Hannover. Nach der Niedersachsen-Wahl spielen Politiker und Experten mögliche Bündnisse durch. Der Druck auf die FDP wächst, doch die ziert sich.

Die Wahl ist gelaufen, die Suche nach einer

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eröffnet: In Niedersachsen stecken die Parteien schon mal ihren Kurs ab. Die FDP erteilte einer Ampel mit SPD und Grünen am Montag erneut eine Absage. Ein Jamaika-Bündnis ist wenig beliebt. Die CDU will eine stabile Regierung. Alle sind sich aber einig, dass der Auftrag zur Regierungsbildung beim Wahlsieger SPD liegt.

„Beides ist in Niedersachsen nicht so ganz einfach“, sagte Ministerpräsident Stephan Weil mit Blick auf ein Bündnis mit der CDU sowie die Ampel-Konstellation. SPD und Grüne mahnten die Liberalen zu Gesprächen über eine Ampel. „Es geht erstmal darum, dass es Gespräche auch mit der FDP gibt“, sagte der stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Olaf Lies der Deutschen Presse-Agentur. Es müsse geklärt werden, ob es eine Vorstellung über eine gemeinsame Politik von SPD, Grünen und FDP gebe.

FDP will nicht „Steigbügelhalter“ für Rot-Grün sein

Die FDP schloss die Variante „Rot-Gelb-Grün“ am Montag erneut aus. „Wir lehnen eine Ampel zu 100 Prozent ab“, sagte der Generalsekretär der niedersächsischen FDP, Gero Hocker, vor Journalisten. „Wir werden ein Ampel in Niedersachsen nicht erleben.“ Die Liberalen hätten bereits vor der Wahl klargestellt, dass sie nicht als „Steigbügelhalter“ für die Fortsetzung rot-grüner Politik zur Verfügung stünden.

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    „Das Kalkül ist: Wenn sie Weil eine Absage erteilt, erhöhen sich die Chancen auf Jamaika“, sagt der Politologe Ferdinand Müller-Rommel von der Leuphana Universität Lüneburg zum Standpunkt der Liberalen. Er schließt eine Ampelkoalition aus, weil die FDP in einem solchen Dreierbündnis keinen Einfluss auf die Regierungspolitik hätte.

    Parteienforscher: FDP traumatisiert vom „Umfaller“-Image

    Ähnlich beurteilt das der Göttinger Parteienforscher Matthias Micus. Die FDP habe ein Trauma, als Umfaller-Partei zu gelten. „Das würde sie wieder einholen, wenn sie ihre Position jetzt ändert.“ Denkbar sei diese Kehrtwende allenfalls, sollte FDP-Landeschef Stefan Birkner abgelöst werden. Birkner hatte sich vor und nach der Landtagswahl gegen ein Ampel-Bündnis ausgesprochen.

    Der niedersächsische Agrarminister Christian Meyer von den Grünen forderte die FDP dennoch auf, sich nicht grundsätzlich zu verweigern. „Die FDP sollte ihre Blockadehaltung überdenken“, sagte Meyer. Er schätze, dass eine Ampel-Koalition auch für Regierungschef Weil (SPD) eine Wunschlösung sei. „Es wäre eine Koalition der progressiven Kräfte.“

    Weil schließt Einigung mit FDP nicht aus – Jamaika dagegen schon

    Auch Weil sieht beim Thema Ampel das letzte Wort bei der FDP noch nicht gesprochen. Er wolle den Gesprächen nicht vorgreifen. „Wir schauen mal, wie weit wir damit kommen.“ Für undenkbar hält Weil derweil eine Jamaika-Koalition unter Führung der zweitplatzierten CDU mit FDP und Grünen: „Das halte ich in Niedersachsen für sehr ausgeschlossen“, so Weil im ARD-„Morgenmagazin“.

    Politologe Müller-Rommel sieht eine große Koalition als einzige Chance für Weil, sich an der Macht zu halten. „Mir fallen auch nur wenige inhaltliche Stolpersteine ein. Zudem hat Althusmann keine Berührungsängste – und Weil auch nicht.“ Gleichzeitig werde die Niedersachsen-CDU aber jetzt schon mit der FDP und den Grünen reden und die Möglichkeiten für ein Jamaika-Bündnis ausloten. „Dann hat die CDU auch eine starke Position in Gesprächen mit der SPD über eine große Koalition – es gibt eine Alternative.“

    Thüringer CDU kritisiert Thomas de Maizière

    Parteienforscher Micus dagegen hält das Zustandekommen einer Jamaika-Koalition wegen der Gräben zwischen CDU und Grünen für „abwegig“. Daher sei Jamaika auch für Althusmann nicht als Druckmittel in Verhandlungen mit der SPD zu gebrauchen, da die Gegenseite eine Einigung für wenig glaubhaft halten werde.

    Der Thüringer CDU-Vorsitzende Mike Mohring hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) für die Wahlniederlage in Niedersachsen mitverantwortlich gemacht. „Der Vorschlag, einen muslimischen Feiertag einzuführen, hat uns geschadet“, sagte er der „Thüringer Allgemeinen“. Die Idee sei falsch und nicht zu vermitteln gewesen. „Solche Art Debatten brauchen wir nicht“, sagte Mohring, der auch Vorsitzender der Fraktionsvorsitzendenkonferenz der Union ist.

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      Die niedersächsische Grünen-Chefin Meta Janssen-Kucz warnte unterdessen vor den Folgen einer möglichen großen Koalition aus SPD und CDU im Land. „Eine große Koalition würde Stillstand für Niedersachsen bedeuten. Und Stillstand befördert Unzufriedenheit und damit die Rechtspopulisten“, sagte Janssen-Kucz der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. Auch die Option für eine Jamaika-Koalition wollen sich die Grünen grundsätzlich offen halten.

      Verluste der Grünen kostet Regierung die Mehrheit

      Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis wurde Rot-Grün am Sonntag in Niedersachsen knapp abgewählt, vor allem wegen deutlicher Verluste der Grünen. Die SPD verbesserte sich auf 36,9 Prozent, gut vier Punkte mehr als 2013. Die CDU kam nur noch auf 33,6 Prozent, das waren rund zweieinhalb Punkte weniger und das schlechteste Ergebnis seit fast 60 Jahren.

      Die Grünen rutschten um fünf Punkte ab auf 8,7 Prozent. Die FDP landete bei 7,5 Prozent, das war ein Minus von 2,4 Punkten. Die AfD schaffte mit 6,2 Prozent den Einzug ins Parlament, blieb in Niedersachsen aber deutlich hinter ihren jüngsten Wahlerfolgen zurück.

      Streitigkeiten bei der AfD nach schlechtem Ergebnis

      Niedersachsens AfD-Landeschef Paul Hampel sieht trotz interner Querelen keinen Grund zum Rücktritt. „Ich sehe keinen Anlass“, sagte er am Montag. Überrascht und enttäuscht zeigte sich Hampel von einem Schreiben mehrerer Landesvorstandsmitglieder, die noch am Sonntag einen Sonderparteitag und eine Neuwahl der Parteiführung forderten. (dpa)