Berlin. Oliver Wnuk spielt in „Das Leben ist kein Kindergarten“ einen Erzieher. Mit uns hat er über seine (echte) Vaterrolle gesprochen.

Nicht jeder Schauspieler arbeitet freiwillig mit einer Schar von Kindern. Aber Oliver Wnuk schrieb sich mit „Das Leben ist kein Kindergarten“ (Freitag, 25. September, 20.15 Uhr, Das Erste). sogar die Rolle eines Kita-Erziehers auf den Leib. Denn der 44-Jährige war im Umgang mit dem Nachwuchs erfahren.

Es gibt den Spruch, dass man möglichst nie mit Kindern drehen soll. Aber bei „Das Leben ist kein Kindergarten“ hatten Sie es mit den kleinen Darstellern einer ganzen Kita zu tun. Wie war das?

Oliver Wnuk: Für mich war das einfacher als für unser Produktionsteam. Denn es gibt ziemlich viele rechtliche Hürden. Kinder unter sechs Jahren dürfen nur zwei Stunden pro Tag drehen, Kinder über sechs in der Regel nur drei. Für einen Film ist das ein Witz, deshalb mussten wir darüber hinaus Kinder casten, die so ähnlich aussahen wie unsere Hauptkinder. Mein Hauptthema bei der Arbeit mit den Kindern war: Kann ich ein Vertrauensverhältnis zu ihnen aufbauen, so dass man uns eine langjährige Vertrautheit abkauft oder nicht?

Und konnten Sie das?

Wnuk: Sagen wir es so: Am Anfang fanden mich alle gut. Aber das ändert sich auch gerne mal schnell, weil bei einem Kind nach spätestens zwei Stunden die Konzentration nachlässt. Man hängt eben von den Stimmungen der Kinder ab. Und da musst du natürlich motivieren. Das Schöne war auch, dass es Konstanzer Kinder sind. Denn ich komme ja von da her. Beim Casting waren teilweise Kinder von ehemaligen Schulkollegen dabei.

Wie schaffen Sie selbst es, für gute Stimmung mit Kindern zu sorgen?

Wnuk: Es ist wichtig, einen authentischen Ton zu treffen. Umso ruhiger man arbeitet und umso ernster man die Situation nimmt, desto ernster nehmen einen auch die Kinder. Einer der härtesten Jobs als Schauspieler ist, Kinder- und Jugendtheater zu machen. Wenn du da nicht authentisch bist und überzeugst, dann wirst du es ziemlich schwer haben. Die werden sehr schnell sehr laut im Publikum.

Es gibt Schauspieler, die meinen, dass sie in puncto Unbefangenheit etwas von ihren Kindern lernen könnten. Wie ist das bei Ihnen?

Wnuk: Von meinen Kindern kann ich in puncto Schauspiel nichts lernen. Meine 16-jährige Tochter hat nichts damit am Hut, sich nach außen zu kehren und sich in irgendeiner Form zu produzieren. Das ist ja auch gut. Wir als Eltern legen ihr das auch nicht nahe. Sie ist so toll, wie sie ist.

Oliver Wnuk als Freddy in einer Szene des Films „Das Leben ist kein Kindergarten“.
Oliver Wnuk als Freddy in einer Szene des Films „Das Leben ist kein Kindergarten“. © dpa | Reiner Bajo

Was haben Sie von Ihren Kindern allgemein gelernt?

Wnuk: Ich würde sagen, dass ich allein durch ihre Präsenz gelernt habe, dass Zuhören wichtig ist. Wenn du richtig zuhörst, hörst du zwischen den Zeilen. Was ich aber noch lernen muss, das ist Geduld. Das habe ich in der Pandemie gemerkt.

Fiel es Ihnen also schwer?

Wnuk: Anfangs nein. Ich habe aber auch gemerkt, dass gar nicht arbeiten gehen ab einem gewissen Moment Unausgeglichenheit auslöst.

Woher kommt Ihre Affinität zu einer Erzieher-Geschichte?

Wnuk: In erster Linie interessierte mich: Wie ist es, wenn ein Mann einem Beruf nachgeht, der sonst vorwiegend von Frauen ergriffen wird? Die Figur meiner Ehefrau in dem Film ist wiederum Ärztin. Woran sich dann die Frage knüpft, wie sich Familie und Karriere miteinander vereinbaren lassen: Wo muss man als Individuum, wo als Familie Kompromisse machen und inwiefern hat man innerhalb des Familienlebens das Recht, seinen eigenen beruflichen Ziele nachzugehen? Wie viel Karriere lässt die Familie zu, ohne dass jemand anderes zu kurz kommt? Und wie geht man dann damit um?

Diese Frage dürfte sich auch für Sie und Ihre Frau Yvonne Catterfeld stellen. Immerhin sind Sie beide im Showbusiness unterwegs.

Wnuk: Bei uns läuft es nicht viel anders als bei anderen Paaren, bei denen beide berufstätig sind. Wo Probleme sind, gibt es Lösungen und wenn nicht, muss man sich den Begebenheiten anpassen.

Die Geschichte hat auch noch in anderer Hinsicht mit Ihnen zu tun. Denn Sie gingen damit in Ihre Heimat Konstanz zurück.

Wnuk: Das war für mich schon was Großes. Jeden Drehort konnte ich mit einem Erlebnis aus meiner Jugend verbinden. Das macht für mich den Film besonders – schon allein die Tatsache, dass meine Eltern, die in Konstanz leben, ans Set kamen. Man tut mit Mitte 40 so, als wäre man erwachsen und abgeklärt und hätte sich vollends abgenabelt. Aber dann ist es schon bewegend, wenn die Eltern neben der Kamera sitzen und froh sind, dass der Berufswunsch des Sohnes aufgegangen ist.

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Können Sie sagen, wie sehr Ihre Eltern Sie geprägt haben?

Wnuk: Ich weiß, welche Werte sie mir mitgegeben haben, gegen welche Werte ich mich gewehrt und warum ich meine eigenen Werte daraus gemacht habe.

Können Sie da Beispiele nennen?

Wnuk: Man muss erst mal verstehen, dass meine Eltern aus einer ganz anderen Zeit kamen. Meine Mutter ist mit ihren Eltern aus Spanien vor Franco nach Frankreich geflüchtet. Mein Vater ist auch eine Art Flüchtlingskind, sein Vater ist früh gestorben, und er musste helfen, die Familie zu ernähren. Die haben einen ganz anderen Rucksack, den sie durchs Leben schleppen. Und daraus erklären sich ihre Werte, die ja gut sind. Zum Beispiel Bescheidenheit, woran es bei mir früher eher gehapert hat. (lacht) Das kam erst später. Und zwar Bescheidenheit in Form von Dankbarkeit, so dass man auch mal einen Schritt zurückmacht und sich nicht immer sagt ‚weiter, weiter‘. Ein weiterer Aspekt ist der Umgang mit Geld und die Betonung von finanzieller Sicherheit. Das passt überhaupt nicht mit meinem Beruf zusammen, weil das eines der unsichersten Metiers überhaupt ist.

Und Ihre Eltern fanden diesen Berufswunsch eben nicht so toll.

Wnuk: Genau. Für meinen Vater war das eine brotlose Kunst. Sie wollten, dass ich etwas Gescheites mache. Aber ich habe ihre Werte trotzdem beherzigt. Deshalb kann ich auch ganz gut mit Geld umgehen.

• Freitag, 25. September, 20.15 Uhr, Das Erste: „Das Leben ist kein Kindergarten“