Berlin. Premier Boris Johnson hat im Kampf um den harten Brexit eine schwere Niederlage im Unterhaus erlitten. Seine erfolgreichsten Gegner.

Boris Johnson hat die Machtprobe im Unterhaus verloren; die Gegner des Chaos-Brexit setzten am späten Dienstag Abend einen Beschluss durch, um einen No-Deal-Brexit per Gesetz verhindern zu können.

Damit geht das Brexit-Drama in die nächste Runde. Die 21 Abweichler in den eigenen Reihen hat Johnson kurzerhand aus der Fraktion geworfen. Wer sind die Politiker, die Boris Johnson so gefährlich werden?

1. Hilary Benn, Erfinder des Anti-No-Deal-Gesetzes

Hilary Benn
Hilary Benn © imago/i Images

Der Labour-Abgeordnete Hilary Benn ist wohl einer der unerbittlichsten Widersacher von Boris Johnson und seinem ungeregelten Brexit. Das Gesetz, mit dem die Regeln des Parlaments außer Kraft gesetzt werden sollen, um den No-Deal zu verhindern, hat er maßgeblich initiiert.

Durch den Erfolg seines Beschlusses ist er derjenige, der den Brexit in eine weitere Endlos-Schleife ziehen kann. Das werden ihm viele Briten, die das Hick-Hack um den Brexit leid sind, möglicherweise übel nehmen. Denn Benn und seine Mitstreiter wollen die Agenda der Regierung kippen und Johnson zu einer Brexit-Verschiebung zwingen.

Der Vegetarier und Anti-Alkoholiker Benn gilt als äußerst pedant. Und er ist ein politisches Urgestein: Seine Familie ist seit Generationen in der linken Politik aktiv. Sein Vater ist der berühmte Labour-Chef Tony Benn, auch Großvater und Urgroßvater gehörten gehörten als linke bzw. liberale Politiker dem Parlament an. Benns Ziel ist ein zweites Referendum.

2. Philip Lee, der Überläufer

Philip Lee
Philip Lee © dpa | House of Commons

Philip Lee stand einfach auf, während Boris Johnson zu seiner Rede im britischen Unterhaus ansetzte. Unter Gebrüll der Abgeordneten wechselte der konservative Philip Lee am Dienstag die Seite und trat zu den proeuropäischen Liberaldemokraten über.

Damit nahm er dem Regierungschef die Mehrheit im Parlament. Auf Twitter postete er sein Schreiben an den Premierminister, in dem er erklärte, dass er als konservativer Abgeordneter nicht mehr seinem Land dienen könne.

Lee trat 1992 in die konservative Partei ein, 2005 wurde er stellvertretender Vorsitzender. Seit 2010 sitzt er im Unterhaus. Der 48-jährige ist Artz und praktiziert nach wie vor als Allgemeinmediziner. In seiner Freizeit ist er ein leidenschaftlicher Sportler, er spielt Fußball, Rugby und boxt.

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3. Kenneth Clarke, der Brückenbauer

Kenneth Clarke
Kenneth Clarke © dpa | Gareth FullerPool

Er ist konservativ – und ein glühender Europäer. Und nun könnte für Kenneth Carke die große Stunde kommen – wenn Boris Johnsons Antrag auf Neuwahlen nicht durchkommt und die Opposition einen Misstrauensantrag stellt. In dem Fall hat er sich dazu bereit erklärt, als Übergangspremier zu fungieren.

Im Parlament zählt der 79-jährige zu den politischen Urgesteinen. Er sitzt seit 40 Jahren im Unterhaus und ist damit der am längsten amtierende Abgeordnete. Clarke begann seine Ministerkarriere unter Margaret Thatcher. Für rechte Konservative und Brexit-Befürworter ist Clarke ein Unverbesserlicher aus dem letzten Jahrhundert. Oppositionsabgeordnete hoffen, dass er die Brücke zu einem Abkommen baut.

4. Philip Hammond, der Wortführer der Rebellen

Philip Hammond
Philip Hammond © dpa | Kirsty O'Connor

In Studententagen trat der Gothic-Anhänger im Ledertrenchcoat in Vorlesungen auf, inzwischen ist er der größte Johnson-Kritiker geworden und der Wortführer der Rebellen. Der 63-jährige Philip Hammond hat jahrelange Erfahrung als Minister; dadurch hat er viel Gewicht und wird respektiert. Unsicheren, wackelnden Rebellen dürfte Hammond Stärke geben.

Ihm wird nachgesagt, selbst Ambitionen auf das Amt des Premiers zu haben. Hammond ist Millionär, er versteckt seinen Wohlstand allerdings hinter einer bescheidenen Fassade.

5. Jo Swinson, die glühende „Remainerin“

Jo Swinson
Jo Swinson © dpa | Kirsty O'Connor

Die neue Vorsitzende der Liberaldemokratischen Partei, die einst mit 25 als jüngste Abgeordnete im Unterhaus saß, lehnt den Brexit grundlegend ab. Inzwischen aber will sie wenigstens das Schlimmste – ein Ausscheiden ohne Vertrag – verhindern. Kommt es zu einem Misstrauensvotum, fiele ihr eine wichtige Rolle zu: In einer Übergangsregierung, die schließlich Neuwahlen ausruft, könnte sie die Unterstützung der konservativen Tories bekommen, die dem Labour-Parteichef Jeremy Corbyn womöglich fehlt.

6. Jeremy Corbyn, der Oppositionsführer

Er gehört zum linken Flügel der Labour-Partei und genießt an der Parteibasis größten Rückhalt: Jeremy Corbyn war eigentlich noch nie ein großer EU-Fan. Nun hat er sich aber dazu durchgerungen, ein neues Referendum zu verlangen. Zunächst gilt aber auch für ihn: Der No Deal muss verhindert werden. Dafür macht er mit den Rebellen unter den Konservativen gemeinsame Sache.

Corbyns Eltern waren politische Aktivisten, die sich in einem Komitee zur Unterstützung der Republikaner im Spanischen Bürgerkrieg kennengelernt hatten. Der 70-jährige, der in seiner Freizeit gerne auffällige Kanaldeckel fotografiert, ist zum dritten Mal verheiratet.

Ob eine dieser Widersacher erfolgreich ist im Duelle mit Boris Johnson wird sich zeigen.

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(mit dpa)