Essen. Die Antwort der ARD auf die Konkurrenz der Streamingdienste: In „Oktoberfest 1900“ geht es um kriminelle Machenschaften auf den Wiesn.

„Wie wäre das: Sie helfen mir, Ihnen zu helfen? Lassen Sie uns Freunde sein.“ Lächelnd macht der Nürnberger Großbrauer und Gastronom Curt Prank (Mišel Matičević) dem Münchner Stadtrat Alfons Urban (Michael Kranz) ein Angebot, das dieser nicht ablehnen kann. Es geht hoch bei „Oktoberfest 1900“, der aufwendigen neuen Mini-Serie der ARD, die am Dienstag startet und bereits in der Mediathek abrufbar ist.

Nicht alle sind so verständig wie Urban, der als Wiesnbeauftragter für die Platzvergabe beim Oktoberfest zuständig ist. Andere werden dem fatalen Irrtum erliegen, ein Vorschlag Pranks sei nur ein Vorschlag und eine in verbindlichem Ton vorgetragene Bitte tatsächlich eine Bitte.

Eine Bitte, die man nicht abschlagen kann – wie beim Mafia-Paten

Ignatz Hoflinger (Francis Fulton Smith) etwa, uneinsichtiger Besitzer der kleinen traditionsbewussten Deibel-Brauerei, wird eines unschönen Morgens tot in der Isar aufgefunden. Allerdings sind dessen resolute Witwe Maria (Martina Gedeck) und ihre beiden Söhne auf eigene Weise nicht weniger stur.

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Großbauer Prank hat eine Vision, die er mit allen Mitteln verfolgt: Aus dem beschaulichen Münchner Wiesn-Vergnügen mit seinen kleinen, lokalen Bierbuden soll eine Weltattraktion und damit eine Geldmaschine werden. Als Nicht-Münchner darf er satzungsgemäß eigentlich gar nicht teilnehmen. Und für seine geplante riesige „Bierburg“ mit Platz für 6000 Gäste müssen fünf angestammte Brauer und Wirte ihre Pacht-Parzellen abtreten. Für diesen „politischen“ Teil hat er Stadtrat Urban. Alfred Glogauer (Martin Feifel) ist als „Überzeuger“ der Mann fürs Grobe; der Biss seines Rottweilers kann tödlich sein.

Curt Prank (Mišel Matičević) feiert sich selbst vor der Blaskapelle in seiner Bierburg auf dem Münchner Oktoberfest.
Curt Prank (Mišel Matičević) feiert sich selbst vor der Blaskapelle in seiner Bierburg auf dem Münchner Oktoberfest. © BR/ARD Degeto/MDR/WDR/Zeitsprung | Handout

„Oktoberfest 1900“: Weit mehr als ein Historienfilm

Die sechsteilige Serie „Oktoberfest 1900“, die ab heute in Doppelfolgen vom Kampf zweier Bierdynastien um die Vormachtstellung und von der Neuerfindung der Wiesn erzählt, ist mehr als ein aufwändiger, hochkarätig besetzter Historienfilm vor authentisch (in Tschechien) nachgestellter Kulisse. Fast im Stile eines bayerischen Western, den ein Hauch von „Dallas“ durchzieht, entfaltet sich das menschliche Drama in all seinen Facetten, Liebe und Zusammenhalt, Eifersucht, Rache, Mord, Sabotage und Verrat inklusive.

Eine hochspannende (Mini-)Serie auf solch internationalem Niveau hätte man eher von innovativen Plattformen wie Amazon oder Netflix erwartet. Und tatsächlich ist „Oktoberfest 1900“, auch hinsichtlich Erzählstruktur und Personenführung, eine explizite Antwort des öffentlich-rechtlichen Fernsehens auf die bedrohlich gewachsene Bedeutung der Streaming-Dienste und das damit verbundene veränderte Sehverhalten. Nicht von ungefähr wurde diesmal von den Machern auch die Devise „online first“ ausgegeben. In der ARD-Mediathek ist die „Event-Serie“ bereits vor einer Woche angelaufen.

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Wer sich fragt, inwieweit „Oktoberfest 1900“ wahren Begebenheiten folgt: Der Nürnberger Gastro-Unternehmer Georg Lang diente als Vorlage für die Hauptfigur des Curt Prank. Zu Langs Erfindungen und Hinterlassenschaften gehört übrigens auch die unvermeidliche Bierzelthymne „Ein Prosit der Gemütlichkeit“. Die Film-Figur der Colina Kandl wiederum ist inspiriert von Coletta Möritz, die als „Schützen-Lisl“ in die Schunkelschlager-Geschichte eingegangen ist.

• Ab Dienstag, 15. September, 20.15 Uhr, ARD