Berlin/Rom. Zu Beginn flogen dem Papst die Sympathien nur so zu. Fünf Jahre nach Amtsantritt ist der Franziskus-Effekt aber weitgehend verpufft.

Man spürte gleich, dass da ein neuer Geist wehte, als dieser Jorge Mario Bergoglio am Abend des 13. März 2013 auf die Loggia des Petersdoms trat und die Menschen, die auf dem Platz auf den neuen Papst warten, mit einem schlichten „Buona sera“ begrüßte.

Ein Pontifex, der sich nicht nach einem früheren Papst nennt, sondern nach einem Heiligen, dem Bettelmönch Franz von Assisi; einer der im Kleinwagen vorfährt und im Hotel sein Portemonnaie zückt, um die Rechnung selbst zu begleichen; einer der keine Scheu kennt im Dialog mit Protestanten, der Flüchtlinge auf Lesbos und Lampedusa besucht und den Luxus-Kardinälen im Vatikan ordentlich die Leviten liest. Solche Gesten waren ganz nach dem Geschmack vieler Katholiken, die sich nicht zuletzt wegen der Abgehobenheit von der Amtskirche abgewandt hatten.

Papst Franziskus wird zum Zauderer

Selten hat ein Papst so schnell so große Hoffnungen und Erwartungen geweckt wie der volksnahe Franziskus als Nachfolger des professoral-spröden Benedikt XVI. Doch nach fünf Jahren im Amt zeigt sich, dass Franziskus mit seinem demonstrativen Reformeifer an Grenzen gestoßen ist. Wie dies konkret aussieht, ist an mehreren Beispielen zu belegen.

• Franziskus kündigte an: „Es geht darum, die Räume zu öffnen für eine wirksamere weibliche Präsenz.“ Tatsache ist aber, dass die Stärkung der Rolle von Frauen in der Amtskirche, beispielsweise als Diakoninnen, nicht voran kommt. Am Nein der Kirche zur Priesterweihe von Frauen rüttelt auch dieser Papst ohnehin nicht.

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„Das ist alles Verleumdung!“

• In seinem Schreiben „Amoris Laetitia“ deutete Franziskus an, wieder verheiratete Geschiedene unter Umständen zur Kommunion zuzulassen. Wie sein verklausulierter, in einer Fußnote versteckter Hinweis zu deuten sei, darüber streiten sich seitdem Theologen ebenso wie die betroffenen Gläubigen. Franziskus scheute bislang ein klares Wort.

• Auch in der Debatte um Missbrauchsfälle in der Kirche sorgte Franziskus Anfang dieses Jahres für Irritationen. Bei seinem Besuch in Chile nahm er ohne Not den umstrittenen Bischof Juan Barros in Schutz. Barros wird beschuldigt, von Missbrauchsfällen gewusst, aber nichts unternommen zu haben. „Das ist alles Verleumdung. Ist das klar?“, erteilte der Pontifex den Missbrauchsopfern eine Abfuhr. Selbst der Korrespondent der „Vatican news“ urteilte, der entstandene Eindruck sei „verheerend“.

Theologen werfen Papst Ketzerei vor

Insgesamt macht vor allem der streng konservative Flügel der katholischen Kirche Front gegen Franziskus.

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, warnte ziemlich unverhohlen vor einer „Verwässerung des Glaubensbekenntnisses oder einen Rabatt auf die christliche Ethik“. Mehrere Dutzend Theologen, meist aus Italien und den USA, warfen Franziskus in einem Schreiben gar Häresie vor - der Papst als Ketzer.

So war es am 13. März 2013: Papst Franziskus winkt den Gläubigen vom Balkon des Petersdoms zu.
So war es am 13. März 2013: Papst Franziskus winkt den Gläubigen vom Balkon des Petersdoms zu. © dpa | Michael Kappeler

Franziskus selbst, inzwischen auch schon 81 Jahre alt, reagiert auf solche Anwürfe öffentlich nicht. Doch gibt es Berichte aus dem Innern des Vatikan,

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. „Den Bergoglio, den sie 2013 gewählt haben, erkennen viele im Franziskus von 2016 nicht wieder“, zitierte der „Spiegel“ schon vor gut einem Jahr einen Papst-Vertrauten. In seiner Weihnachtsansprache sprach Franziskus damals von „böswilligen Formen des Widerstands“, die darauf abzielten, unter dem Deckmantel des Kampfes für Tradition und Formalität Anklage gegen ihn zu erheben.

Ein Papst ohne starkes Netzwerk

Franziskus selbst ist nicht ganz unschuldig an der Kritik. Blumigen Ankündigungen – etwa bei Thema Frauen und Kirche – folgen bisweilen wenig konkrete Schritte. Er bleibt manchmal im Ungefähren, stößt eine Sache an, zieht sich dann wieder zurück.

Zwar entmachtete er intrigante Strippenzieher in der Vatikan-Bürokratie, so etwa den ehemaligen Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone - er versäumte es jedoch, ein starkes Netz eigener Gefolgsleute zu installieren. So wirkt Franziskus nach außen oft immer noch wie ein Einzelkämpfer.

Exodus aus der Kirche geht weiter

An der katholischen Basis, so hat man den Eindruck, hat sich die Franziskus-Begeisterung gelegt. Die Sympathie der Gläubigen ist noch da, doch die – bisweilen ohnehin überzogenen – Hoffnungen auf einen grundsätzlichen Wandel sind vielfach zerstoben. In Deutschland etwa, wo die Kirche auf einen „Franziskus-Effekt“ gehofft hatte, musste man schmerzlich erkennen, dass daraus nichts wurde: Der Exodus der Menschen aus der Amtskirche geht weiter.