Berlin. Helmut Kohl ist mit 87 Jahren gestorben. Internationale Medien würdigen den Altkanzler als „politisches Genie“ und großen Europäer.
- Helmut Kohl ist mit 87 Jahren gestorben
- Internationale Medien würdigen den Altkanzler als „politisches Genie“ und großen Europäer
Helmut Kohl, Kanzler der deutschen Einheit und Verfechter des europäischen Gedankens, ist am Freitag im Alter von 87 Jahren gestorben.
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würdigten die Verdienste des Staatsmannes.
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im Ausland auf den
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„De Volkskrant“ (Niederlande)
„Wie jeder andere war auch
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überrascht von den schnellen Entwicklungen im November 1989. Aber er reagierte darauf auch blitzschnell. Ungeachtet des Widerstands der britischen Premierministerin Margaret Thatcher (mit ihren berühmt gewordenen Sprüchen: „Mir sind zwei Deutschland lieber als eins.“ und „Zweimal haben wir die Deutschen geschlagen. Jetzt sind sie wieder da.“) und des Zögerns des französischen Präsidenten François Mitterrand (wird Europa nun ein „deutsches Europa“?) ergriff Kohl die Chance.
Mitterand köderte er mit der Zustimmung zur europäischen Einheitswährung. Schmollend willigte schließlich auch Thatcher ein. Und US-Präsident George H.W. Bush (Kohl sagte über ihn, er sei ein Glückslos in der Lotterie für Deutschland gewesen) hatte sowieso keine Probleme mit der deutschen Wiedervereinigung.“
„La Repubblica“ (Italien)
„Vielleicht war (Helmut Kohl) der
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. Der, der die schmerzhafteste Wunde geschlossen hat, die, die nach dem Krieg Millionen von Familien in zwei geteilt und zerstört hat und halb Berlin in eine Gefangenen-Enklave in Ostdeutschland verwandelt hatte. (...)
Der große Anführer der Christdemokraten, der bis heute den Rekord der längsten Kanzlerschaft hält – 16 Jahre, von 1982 bis 1998 – war ein politisches Genie, in der Lage, das aus dem traumatischsten Ereignis des Endes des 20. Jahrhunderts – der Mauerfall in Berlin – hervorgegangene Chaos in eine extraordinäre Seite einer neuen Geschichte umzuwandeln, die eines vereinten Deutschlands und eines noch verbundeneren Europas. (...)
Sollte Merkel am Ende ihres Mandats wieder die Wahlen gewinnen, macht sie den Rekord der längsten Kanzlerschaft zunichte. Aber es wird nur schwierig sein, dass sie es schafft, Deutschland einen weiteren Moment purer Euphorie und glücklicher Unbeschwertheit zu schenken, wie das Land in der Einheit gefunden hat (...).“
Helmut Kohl – Eine Karriere in Bildern
„Neue Zürcher Zeitung“ (Schweiz)
„Natürlich lässt sich an einzelnen Entscheidungen von Spitzenpolitikern immer herummäkeln. Kohl machte dabei keine Ausnahme. Die wahre Größe von Staatsmännern zeigt sich, wenn sie im richtigen Augenblick das Richtige tun. Als am 9. November 1989 in Berlin die Mauer fiel, wusste Kohl intuitiv, was die Stunde geschlagen hatte. Er sah die Chance und ergriff sie. Er, dem immer nachgesagt worden war, Probleme auszusitzen, ging hohe Risiken ein.“
„De Standaard“ (Belgien)
„Der ehemalige deutsche Kanzler wird vor allem als der Mann in die Geschichte eingehen, der West- und Ostdeutschland auf friedliche Art und Weise vereinigte und somit das schändliche Erbe des Zweiten Weltkriegs auslöschte. Heute könnte es scheinen, dass die Wiedervereinigung selbstverständlich war, sozusagen ein Kinderspiel. Aber nichts ist weniger wahr: Der Fall der Mauer im November 1989 war nicht allein der Anfang vom Ende der DDR, sondern auch des großen Sowjetreichs.(...)
Helmut Kohl, der Mann der deutschen Einheit, der Verankerung des vereinten Deutschlands in Europa und des Euro, der die europäische Einheit unumkehrbar machen soll, vermisste bei vielen der heutigen europäischen Spitzenpolitiker europäischen Idealismus. Zu seinen letzten Worten gehörte die Mahnung, dass viel auf dem Spiel stehe, es gehe um unsere Zukunft und „unsere Zukunft heißt Europa“.“
„Guardian“ (Großbritannien)
„Oberflächlich betrachtet und abgesehen vom Körperumfang hält Kohl Vergleichen mit Otto von Bismarck stand. Der Aristokrat, der 1871 eine ausufernde Zahl von Kleinstaaten vereinigte und Deutschland zur wichtigsten Macht in Kontinentaleuropa formte, war ein preußischer Protestant mit überragendem Intellekt und großen Fähigkeiten, der Europa wie seinen persönlichen Baukasten behandelte.
Kohl war ein katholischer Rheinländer, dem die Einigung Europas ebenso am Herzen lag wie die Wiedervereinigung Deutschlands. (...) Kohl mag sich von Bismarck so sehr unterschieden haben wie Bonn von Berlin. Aber er war ebenso sehr ein Eiserner Kanzler, eisern hinsichtlich seiner Ausdauer, unerschütterlich in seinem Selbstvertrauen.
Der Autor mehrerer Bücher, darunter Memoiren, der einst als Helmut II. verspottet wurde, weil er so viel glanzloser war als Helmut I., also Helmut Schmidt, bekommt auch in den Geschichtsbüchern seine Rache: Es war Kohl, nicht Schmidt, der bereitstand, als der Zug zur deutschen Wiedervereinigung vorbeirollte.“
„New York Times“ (USA)
„Mit seiner Diplomatie, der Entschlossenheit und der Bereitschaft, auf das Ende der Teilung seines Landes hinzuarbeiten, wurde Herr Kohl von vielen als Gigant einer epochalen Zeit gesehen, der die politische Architektur Europas erneuerte, die Minenfelder und Wachtürme des Eisernen Vorhangs demontierte und die bewaffnete Konfrontation zwischen Ost und West mit einer dauerhaften, wenn oft herausfordernden Koexistenz zweier früherer Todfeinde ersetzte.“ (dpa/rtr/br)