Berlin. Donald Trump und Kim Jong Un feiern ihr Gipfeltreffen als großen Erfolg. Nicht überall wird diese Ansicht geteilt. Die Reaktionen.

Während die einen das Atom-Gipfeltreffen zwischen US-Präsident

Auch interessant

und Nordkoreas Machthaber

Auch interessant

als historischen Schritt in eine friedlichere Zukunft werten, bezeichnen andere die diplomatische Ausbeute Trumps als „dünn“. Trump setzte am Mittwoch einige Sätze in seinem bevorzugten sozialen Netzwerk Twitter ab. Alle könnten sich nun „viel sicherer fühlen als am Tag meines Amtsantritts“, twitterte er. Von Nordkorea gehe keine „atomare Bedrohung“ mehr aus.

Beide Seiten wollen nun den Gesprächsfaden fortführen, bis hin zu gegenseitigen Besuchen. Trump hatte bestätigt, dass Kim eine Einladung ins Weiße Haus zu einem „angemessenen Zeitpunkt“ akzeptiert habe. Umgekehrt könne er sich auch eine Reise nach Pjöngjang „zu einer bestimmten“ Zeit vorstellen. Nordkoreas Staatsagentur KCNA feierte die Besuche bereits als ausgemacht. Zudem wollen die USA nach Angaben Trumps auch ihre gemeinsamen Militärmanöver mit Südkorea einstellen.

Trump twitterte auch: „Wir sparen ein Vermögen, wenn wir keine Manöver abhalten, solange beide Seiten in gutem Glauben verhandeln – was beide Seiten tun!“ Donald Trump ist jedenfalls am Mittwoch von zwei norwegischen Abgeordneten der rechtspopulistischen Fortschrittspartei für den Friedensnobelpreis 2019 vorgeschlagen worden. Noch mehr Reaktionen aus Deutschland, Russland, Südkorea und China:

Deutschland im Zwiespalt, EU übt Charmeoffensive

Die deutsche Regierung spricht von einem „ersten Schritt in die richtige Richtung“, der die Eskalationsspirale in der Region wohl durchbrochen habe. Doch jetzt, heißt es zugleich, müssten auch konkrete Schritte zu einer kompletten atomaren Abrüstung Nordkoreas folgen. Die Bundesregierung ist im Zwiespalt: Natürlich ist sie – weit mehr als Trump – für diplomatische Lösungen internationaler Konflikte. Aber das Misstrauen ist vor dem Hintergrund der jüngsten Erfahrungen mit Trump beim G7-Gipfel groß. Zugleich wird in Berlin irritiert regis­triert, dass Trump zum stalinistischen Diktator Kim ein deutlich herzlicheres Verhältnis entwickelt hat als etwa zu Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Obwohl die Einschätzung in Brüssel nicht viel anders ausfällt, hat sich die EU-Kommission für eine Charmeoffensive entschieden: Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini lobt den Singapur-Gipfel als „entscheidenden und notwendigen Schritt“ auf dem Weg zu einer möglichen Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel. Für die EU bietet die Kommissions-Vizepräsidentin nun sogar Unterstützung bei den weiteren Verhandlungen an. Die Freundlichkeit hat einen Grund: Die EU kämpft weiter für den Erhalt des von Trump aufgekündigten Atomabkommens mit Iran, der als größter Erfolg der gemeinsamen europäischen Außenpolitik – und Mogherinis persönlich – gilt. Wenn Trump jetzt mit Nordkorea verhandelt, bestätigt das aus EU-Sicht nur den Wert der Diplomatie auch in anderen Fällen – wie dem Iran. (Christian Kerl)

Russland ruft zu Mehrparteien- Gesprächen auf

Präsident Wladimir Putin hatte sich schon früher für einen Dialog mit Nordkorea ausgesprochen. Dementsprechend, teilte das Präsidialamt mit, habe man sich gefreut, dass es zu diesem Gipfel gekommen sei. Das russische Außenministerium rief auch gleich zu Mehr-Parteien-Gesprächen auf. „Es ist klar, dass diese Probleme in einem bilateralen Format nicht vollständig lösbar sind“, sagte Außenminister Sergej Lawrow.

Darüber hinaus bieten die Russen ihre Hilfe bei der atomaren Abrüstung von Kims Armee an – was interessant ist, weil doch die Herkunft einiger Raketen, die das Regime für ihre Tests nutzte, nach Meinung von Experten ebenfalls Moskau zugeordnet wurde. Da Russland zu Nordkorea eine Grenze hat, will es auch dessen Zukunft mitbestimmen. (Sören Kittel)

Überraschung in Südkorea

Irritation hingegen in Seoul. Südkoreas Präsident Moon Jae-in, der die Annäherungspolitik überhaupt erst möglich gemacht hat, betonte gleich im Anschluss des Gipfels, wie „glücklich“ er über das Treffen sei. Doch Trumps Zugeständnis, auf die gemeinsamen Militärübungen zu verzichten, muss auch ihn überrascht haben. US-Armeevertreter in Südkorea deuteten an, dass selbst sie von der Ankündigung Trumps überrumpelt wurden.

