Brüssel. Frankreichs Präsident Macron will den Deutschen Weber als Kommissionspräsidenten mit allen Mitteln verhindern. Das führt zu Spannungen.

Der Machtpoker um die Neubesetzung der EU-Spitzenämter wird zur Belastungsprobe für die deutsch-französischen Beziehungen: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron versucht mit allen Mitteln, den Deutschen Manfred Weber (CSU) als künftigen Chef der EU-Kommission zu verhindern.

Vor einem Sondergipfel der EU-Regierungschefs in Brüssel ignorierte Macron demonstrativ Webers Bewerbung, obwohl ihn die größte Fraktion des EU-Parlaments, die christdemokratische EVP-Fraktion, ins Rennen schickt.

Macron erklärte, zum engeren Auswahlkreis für das Präsidentenamt gehörten die Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager und EU-Brexitverhandler Michel Barnier. Auch den Namen des sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Frans Timmermans nannte er. Nur Weber nicht.

Merkel sicherte Weber Unterstützung zu

Zuvor hatte schon der Macron-Vertraute Pascal Canfin in Paris massiv gegen Weber ausgeteilt: Der sei nach dem schlechten Wahlergebnis der EVP „total disqualifiziert“, Frankreich werde „sein ganzes Gewicht“ für einen anderen Kandidaten einsetzen.

Analyse:

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Ein Affront gegen Kanzlerin Angela Merkel, denn CSU-Vize Weber ist der gemeinsame Spitzenkandidat der Unionsparteien. Die Kanzlerin versicherte zum Auftakt des Gipfels: „Ich werde mich für Manfred Weber einsetzen.“ Merkel mahnte, offenbar in Richtung Paris: „Wir sollten pfleglich miteinander umgehen“. Es sei auch noch viel Zeit für die Personalsuche. Um den Konflikt nicht noch weiter eskalieren zu lassen, trafen sich Merkel und Macron unmittelbar vor dem Gipfel zum Vier-Augen-Gespräch.

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    Die Regierungschefs kamen am Abend zusammen, um nach der Europawahl über die Besetzung der zentralen Führungsposten der EU zu sprechen: Eine Personalentscheidung fiel wie angekündigt nicht, Merkel zufolge wurde auch nicht über Namen gesprochen.

    EU: Wer wird neuer Kommissionspräsident?

    Die Regierungschefs vereinbarten aber, beim regulären EU-Gipfel am 20. Juni dem EU-Parlament einen Vorschlag für den Nachfolger von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu machen. Bis dahin soll Ratspräsident Donald Tusk sowohl bei den Mitgliedstaaten als auch beim Parlament eine konsensfähige Lösung sondieren.

    Merkel sagte, sie wolle in der Bundesregierung auch den Koalitionspartner SPD in die Beratung einbeziehen. Zu dem ersten Personalpaket sollen auch der Posten der EU-Außenbeauftragten, die Führung des Europäischen Rates und der Parlamentspräsident gehören, über den Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) soll erst später entschieden werden. Merkel mahnte, alle Beteiligten sollten tolerant und kompromissbereit sein

    Hintergrund:

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    Das Parlament positionierte sich am Dienstag mit Mehrheit klar gegen Eigenmächtigkeiten der Mitgliedstaaten. Es will nur einem Vorschlag zustimmen, wenn es sich um einen der Spitzenkandidaten zur Europawahl handelt, beschlossen es die Fraktionschefs von Christ- und Sozialdemokraten, Grünen und Linken.

    Die Erklärung wurde gezielt kurz vor dem Gipfel lanciert, um den Spielraum der Regierungschefs zu begrenzen: Sie hätten dann nur die Auswahl zwischen Weber, Timmermans und Vestager.

    Ob sich das Parlament durchsetzt, ist unklar: Nur zwei Stunden später brachte Macron den Franzosen Barnier ins Spiel. Auch andere Regierungschefs wollen sich auf keinen Fall vom Parlament ihre Entscheidungsmöglichkeiten nehmen lassen.

    Vestager sagte, weitere Bewerbungen seien „sehr wahrscheinlich“, sogar von amtierenden Regierungschefs.