Berlin. Robert Habeck und Olaf Scholz diskutierten bei “Anne Will“ über das, was sie in den Sondierungen erreicht haben. Da fehlte aber jemand.

Die Chancen stehen gut, dass sich die Ampel-Partner relativ schnell auf eine Koalition einigen werden. Doch die Gretchenfrage dürfte dabei die Finanzierung der anstehenden Großprojekte sein: Muss die Schuldenbremse stehen, wie es die FDP will? Oder finden sich kreative Umwege, wie es Grüne und tendenziell auch die SPD favorisieren?

Das Thema wurde am Sonntagabend auch bei "Anne Will" diskutiert: "Die Ampel im Aufbruch – ist Rot-Grün-Gelb finanzierbar?", lautete der Titel der Sendung. Mit dabei: Olaf Scholz (SPD), Robert Habeck (Grüne), die Ökonomin Claudia Kemfert, die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch und der Journalist Rainer Hank.

ARD-Talk "Anne Will": Wo war die FDP?

Schon beim Blick auf die Gästeliste wurde klar, dass diese Runde ein Problem hatte. Die FDP fehlte – und damit der potenzielle Gegenpart zu SPD und Grünen. Gerne hätte man zum Beispiel gehört, was ein Christian Lindner auf die Frage antwortet, wer sich in den Sondierungen denn durchgesetzt habe.

"Anne Will": Das waren die Gäste

  • Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister, Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidat
  • Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesparteivorsitzender
  • Claudia Kemfert, Abteilungsleiterin Energie, Verkehr, Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)
  • Ursula Münch, Politikwissenschaftlerin, Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing
  • Rainer Hank, Wirtschaftsjournalist, Publizist, Kolumnist

So waren da Olaf Scholz und Robert Habeck, die im Grunde dieselbe Haltung vertraten: Eigentlich haben wir doch recht viel erreicht. "Ich finde, dass wir unsere Möglichkeiten nutzen", fasste Scholz, der wohl Ampel-Kanzler werden wird, seine Haltung zusammen. Lesen Sie hier: SPD, Grüne, FDP: Diese Politiker verhandeln die Ampel

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz bei
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz bei "Anne Will". © Bild: NDR/Wolfgang Borrs

Umso wichtiger war, dass die Gastgeberin hartnäckig nachhakte. Tempolimit? Abgeräumt. Steuererhöhungen? Wird es nicht geben. Früherer Kohleausstieg? Nur "idealerweise" möglich. "Klar, das ist nicht das grüne Wahlprogramm. Aber wir haben 14 Prozent geholt und müssen jetzt mit einer anderen Partei koalieren", sagte Grünen-Chef Habeck irgendwann.

Für die Grünen geht es um die Glaubwürdigkeit

Logisch, dass Kompromisse nötig sind – zumal, wenn eine Partei das Lager wechselt, wie nun die FDP. Claudia Kemfert vertrat allerdings die Ansicht, dass beim Klimaschutz grundsätzlich zu wenig erreicht worden sei. "Der Verkehrssektor enttäuscht am meisten", sagte die Ökonomin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung mit Blick etwa auf das abgesagte Tempolimit.

Das wiederum dürfte Habeck geschmerzt haben, denn sollte diese Koalition beim Klimaschutz scheitern, wird man das insbesondere seiner Partei ankreiden. "Das stimmt wohl", sagte der Chef der Grünen. Allerdings seien auch die Partner in der Pflicht. Und überhaupt: "Das ist der Sinn von Regierung, dass man Verantwortung sucht."

Diskussion bei "Anne Will": Gaspreis frisst EEG-Senkung

Konkret wurde die Debatte, als es um die EEG-Umlage ging. Die will die Ampel abschaffen und damit den Strompreis senken. "Einer vierköpfigen Familie bringt das 400 Euro", rechnete Habeck vor. Das sei in etwa das, was nun möglicherweise an Mehrkosten durch steigende Gaspreise anfalle.

Eine richtig frohe Botschaft war das nicht, schließlich wäre es doch schöner, wenn die Senkung nicht gleich von anderswo steigenden Preisen gefressen werden würde. Claudia Kemfert warnte obendrein, dass sich der Wegfall möglicherweise gar nicht stark auf die Strompreis auswirken werde. Daher sei eine Auszahlung pro Kopf viel sinnvoller – auch, weil Geringverdiener dadurch besonders entlastet würden.

"Ampel im Aufbruch": Das Fazit

Der letzte Punkte macht deutlich, warum die Debatte über Sieger und Verlierer möglicherweise zu früh ist: So eine Pro-Kopf-Auszahlung haben die Grünen als "Energiegeld" durchaus im Programm. Gut möglich, dass sie sich am Ende auf die eine oder andere Art im Koalitionsvertrag wiederfinden wird.

In Kombination mit dem Fehlen der FDP hatte diese Ausgabe von "Anne Will" somit eine Schieflage. Als Momentaufnahme des Stands der Regierungsbildung war sie aber dennoch sehenswert.

Zur Ausgabe von "Anne Will" in der ARD-Mediathek.

Anne Will: Das waren die vergangenen Sendungen