Am Mittwoch wollte sich Moon zunächst nicht näher dazu äußern. Doch es ist in Seoul kein Geheimnis, dass dem liberalen Präsidenten nun massiver Druck von konservativer Seite droht. „Südkoreas nationale Sicherheit steht am Rande einer Krise“, twitterte Hong Joon-pyo, Sprecher der rechtskonservativen Freiheitspartei Koreas bereits. Aber auch gemäßigte Stimmen äußern sich kritisch. Die Zeitung „Korea Herald“ nannte die Entscheidung „besorgniserregend“. (Felix Lee)

Deutliche Kritik an Trump aus Japan

Auf offizieller Ebene am deutlichsten fiel die Kritik an Trump aus Japan aus. Ein sichtlich entsetzter Verteidigungsminister Itsunori Onodera betonte, wie „unerlässlich“ die Militärübungen der USA mit Südkorea und die dortige US-Truppenpräsenz für die Sicherheit in der Region seien.

Japan fühlt sich von Nordkoreas Raketen mit am stärksten bedroht. Das Inselreich befindet sich in unmittelbarer Reichweite, ist zudem wegen der japanischen Gräuel im Zweiten Weltkrieg noch einmal sehr viel mehr das Hassobjekt des Kim-Regimes und der meisten Nordkoreaner als Südkorea.

Japans Premierminister Shinzo Abe, der schon im Vorfeld des Gipfels vor allzu viel Optimismus gewarnt hatte, sagt nun, die gemeinsame Erklärung sei zwar „von großer Bedeutung“. Es könne aber lediglich ein „Anfang“ sein, dem nun konkrete Taten folgen müssten. Zumindest sein Land bleibe auch weiter alarmiert. (Felix Lee)

In China freut man sich

Dass es überhaupt zu einem Gipfel zwischen dem US-Präsidenten und Nordkoreas Machthaber gekommen ist, hat China bereits gefreut. Denn genau diesen Dialog hatte die chinesische Führung bis vor einem halben Jahr in dem noch völlig verhärteten Konflikt gefordert. Das Ergebnis übertrifft aus Pekinger Sicht jedoch sämtliche Erwartungen. Chinas Außenminister Wang Yi hat Kim und Trump gratuliert.

Eine Denuklearisierung Nordkoreas im Austausch für Sicherheitsgarantien der USA und die „Einleitung eines Friedensmechanismus“ – das seien auch immer Pekings Ziele gewesen, sagte Wang. Sein Sprecher Geng Shuang macht keinen Hehl daraus, dass sich China über Trumps Ankündigung freut, die Militärübungen stoppen zu wollen. Peking habe stets beide aufgefordert, die Provokationen zu beenden. (Felix Lee)

Aus Pariser Sicht hat Trumps Affront auch positive Seite

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron fand die wohl härtesten Worte, um das Verhalten von US-Präsident Donald Trump auf dem G7-Gipfel zu verurteilen. Die internationale Zusammenarbeit, so der Franzose, könne nicht von Wutausbrüchen oder abfälligen Bemerkungen auf Twitter abhängen.

Treffen zwischen Trump und Kim: Die besten Zitate

weitere Videos

    Macron, der unter den europäischen Spitzenpolitikern das beste persönliche Verhältnis zu Trump unterhält, dürfte der Affront des Amerikaners besonders getroffen haben. Trump sei leider belehrungsresistent, hieß es im Elysée-Palast allerdings bereits, seit der US-Präsident den Atom-Deal mit dem Iran aufgekündigt hat. Und selbstverständlich fragen sich französische Medien nun, wie nachhaltig der Knacks sein könnte, die die von den beiden Präsidenten gepflegte „virile Männerfreundschaft“ bekommen hat.

    Auf der anderen Seite ist der europäische Schulterschluss, den Trumps Affront provozierte, ganz im Sinne von Paris. Sehr genau wurde an der Seine Merkels jüngste Äußerungen registriert, die die transatlantische Freundschaft der „prioritären“ europäischen Einigung nachordnete. Das sind neue Töne aus Berlin, die in Paris die Hoffnung nähren, dass die deutsche Regierung die von Macron gewünschten EU-Reformen am Ende nachhaltiger unterstützen wird als zuletzt angenommen. (Peter Heusch)

    Britische Reaktionen zum Singapur-Gipfel

    Die britische Premierministerin Theresa May hielt sich zunächst zurück mit Bewertungen des Gipfeltreffens zwischen dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un und dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Nur ihr Außenminister Boris Johnson ließ eine ziemlich unverbindliche Erklärung verlauten, in der er seiner Hoffnung Ausdruck gab, dass Kim eine „vollständige, verifizierbare und unumkehrbare Denuklearisierung“ anstrebe. Britische Medien zeigten sich meinungsfreudiger.

    Der „Daily Telegraph“ griff die BBC an, die den Singapur-Gipfel angeblich „als ein Desaster“ dargestellt hätte. Tatsächlich aber, so die konservative Zeitung, habe Trump einen Erfolg errungen, „der es wert ist, gefeiert zu werden“. Die „Times“ dagegen zeigt sich skeptisch, weil vorherige Versuche „völlig versagt“ hätten. Doch immerhin sei es „besser auf dem Weg zum Frieden zu beginnen, als überhaupt nicht zu beginnen“. (Jochen Wittmann)