Berlin. Überraschung: Bettina Schausten vertrat eine kranke Maybrit Illner. Ein Gast sorgte dafür, dass ihr Debüt nicht komplett misslang.

Wie gut, dass Hajo Schumacher ist, wie er ist. Der Autor und Kolumnist ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Meinungsstark und scharfzüngig kommentiert er den Berliner Politikbetrieb – und rettete so am Donnerstagabend gleich mal die Premiere von Bettina Schausten.

Die Leiterin des ZDF-Hauptstadtstudios war kurzfristig eingesprungen, um Maybrit Illner, die krank im Bett lag, zu vertreten. Und nach 60 Minuten musste man sagen: Es gelang ihr nur mittelmäßig.

Das lag, na klar, an der Moderatorin, die ihren Gästen zu oft Phrasen durchgehen ließ. Es hatte aber auch mit den Gästen zu tun, in der mit Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) zwei Politiker saßen, die – vorsichtig formuliert – nicht gerade für Klartext bekannt sind.

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    Schausten rackerte sich ab, Scholz wich aus

    Olaf Scholz und Martin Schulz.
    Olaf Scholz und Martin Schulz. © dpa | Daniel Reinhardt

    Wegen seiner sprechblasenartigen Art zu reden, wurde der SPD-Vize früher als „Scholzomat“ verspottet. Dass er diese „Kunst“ noch immer beherrscht, stellte Scholz am Donnerstag unter Beweis. Egal, wie Bettina Schausten sich auch abrackerte, der Hamburger Bürgermeister wich ihr ständig aus. Das mag auch daran liegen, dass Scholz Ambitionen auf den SPD-Parteivorsitz nachgesagt werden – und da wäre es naturgemäß schlecht, sich zu früh aus der Deckung zu wagen.

    Doch als Scholz seinen angeschlagenen Parteichef Martin Schulz in den höchsten Tönen lobte, ihm auf dem kommenden Parteitag ein „gutes Ergebnis“ prognostizierte, wurde es Hajo Schumacher dann doch zu viel.

    „Lassen Sie uns doch mal ehrlich reden“

    „Es ist so tragisch“, rief er in einer Mischung aus Wut und Resignation. „Lassen Sie uns doch mal ehrlich reden“, hielt er Scholz vor. „Warum sagen Sie nicht, wie es wirklich ist?“ Schulz, so Schumacher, habe alles vergeigt, was man vergeigen könne. „Und alle in der SPD fragen sich: Wohin mit Martin, was sollen wir mit dem armen Kerl machen?“, sagte der Kolumnist der Berliner Morgenpost und des Hamburger Abendblatts.

    Denn: Auch nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen blieb der SPD-Chef bei seiner Maximalposition: Auf keinen Fall werde es eine Neuauflage der GroKo geben. Davon muss er jetzt abrücken. Die Steilvorlage der schwarz-gelb-grünen Sondierer verwandelte Schulz in ein Eigentor.

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    Doch auch hier blieb Scholz wachsweich: Ja, die SPD übernehme natürlich Verantwortung. Das Wahlergebnis war schlecht, die Ansage, in die Opposition zu gehen, daher richtig. Ob es weitere Gespräche zwischen Union und SPD geben werde? „Kann schon sein“, so Scholz.

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      Es spricht nicht unbedingt für den Zustand der Sozialdemokraten, dass ausgerechnet Unions-Mann Peter Altmaier das Schulz-Bashing beenden musste. „Ich möchte meinen möglicherweise vielleicht baldigen Koalitionspartner in Schutz nehmen“, sagte er lächelnd. Aber: Die Deutschen interessiere es nicht, mit wem die SPD in die Verhandlungen gehe – sondern welche Themen eine neue Regierung anpacke.

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      Und zumindest da hat die SPD klare Vorstellungen: Der Mindestlohn soll auf 12 Euro steigen, für Geringverdiener wünscht sich die Partei eine Solidarrente, das Gesundheitssystem soll zu einer Bürgerversicherung umgebaut werden – also alles Projekte, die sich wunderbar mit Linken und Grünen, aber eben nicht mit der Union umsetzen lassen.

      Doch auch der Merkel-Vertraute Peter Altmaier verstand es, Konflikte elegant zu umschiffen. Die Rente müsse natürlich fair sein, das deutsche Gesundheitssystem sei das „vielleicht beste in Europa“ und auch die Union mache soziale Politik.

      Noch keine Überschrift

      „Das ist toll!“, höhnte Hajo Schumacher. „Vor zehn Tagen lagen Sie sich noch mit Claudia Roth in den Armen, haben mit Christian Lindner den Soli abgeschafft und heute zeigen Sie Ihr Malocher-Herz“, so der Journalist. Altmaier, der laut eigener Aussage in 23 Jahren Bundestag noch keinen Ordnungsruf kassiert hat, wollte diese Kritik nicht gelten lassen. „Politiker sollten sich immer anständig behalten – auch wenn sie unterschiedliche Ziele verfolgen“, verteidigte er sich.

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        Reicht es aber, die SPD mit netten Worten in eine neue Koalition mit der Union zu locken? Zumindest die Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele meldete Zweifel an. „Es benötigt eine große Überschrift, die alles zusammen hält“, sagte sie.

        „Haben Sie eine Idee für eine Überschrift?“, hakte Bettina Schausten beim Hamburger Bürgermeister nach. Und erhielt eine typische Scholz-Antwort: „Nein, noch nicht.“ Er beschäftige sich lieber mit der Frage, „wie wir auf die Herausforderungen reagieren“.

        Typisch „Scholzomat“ eben.

        Die komplette Sendung in der ZDF-Mediathek.