Berlin. Linken-Chefin Kipping peilt für 2021 eine „linke Mehrheit“ im Bund an. Doch einige Positionen bringen sie bei Lanz in die Bredouille.

Eigentlich zielte der Talk bei Markus Lanz darauf ab, über die Erneuerung der Linkspartei in den letzten Jahren und neue linke Machtoptionen zu sprechen. Schließlich ist Katja Kippings Buch „Neue linke Mehrheiten“ gerade erschienen. Doch die Ideen der Bundesvorsitzenden der Linkspartei zu einer Vision einer modernen linken Politik mussten anderen Themen weichen.

Natürlich ging es um die Regierungskrise in Thüringen und auch um die Suche der CDU nach einem neuen Vorsitzenden. Zu ihrer eigenen Zukunft in der Linkspartei möchte sich Kipping vehement nicht äußern, da sie über eine mögliche erneute Kandidatur oder das Ausscheiden aus dem Posten der Parteivorsitzenden erst mit ihren Genossen sprechen möchte.

„Markus Lanz“: Linkspartei setzt auf Regierungsbeteiligung

Wichtig ist für sie erstmal, dass die Linke sich für die Bundestagswahl 2021 programmatisch und strategisch gut aufstellt: „Ich werbe jetzt dafür, dass wir als Linke uns bei der nächsten Wahl als eine Kraft aufstellen, die etwas wirklich voranbringen will. Wir haben nicht nur die richtigen Forderungen, sondern wir wollen die auch umsetzen“, sagt die Bundestagsabgeordnete.

Die Linkspartei setzt ihre Segel also gen Regierungsbeteiligung – aktuell ist das mit den guten Umfragewerten der Grünen vielleicht gar nicht so abwegig. Dass die Partei allerdings noch einen langen Weg bis zur Regierungsverantwortung hat, zeigt Katja Kipping im Kreuzverhör mit Lanz.

Bei „Markus Lanz“ sprach Katja Kipping über ihre Ablehnung des Begriffs  „Untrechtsstaat“ für die DDR und linke Mehrheiten im Bund.
Bei „Markus Lanz“ sprach Katja Kipping über ihre Ablehnung des Begriffs „Untrechtsstaat“ für die DDR und linke Mehrheiten im Bund. © ZDF | Screenshot

Katja Kipping bei „Lanz“: Beim Begriff „Unrechtsstaat“ wird’s kompliziert

Die Frage danach, ob die DDR ein „Unrechtsstaat“ war, ist für die Linken eigentlich schon so klassisches Interviewprogramm, dass die Antwort leicht fallen sollte. Doch Kipping windet sich und verliert sich in langen Erklärungen. „The European“-Verleger Wolfram Weimer fragt sie zurecht: „Warum fällt es Ihnen so schwer, diesen einfachen Satz zu sagen?“

Kippings Antwort ist kompliziert. Zwar könne sie verstehen, dass bestimmten Menschen Unrecht getan wurde. Viele ehemalige DDR-Bürger, mit denen sie gesprochen hätte, würden den Begriff „Unrechtsstaat“ aber als Herabwürdigung verstehen: „Im Osten haben viele Menschen, gerade die, die zur Zeit der DDR eher kritisch waren, das Gefühl, dass sie diesen Begriff als eine pauschale Aburteilung des gesamten Ostens und auch ihrer Lebensleistung sehen.“

„Unrechtsstaat“-Debatte – Kipping: Es geht um „Unterwerfungsgeste“

Ihr selbst kommt dieses Urteil nicht über die Lippen – egal wie sehr die Linken-Chefin darüber nachdenkt und sich mit der Geschichte der DDR auseinandersetzt. „Ich habe immer das Gefühl, das ist so eine Art Demut, eine Unterwerfungsgeste, die von Leuten aus dem Osten eingefordert wird“, sagt Kipping zur Bezeichnung der DDR als Unrechtsstaat. Dem will sie sich nicht beugen.

Ob die ehemaligen DDR-Bürger das tatsächlich genauso empfinden oder eher die Ablehnung des Begriffs als Wegducken ansehen – darüber kann nur gemutmaßt werden. Markus Lanz hat jedenfalls andere Erfahrungen gemacht: „Interessanterweise, wenn hier Bürgerrechtler, ehemalige DDR-Bürger, sitzen, sind es diese Menschen, die darauf hinweisen, dass es wichtig sei, dass Linkspartei diese Debatte führt“, wirft der Moderator ein.

Leider kann Kipping darauf gar nicht eingehen, weil Meier sie, wie viel zu oft in dieser Runde, in bester Macho-Manier unterbricht. Als der immer wieder nachfragt, warum sie diesen einen Satz nicht sagen könne, platzt Kipping die Hutschnur: „Ich bin doch nicht in die Politik gegangen, um hier als Schauspielerin Sätze zu sagen, die Sie mir soufflieren.“

Das Verhältnis der Linkspartei zu Diktatoren könnte ihr im Weg stehen

Doch es sind nicht nur die Altlasten, die einer modernen Linken, die sich Regierungsverantwortung zutraut, im Weg stehen könnten. Auch das Verhältnis von Politikern der Linkspartei zu aktuellen Diktaturen wie beispielsweise in Venezuela, wird hinterfragt. Im vergangenen Jahr wurde der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Andrej Hunko, von Venezuelas Staatschef Maduro empfangen – und tönte nach dem Besuch, Maduro sei gar kein Diktator. „Das war ein Fehler“, sagt Kipping – braucht für diesen kleinen Satz aber ziemlich lange.

Eine Partei, die, wie die Politikerin es ausdrückt, für „Mehrheiten links der Union“ kämpfen möchte, sollte sich jedoch nicht schwer damit tun, Diktaturen abzulehnen und sich mit der eigenen Geschichte konfrontiert zu sehen. Die Linkspartei hat sich gewandelt – mit der Abgrenzung von extremistischen Bewegungen tut sie sich aber bisweilen schwer.