Luxemburg/Berlin. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) verbietet künftig Bio-Siegel für Halal-Fleisch. Der Zentralrat der Muslime übt nun Kritik daran.

Werden Tiere ohne Betäubung rituell geschlachtet, so darf ihr Fleisch nicht mit dem EU-Bio-Gütesiegel ausgezeichnet werden. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. Eine solche Schlachtmethode erfülle nicht die höchsten Tierschutzstandards, urteilten die obersten EU-Richter am Dienstag in Luxemburg (Rechtssache C-497/17).

Zentralrat der Muslime übt Kritik

Eine Tierschutzorganisation aus Frankreich hatte Klage eingereicht und kritisiert, dass als „halal“ bezeichnete Hacksteaks nicht damit angepriesen werden dürfen, dass sie aus „ökologischem/biologischem Landbau“ stammen.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland kritisierte indes die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). „Eine richtig praktizierte Halal-Schächtung erfüllt die Tierschutz-Kriterien und verdient aus diesem Grunde das Bio-Siegel sogar eher als zum Beispiel nach Bolzenschlägen betäubte Tiere“, sagte der Vorsitzende Aiman Mazyek am Donnerstag in Köln.

Die Entscheidung des EuGH fuße auf „einseitig verfassten wissenschaftlichen Expertisen“ und komme einer „Diskriminierung für religiöse Minderheiten“ gleich.

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Der Zentralrat verwies darauf, dass der Tierschutz einen „enorm großen Stellenwert im Islam“ habe. Für muslimische Schlächter sei nicht nur das Leiden der Tiere, sondern auch ihre geschöpfliche Würde von Bedeutung. Es sei unzutreffend, dass der Verzicht auf die Betäubung den Schlachttieren unnötige Schmerzen zufüge. Durch die Durchtrennung der Halsschlagader der Tiere werde die Durchblutung des Gehirns gestoppt und damit auch das Schmerzempfinden unterbrochen.

Damit darf als halal gekennzeichnetes Fleisch nicht mehr damit beworben werden, aus „ökologischem/biologischem Landbau“ zu stammen. Unsere Redaktion beantwortet die wichtigsten Fragen zu diesem wegweisenden Urteil:

Was hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) genau entschieden?
Wenn Tiere ohne Betäubung geschlachtet werden, dürfen sie nicht mehr unter dem Bio-Siegel angeboten werden. Das gilt auch dann, wenn Schafe oder Ziegen von einem Ökohof stammen.

Darum darf Halal-Fleisch kein Bio-Siegel tragen

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    Wie kam es zu dem Urteil?
    Ein französischer Tierschutzverband hat die Anbieter von Hackfleisch verklagt, die ihr Fleisch auf der Verpackung als halal bezeichneten und mit dem europäischen Bio-Siegel gekennzeichnet hatten. Für die EuGH-Richter war insbesondere die Frage der Betäubung knifflig, weil die Regeln für das Bio-Siegel keine Vorgaben über die Behandlung von Tieren vor dem Schlachten beinhalten.

    Was bedeutet halal eigentlich?
    Die Bezeichnung halal kommt aus dem Arabischen. Übersetzt bedeutet das Wort lediglich, dass etwas für Muslime erlaubt ist. Beim Fleisch ist Schwein zum Beispiel religiös verpönt. Ein Schnitzel ist also nicht halal. Aber auch manche chemische Stoffe sind verboten. Das spielt bei Kosmetika eine Rolle, wenn sie den religiösen Vorgaben entsprechen sollen.

    Mit bio hat halal also erst einmal nichts zu tun. Beim Fleisch bedeutet halal nicht zwangsläufig, dass das Tier ohne Betäubung getötet wurde. „Viele Muslime akzeptieren eine elektrische Betäubung vor der Entblutung nach dem jeweiligen aktuellen Stand wissenschaftlicher Forschung“, erläutert der Verband, „was eine deutliche Verbesserung im Sinne des Tierschutzes darstellt.“ China sorgte in den vergangenen Monaten in Bezug auf Halal-Fleisch und vor allem mit der Religionsfreiheit für Diskussionen.

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    Dieses Bio-Siegel darf Halal-Fleisch in Zukunft nicht mehr tragen.
    Dieses Bio-Siegel darf Halal-Fleisch in Zukunft nicht mehr tragen. © imago/Becker&Bredel | BUB

    Argumentieren die Richter in ihrem Urteil mit dem Tierwohl?
    Die Richter haben als Begründung für das Label-Verbot den Umweg über eine Interpretation des europäischen Rechts gewählt. So hebt die EU-Kommission in ihren Verordnungen für das Bio-Siegel die Absicht hervor, das Tierwohl weiter zu verbessern, teilte das Gericht mit. Die Öko-Produktion sei an allen Orten und in allen Stadien an strengere Tierschutznormen gebunden als die konventionelle Landwirtschaft.

    Dabei hätten Forscher nachgewiesen, dass die Betäubung vor dem Schlachten das Tierwohl am wenigsten beeinträchtigt. Damit widersprachen die Richter sogar der Auffassung des EuGH-Gutachters, was selten vorkommt.

    Warum ist Schächten erlaubt?
    Beim Schächten werden die Tiere ohne Betäubung mittels Messerschnitt durch die Kehle getötet. „Die Tiere durchleiden einen Todeskampf, der Minuten andauern kann“, kritisiert der Tierschutzbund. Sie erlitten „höllische Schmerzen, Atemnot und Todesangst, bis sie schließlich verbluten“.

    Ohne Genehmigung ist das Schächten verboten. Laut EuGH wird diese Erlaubnis in der EU nur ausnahmsweise erteilt, um die Religionsfreiheit sicherzustellen. Eine Pflicht zum betäubungslosen Töten gibt es im Islam nicht generell. Schächten ohne Genehmigung wird streng bestraft. Den Schlächtern droht ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro oder sogar eine Haftstrafe.