Berlin. Die Ausbreitung des Coronavirus hat eine starke Wirkung auf die globale Wirtschaft. Viele Länder zahlen den Preis für die Globalisierung.

Das Coronavirus kennt keine geografischen Grenzen. Es kann westlich-liberale Demokratien genauso treffen wie autokratische Systeme à la China. Nun hat das Virus den Norden Italiens lahmgelegt, die wirtschaftliche Herzkammer des südeuropäischen Landes. Die Lombardei und 14 weitere Provinzen werden praktisch abgeriegelt. Der Fremdenverkehr in Tourismus-Hochburgen wie Mailand oder Venedig bricht ein, die Belieferung von Unternehmen wird drastisch erschwert. Italien, das mit knapp 7000 Corona-Infektionen in Europa am stärksten betroffen ist, befindet sich im Krisenmodus.

Aber auch China, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, zahlt bereits einen hohen Preis. Die Exporte knickten im Januar und Februar um mehr als 17 Prozent gegenüber den Vorjahresmonaten ein, die Importe um vier Prozent. Das Reich der Mitte, wo die globale Infektionskette in der Provinz Hubei ihren Anfang nahm, ist deutlich geschwächt. Firmen haben geschlossen, Arbeiter wurden zum unfreiwilligen Hausarrest abkommandiert.

Michael Backfisch, Politik-Korrespondent.
Michael Backfisch, Politik-Korrespondent. © Reto Klar | Reto Klar

Coronavirus bringt globale Konjunktur ins Stottern

Wenn Chinas Wirtschaft nachlässt, wird auch das Tempo in anderen Ländern gedrosselt. Der Absatzmarkt in Ostasien ist nicht nur für VW, Daimler oder Siemens lebenswichtig. Auch viele kleine und mittlere Betriebe hängen davon ab. Umgekehrt leidet die Wirtschaft in Deutschland und anderen Teilen der Welt, wenn Computerchips oder elektrische Ausrüstung in China nicht mehr produziert werden.

Die Corona-Delle lässt sich überall beobachten. Mit der Globalisierung der Wirtschaft, die nach dem Fall der Mauer 1989 begann, ging eine weltweite Arbeitsteilung einher. Unternehmen kaufen da ein, wo sie Waren und Dienstleistungen zum günstigsten Preis erwerben. Und sie fertigen dort, wo große Märkte sind. Lieferketten wandern zeitlich eng getaktet über die Kontinente –„just in time“. Kommt es an einer wichtigen Stelle zu Engpässen, gibt es einen Domino-Effekt. Die globale Konjunktur gerät ins Stottern. Im schlimmsten Fall drohen Entlassungen und Rezession.

Globalisierung zurückzuschrauben wäre ein Fehler

Die Probleme zu ignorieren, ist genauso schädlich wie sie schönzureden. US-Präsident Donald Trump, der sein Land noch vor Kurzem praktisch zur coronafreien Zone deklariert hatte, beweist dies ganz deutlich. Der falsche Schluss wäre allerdings, die Globalisierung zurückzudrehen. Würden einzelne Länder wirtschaftliche Autarkie – also Unabhängigkeit – anstreben, würden Produktionskosten und am Ende Verbraucherpreise nach oben schnellen.

Eine Lehre kann jedoch aus der Corona-Epidemie gezogen werden. Schutzkleidung im Kampf gegen das Virus oder auch Desinfektionsmittel sollten die Regierungen auf Vorrat bereithalten. Dass deutsche Zollbehörden die Lieferung von Gesichtsmasken in die Schweiz stoppen, sollte künftig nicht mehr passieren. Nationale Notfallplanung zum Gesundheitsschutz muss auch in Zeiten der Globalisierung möglich sein.

Regierungen müssen Wirtschaft vor gravierenden Schäden bewahren

Die Regierungen stehen nun vor der Herausforderung, ihre Volkswirtschaften vor gravierenden Schäden zu bewahren. Panik sollte dabei vermieden werden. Es geht um Zielgenauigkeit. So könnte der drohende Verlust von Stellen durch Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld abgewendet werden. In der Finanzkrise 2008 und 2009 rettete Kurzarbeit in Deutschland 300.000 Jobs.

Auch die Stundung von Steuern verschafft den Firmen Luft. Die Instrumente der Europäischen Zentralbank (EZB) sind hingegen weitgehend ausgereizt. Angesichts der Nullzinspolitik mangelt es den Betrieben nicht an billigen Krediten. Für alle Notfallmaßnahmen des Staates gilt jedoch: Sie sollten mit Maß und Mitte eingesetzt werden.

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