Berlin. Maybrit Illners Gäste diskutierten am Donnerstag die richtige Impfstrategie. Leider endete die Sendung, als sie dabei in Fahrt kamen.

Trotz des harten Lockdowns bleiben die Corona-Zahlen in Deutschland auf einem besorgniserregenden Niveau. Die Impfungen gegen das Virus liefen nur schleppend an, und nun kommen auch die Corona-Mutationen aus England und Südafrika in Deutschland an.

Wie muss die Impfstrategie der Bundesregierung aussehen, um das Land nicht in die Lockdown-Agonie zu schicken? Im ersten Talk des Jahres diskutierten die Gäste bei “Maybrit Illner” die Frage: “Langsames Impfen, schnelles Virus - droht der lange Winter-Shutdown?” Lesen Sie hier: Wer zuerst geimpft wird – Das empfehlen RKI-Experten dem Bund

Lauterbach bei Illner: “Können gar nicht so schnell impfen, wie man sich infiziert”

Der Epidemiologe Karl Lauterbach (SPD) zeigte sich von der Schwere der Corona-Mutationen aus England und Südafrika geschockt: “Damit hat niemand gerechnet”. Und: “Wenn die Virusmutante ausbricht, können wir gar nicht so schnell impfen, wie man sich infiziert.”

“Wir brauchen viel mehr Impfstoffhersteller”, merkte der Arzt Eckart von Hirschhausen an. Er meldete sich als Proband für eine Impfstoffstudie an der Uni Köln. “Ich will den Menschen zeigen, wie viel Akribie in diesem Prozess steckt”, erklärte Hirschhausen.

Hirschhausen: “Die Menschen verstehen, dass impfen solidarisch ist”

Denn nur durch Aufklärung könne man die Menschen dazu bringen, bei den Impfungen mitzuziehen. Deshalb lehnte nicht nur Hirschhausen, sondern auch der Rest der Runde bei “Maybrit Illner” eine Impfpflicht kategorisch ab. Lesen Sie hier: Corona-Impfpflicht: Söders Vorstoß sorgt für heftigen Streit

Maybrit Illner diskutierte mit Eckart von Hirschhausen.
Maybrit Illner diskutierte mit Eckart von Hirschhausen. © ZDF | Svea Pietschmann

“Den Begriff der Pflicht einzubringen, war falsch. Die Menschen verstehen ja, dass impfen solidarisch ist”, erklärte Hirschhausen. Dem pflichtete auch Eva Hummers bei, die Mitglied der ständigen Impfkommission ist. Sie impft derzeit Menschen in Altenheimen.

"Maybrit Illner" - das waren die Gäste:

  • Jens Spahn (CDU), Bundesgesundheitsminister
  • Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident Sachsen
  • Karl Lauterbach (SPD), Epidemiologe und Gesundheitsökonom
  • Eva Hummers, Mitglied der ständigen Impfkommission des RKI
  • Claudia Kade, Ressortleiterin Politik bei der “Welt”
  • Eckart von Hirschhausen, Arzt, Autor und Moderator

Kretschmer: “Wenn man mit der Impfpflicht droht, machen viele zu”

“Bei den alten Menschen müssen wir sehr wenig Überzeugungsarbeit leisten - die sind überwiegend einfach dankbar. Ein bisschen mehr ist es bei den Pflegekräften, aber auch dort habe ich die meisten als sehr entgegenkommend erlebt. Die Impfbereitschaft ist da”, erzählte Hummers.

Gegen die Impfpflicht sprach sich auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer aus: “Wenn man mit der Impfpflicht droht, machen viele zu. Lassen Sie uns erstmal alle impfen, die wollen. Dann sehen wir weiter”, sagte der CDU-Politiker. Er hatte im Dezember noch gefordert, die Maßnahmen der Regierung müssten “autoritärer” werden.

Hirschhausen: “Die Leistungen junger Menschen werden zu wenig gewürdigt”

Kritik daran kam von der Ressortleiterin Politik der “Welt”, Claudia Kade. Diese autoritäre Rhetorik sei “problematisch”. Viel eher brauche Deutschland ein Krisenmanagement, “das die Bürger mitnimmt”. Eine Impfpflicht dagegen sei eine “Kapitulationserklärung” der Regierung.

Während die meisten Gäste Kritik übten, forderte Arzt Hirschhausen, die Leistungen vor allem junger Menschen in der Pandemie anzuerkennen. “Die verzichten derzeit auf so viel. Im Gegenzug könnten ja die Alten nach der Pandemie auf ein paar Dinge verzichten - zum Beispiel auf Kreuzfahrten und die Rückkehr zum Überkonsum.”

Lauterbach fordert bei Illner harten Lockdown

Bevor die Runde zur Zeit nach der Pandemie ausschweifen konnte, brachte Moderatorin Maybrit Illner Verschärfungen der aktuellen Maßnahmen zur Sprache. Die fordert unter anderem Karl Lauterbach, der seine Sorgen über die Mutationen des Coronavirus zur Sprache brachte: “Wir sind in ein Wettrennen eingetreten”, so der Epidemiologe. Die Frage sei, “ob es uns mit dem jetzigen Lockdown gelingt, die zweite Welle so in den Griff zu kriegen, bevor die Mutation kommt, oder ob die Welle gewinnt.”

Maybrit Illner mit ihren Gästen.
Maybrit Illner mit ihren Gästen. © ZDF | Svea Pietschmann

Wichtig sei dabei auch die Kommunikation der Regierung mit der Bevölkerung. “Wenn es uns nicht gelingt, die zweite Welle mit dem Lockdown zu brechen, wird dieser Lockdown sehr lange dauern. Nur wenn ich diesen Zusammenhang erkläre, ziehen die Menschen mit”, erklärte Lauterbach. Deshalb fordert der Epidemiologe: „Ein harter Lockdown wäre das beste. Ich glaube nicht, dass wir die Situation sonst in den Griff bekommen.“ Lesen Sie hier: Corona - Will Merkel den Lockdown noch weiter verschärfen?

Kretschmer zeigte sich Lauterbachs Ausführungen gegenüber kritisch: “Wir müssen am Ende politisch entscheiden, welche Kosten unser Land tragen kann. Vielleicht brauchen wir weniger Verschärfungen, als konsequentere Umsetzungen der Regeln.”

Als die Diskussion anfängt, ist die Sendezeit vorbei

Von einem kompletten Shutdown wollte auch Claudia Kade nichts wissen. Die Journalistin würde eher auf Hygienekonzepte am Arbeitsplatz setzen. Zwar gebe es in den sozialen Medien Forderungen, die Wirtschaft herunterzufahren. “Aber das hat meiner Meinung nach eher mit Kapitalismuskritik zu tun”, sagte Kade.

Bei der Frage nach einem verschärften Lockdown kam das erste Mal während der Sendung eine echte Diskussion auf. Zu schade, dass da die Sendezeit da schon fast abgelaufen war. So wird die erste Ausgabe von “Maybrit Illner” im Jahr 2021 wohl kaum in Erinnerung bleiben. Aber vielleicht muss sich auch die meistgesehene Talk-Sendung des vergangenen Jahres erstmal wieder eingrooven.

„Maybrit Illner“ – Das passierte in den vergangenen Folgen