Berlin. Angela Merkel hatte bei mehreren Besuchen von Staatschefs in der Vergangenheit gezittert. Nun hat die Bundeskanzlerin reagiert.

Im Hof des Kanzleramts stehen zwei Stühle, schlichtes Design, schwarze Beine, weißer Bezug. An diesem Donnerstag empfängt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die neue dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen. Und viele Menschen in Deutschland und der Welt fragen sich, ob Merkel einen weiteren Zitteranfall erleiden wird.

Zunächst ist unklar, ob Merkel sich setzen wird oder ob die Stühle nur für alle Fälle dort stehen, falls die Kanzlerin wieder zittert. Merkel geht dann zielstrebig auf die Stühle zu und setzt sich sofort, Frederiksen lässt sich neben ihr nieder. Die Nationalhymnen werden gespielt, fast alle Anwesenden schauen auf Merkel und sehen: Die Kanzlerin zittert nicht.

Es ist ein Vorgang, den es so noch nicht gab: Eigentlich gebieten es die protokollarischen Gepflogenheiten, die Nationalhymnen im Stehen anzuhören. Nach Medienberichten wurden die Stühle auf Wunsch der Kanzlerin in den Innenhof des Kanzleramts gestellt.

Angela Merkel zum Zittern: „Weiß um die Verantwortung meines Amtes“

Nach Bundeskanzlerin Angela Merkels Zitteranfällen hörte sie sich mit Dänemarks Premierministerin Mette Frederiksen die Nationalhymnen im Sitzen an.
Nach Bundeskanzlerin Angela Merkels Zitteranfällen hörte sie sich mit Dänemarks Premierministerin Mette Frederiksen die Nationalhymnen im Sitzen an. © Reuters | Hannibal Hanschke

Auf der Pressekonferenz nach der Besprechung mit Frederiksen ist ihre Gesundheit natürlich wieder Thema. Merkel lächelt, während sie etwas umständlich sagt: „Sie dürfen davon ausgehen, dass ich erstens um die Verantwortung meines Amtes weiß und deshalb auch dementsprechend handele – auch was meine Gesundheit anbelangt.“ Sie fügt hinzu: „Und zweitens dürfen Sie davon ausgehen, dass ich auch als Mensch ein großes persönliches Interesse daran habe, dass ich gesund bin und auf meine Gesundheit achte.“

Auch die Frage nach ihrem 65. Geburtstag am nächsten Mittwoch beantwortet sie kurz und lächelnd: „Und das bedeutet eben, dass man nicht jünger wird. Aber erfahrener vielleicht. Alles hat seine gute Seite.“

Merkel- Man muss sich keine Sorgen machen

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    Merkel sagt nichts zu Bericht über Untersuchungen

    Unbeantwortet lässt sie die Frage nach einem Bericht zu medizinischen Untersuchungen. „Bild“ hatte unter Berufung auf Regierungskreise geschrieben: Nach dem ersten Zitteranfall vor gut drei Wochen habe sich die Kanzlerin intensiv untersuchen lassen. Unter anderem sei auch ihr Blut getestet worden. Die Blutwerte seien okay, hieß es weiter.

    Am Mittwoch hatte Merkel den dritten Zitteranfall in gut drei Wochen erlitten. Beim Empfang des finnischen Premiers Antti Rinne bebte sie am ganzen Körper. Vor allem ihre Beine zuckten. Es war deutlich zu erkennen, wie sie dagegen ankämpfte. Merkel presste die Lippen zusammen, schloss die Augen, ballte die linke Hand zu einer Faust.

    Neuer Zitteranfall

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      Beim Empfang des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hatte Angela Merkel zum ersten Mal in der Öffentlichkeit heftig gezittert. Sie erklärte später, sie habe an dem heißen Tag zu wenig getrunken.
      Beim Empfang des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hatte Angela Merkel zum ersten Mal in der Öffentlichkeit heftig gezittert. Sie erklärte später, sie habe an dem heißen Tag zu wenig getrunken. © Getty Images | Sean Gallup

      Aber sie schaffte es nicht, umgehend die Kontrolle zu gewinnen. Anschließend sagte sie: „Man muss sich keine Sorgen machen.“ Sie erklärte ihren Zustand so: Sie sei in einer Verarbeitungsphase des erstens Vorfalls vor drei Wochen. „Ich muss damit jetzt eine Weile leben.“

      Am 18. Juni hatte sie beim Empfang des ukrainischen Ministerpräsidenten Wolodymyr Selenskyj heftig gezittert. Ebenso am 27. Juni bei der Ernennung von Christine Lambrecht (SPD) zur neuen Bundesjustizministerin. Beobachter fragten nach den Vorfällen:

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      Angela Merkels Gesundheit ist ein Politikum geworden

      Mediziner halten die Begründung für plausibel. „Experten sprechen von der Verarbeitungsphase, der Zeit, die man braucht, um den Vorfall zu verarbeiten“, sagte der Psychologe Willi Buttolo von der Ludwig-Maximilians-Universität in München „Bild“. Normalerweise würde das Zucken nach zwei oder drei Vorfällen wieder weggehen. Doch solange man versuche, das Zittern zu vermeiden, „kann es bestehen bleiben“.

      Merkels Gesundheit ist ein Politikum geworden. Es ist ein Thema, über das auch wichtige Medien in aller Welt berichten. Die Kanzlerin gilt als die mächtigste Frau der Welt, wird im Ausland geschätzt, in Zeiten autoritärer, breitbeinig auftretender Präsidenten wie Donald Trump, Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan gilt sie als Fels in der Brandung.

      Diskutiert wird auch ein Verfahren, wie es etwa in den USA üblich ist. Dort legen die Präsidenten regelmäßig ihre Gesundheitsdaten offen. Zumindest die, die sie veröffentlichen möchten. So wissen die Wähler etwa, dass Donald Trump Übergewicht hat (110 Kilo bei 191 Zentimenter Körpergröße) und ein Cholesterin-Medikament nimmt.

      Schwächen hat Angela Merkel bisher nie gezeigt

      Bisher hieß es immer, Merkel habe eine gute Konstitution. Schwächen hat sie nie gezeigt. Endlose Verhandlungsnächte in Brüssel galten als ihre Spezialität. Länger krank war sie nie. In Erinnerung blieb nur ihr Unfall beim Ski-Langlauf 2014. Um die Beckenverletzung auszukurieren, musste sie viel liegen. Was ihr dem Vernehmen nach nicht viel ausmachte. Sie hat in dieser Zeit viel gelesen.

      Sie macht den anstrengendsten Job Deutschlands jetzt schon seit 2005. Und ihr Programm ist knallhart. Im ersten Halbjahr 2019 absolvierte sie 21 Auslandsreisen. Am Sonntag wird die Kanzlerin in Paris sein. Auf Einladung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron nimmt sie an der traditionellen Militärparade zum Nationalfeiertag teil. Nächste Woche stehen dann noch weitere Termine an. Unklar ist, wann sie in diesem Sommer ihren Auftritt in der Bundespressekonferenz bestreitet. Ihren Sommerurlaub startet Merkel in der Regel mit dem Besuch der Bayreuther Festspiele.