Berlin. Die Kanzlerin sprach im TV-Interview mit RTL und ntv über mögliche Lockerungen. Sie sieht ein „leichtes Licht“ am Ende des Tunnels.

  • Am Donnerstagabend gab Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Sendern RTL und ntv ein Interview – das zweite in dieser Woche
  • Die Kanzlerin erklärte, Deutschland sei bei der Pandemiebekämpfung auf einem sehr guten Weg
  • Mit Blick auf mögliche Lockerungen der Corona-Maßnahmen warnte sie vor falschen Hoffnungen

Dass die Bundeskanzlerin ein Fernsehinterview gibt, passiert nicht alle Tage. Dass sie es in dieser Woche gleich zweimal tat – zuerst in der ARD, dann bei den privaten Sendern RTL und ntv – zeigt vor allem eins. Angela Merkel (CDU) scheint es ernst zu meinen. Sie will die aktuelle Corona-Politik erklären, das Handeln ihrer Regierung möglichst vielen Menschen verständlich machen, die sich fragen, warum ein Ende des Lockdowns trotz sinkender Infektionszahlen nicht in Sicht scheint.

Knapp eine Woche vor dem nächsten Corona-Gipfel von Bund und Ländern erklärte Merkel, dass sie auch jetzt noch keine festen Zusagen machen könne. Bisher sei die Lage noch nicht zu überblicken, da erst gegen Anfang nächster Woche laut Merkel Zahlen über die Ausbreitung der hochansteckenden Corona-Varianten in Deutschland vorliegen würden.

Merkel: „Deutschland ist auf einem sehr guten Weg“

Gefragt, was beim Bund-Länder-Treffen in der nächsten Woche herauskommen werde, legte sich die CDU-Politikerin deshalb nicht fest: „Ich kann's Ihnen noch nicht sagen, was wir Mittwoch machen werden, weil ich noch fünf Tage die Entwicklung abwarten muss. Weil ich mir angucken muss, wie weit ist das britische Virus schon vorgedrungen.“ Sie warnte vor „falschen Hoffnungen“ auf baldige Lockerungen der Corona-Maßnahmen.

Deutschland sei aber auf einem „sehr guten Weg“, sagte Merkel im Interview – der Scheitelpunkt der Welle sei überschritten. Trotzdem wäre es gut, wenn man die Infektionszahlen so runterdrücken würde, dass es tatsächlich einen „Spielraum für Lockerungen“ gäbe, so die Kanzlerin. Mehr dazu: Merkel warnt vor Corona-Mutation - und Lockdown-Lockerungen

Corona-Lockdown – kann ab 50er-Inzidenz gelockert werden?

Wie groß dieser Spielraum sein muss, gab die Bundeskanzlerin nicht an. Vielmehr verwies sie immer wieder darauf, dass eine Sieben-Tage-Inzidenz von 50 für die Nachverfolgung der Kontakte durch die Gesundheitsämter essenziell ist. Daran, dass ab einer 50er-Inzidenz tatsächlich schon gelockert werden könnte, hatten einige Politiker, unter ihnen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), schon Zweifel angemeldet.

Trotz der anhaltenden Kritik an der deutschen Impfplanung sieht die Kanzlerin ein „ein leichtes Licht am Ende des Tunnels“. Da im ersten Quartal aber noch nicht genügend Impfstoff zur Verfügung stünde, müssten alle Menschen weiterhin „ganz vorsichtig sein, damit auf den letzten Metern nicht so viele Menschen noch sterben“.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aüßerte sich in einem Interview der Sender ntv und RTL.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aüßerte sich in einem Interview der Sender ntv und RTL. © dpa

Merkel über Corona-Schicksale: „Ich weiß, wie viel Angst da ist“

Merkel zeigte sich in dem Interview betroffen über die Schicksale von alten Menschen, die bei ausbleibenden Impfungen in Angst vor einer tödlich verlaufenden Corona-Infektion leben müssten. Da gebe es „dramatische Schicksale“.

Sie fühle auch mit Menschen, die in der Corona-Krise um ihre Existenz bangen müssten, und Familien, die durch den Lockdown belastet seien. „Ich weiß, wie viel Angst da ist“, so Merkel. Über die Schicksale vieler Menschen denke sie „morgens, mittags und abends“ nach. Es werde „für alle gerade sehr lang“, die Pandemie dauere nun schon fast ein Jahr an. „Letztes Jahr dachte man im Sommer, jetzt wäre vielleicht das Härteste geschafft“, so die Kanzlerin.

Interview: Auch für die Kanzlerin ist es eine schwierige Zeit

Für sie sei es ebenfalls keine leichte Situation, erklärte Merkel: „Es ist auch für mich eine schwierige Zeit.“ Sie könne schlecht abschalten, überlege oft hin und her. Sie bekomme zwar genügend Schlaf, liege aber schon mal nachts wach und würde über die anstehenden Entscheidungen nachgrübeln, gab die CDU-Politikerin zu.

Immerhin: Im Gegensatz zu vielen anderen Deutschen sitzt ihre Frisur, wie Moderatorin Frauke Ludowig feststellte, die gemeinsam mit RTL-Politikchef Nikolaus Blome das Interview führte. Wer kümmert sich denn um die Haare der Kanzlerin, jetzt wo alle Friseure geschlossen bleiben müssten? Sie habe, wie ja bekannt sei, eine Assistentin, die sie unter Einhaltung der Hygiene-Vorgaben frisieren würde, erklärte Merkel schmunzelnd.

Nächster Corona-Gipfel am 10. Februar – Wird der Lockdown verlängert?

Die Kanzlerin will am kommenden Mittwoch mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie beraten. Der derzeitige harte Lockdown ist vorerst bis zum 14. Februar befristet. Im RTL-Interview sagte Merkel, es solle dann eine Entscheidung geben, die insgesamt für die Wirtschaft gut sei. „Wenig Infektionszahlen bedeuten auch eine bessere Situation für die Wirtschaft, das haben alle Untersuchungen gezeigt.“

Wann in Deutschland wieder komplette Normalität einkehren wird, vermochte Merkel aber nicht vorherzusagen. „Das kann ich ihnen heute noch nicht versprechen.“ Es sei aber davon auszugehen, dass gegen Ende des Sommers, wenn allen Bürgern ein Impfangebot gemacht worden wäre und möglichst viele dieses wahrgenommen hätten, die Situation eine andere wäre. Doch man solle sich nichts vormachen, warnte die Kanzlerin: „Ganz normal wird die Welt erst, wenn alle auf der Welt weitgehend geimpft sind.“

Das Interview der Fernsehsender RTL und ntv können Sie hier noch einmal angucken.

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