerufen. Die Frau gab gegenüber der Lokalzeitung "Star Tribune" an, gehört zu haben, wie jemand rief: "Daunte, lauf nicht weg." Dann sei die Verbindung unterbrochen worden. Wenige Minuten später habe Dauntes Freundin sie angerufen und vom Tod des jungen Schwarzen berichtet.

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Diverse Behörden bis zur Bundespolizei FBI sind mit den Ermittlungen betraut, das Weiße Haus lässt sich regelmäßig unterrichten. Der aktuelle Fall hat die Anspannung in Minneapolis, wo vor allem viele Afro-Amerikaner der Polizei mit Misstrauen begegnen, weiter ansteigen lassen.

George Floyd starb nur wenige Kilometer entfernt

Der Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, erklärte auf Twitter, er beobachte die aktuelle Situation genau. Er und seine Frau würden beten für die Familie von Daunte Wright. Der Staat trauere um das Leben eines weiteren schwarzen Mannes, das von Polizeibehörden genommen wurde.

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Die Bürgerrechtsorganisation ACLU in Minnesota fordert eine "sofortige, transparente und unabhängige Untersuchung“ des Falles und eine schnelle Veröffentlichung der Namen der beteiligten Polizisten.

Im gerade laufenden George-Floyd-Prozess verlangte nun der Anwalt von Officer Chauvin, dass die Geschworenen-Jury kaserniert wird. Eric Nelson befürchtet, dass Daunte Wrights Schicksal in die Urteilsfindung gegen seinen des Mordes angeklagten Mandanten einfließen könnte. Richter Cahill lehnte das Begehren ab. Mit einem Urteil wird in circa zwei Wochen gerechnet. Der Tod des 46-Jährigen löste eine weltweite Welle von Protesten gegen rassistische Polizeigewalt aus.

(mit tma)