Berlin. Der ARD-Fernsehfilm „Martha und Tommy“ mit Senta Berger und Jonathan Berlin bietet am Mittwoch ein Schauspielduell vom Feinsten.

Sie meint es nur gut. Die Rentnerin hat das, was man ein „soziales Gewissen“ nennt. Und kümmert sich selbstlos, sie hat ja Zeit, um ihre Mitmenschen. Etwas übergriffig ist das aber schon. Denn auch dem neuen Nachbarn will sie helfen. Der ist ja noch jung und muss sich neben seinem Jurastudium auch um seinen achtjährigen Bruder kümmern.

Der sitzt nach der Schule einsam im Treppenhaus, klar lässt ihn die Dame zu sich rein. Und dem Studenten bietet sie auch Hilfe an. Doch der will das nicht. Im Gegenteil, er wird wütend, ja regelrecht aggressiv.

„Martha und Tommy“ ist kein typisches Wohlfühlfernsehen

„Martha und Tommy“ bietet eine im deutschen Fernsehen recht ungewohnte Konstellation: Junger Mann und alte Dame, das kennt man eher aus „Harold und Maude“. So weit geht dieser Film nicht, aber der typische Wohlfühlfernsehfilm ist es auch nicht. Tommy (Jonathan Berlin) hat die Fürsorge für den achtjährigen Bruder, weil ihr Vater die Mutter totschlug. Und um die Miete zahlen zu können, nimmt er an illegalen Kickboxwetten teil.

Dass er sich dabei die Hände blutig schlägt, ist auch Selbstkasteiung: Der Vater ist nämlich Pianist und wollte, dass auch der Sohn es wird. Martha (Senta Berger), die Nachbarin vom Dachgeschoss, kann aber nicht mitansehen, wenn Tommy nachts zerschlagen nach Hause kommt. Schon gar nicht, als sie von seinem musischen Talent erfährt. Wie sich herausstellt, leidet auch sie unter einem Trauma. Anderen zu helfen, ist auch eine Ersatzhandlung für ein einstiges Versagen, das sie bis heute bereut.

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Für Sendezeit recht brutale Szenen

Die Jungs von nebenan will sie bemuttern. Bis dann deren Vater (Peter Lohmeyer) aus der Haft entlassen wird und das Sorgerecht um seinen Jüngsten erstreiten will.Ein junger Mann, der sich schlägt, um Kinder durchzubringen: das gab es so ähnlich erst letztes Jahr im Berlinalefilm „Kids Run“ mit Jannis Niewöhner, der wegen Corona nie ins Kino kam. „Martha und Tommy“ ist ähnlich, macht daraus aber einen Generationenkonflikt, kombiniert mit einem der größten Fernsehlieblinge: Senta Berger.

Mit ihren grünen Pullovern passen die beiden optisch gut zusammen, müssen sich aber erst zusammenraufen. So ist der Film von Petra K. Werner (Regie) und Holger Karsten Schmidt (Buch) vor allem ein feines Schauspielduell, auch wenn bei den für diese Sendezeit oft recht brutalen Szenen mancher lieber wegzappen möchte. Dranbleiben lohnt. Ärgerlich ist nur, dass Peter Lohmeyer als Pianistenvater weit weniger gut Chopin spielen kann als der Filmsohn.

  • „Martha und Tommy“ ARD, 24.2., 20.15 Uhr