Berlin. Frank Plasberg diskutierte über Tierwohl-Labels und Fleischkonsum. TV-Köchin Sarah Wiener stuft Klöckners Pläne als abfallreif ein.

Sarah Wiener hat noch etwas vor. Die TV-Köchin geht in die Politik. Bei der Europawahl im Mai tritt sie für die österreichischen Grünen an – auf Listenplatz zwei. Dass die Lebensmittelwende dabei eines ihrer Herzensthemen ist, wurde auch am Montagabend bei „Hart aber fair“ deutlich.

„Das ganze System ist grauenhaft“, schnaubte die 56-Jährige in die Kamera. Die industrielle Tierhaltung, die vom CDU-Agrarpolitiker Albert Stegemann und der Fleisch-Lobbyistin Sarah Dhem als so vorbildlich angepriesen wurde, stieß bei Wiener auf Ablehnung. Sie forderte dagegen mehr Tierschutz. Und Unterstützung für Bauern, die Ställe und Käfige dafür umbauen.

„Hart aber fair“ zu Fleischkonsum – das waren Frank Plasbergs Gäste:

• Fernsehköchin Sarah Wiener

• Dokumentarfilmer Manfred Karremann

• Albert Stegemann, agrarpolitischer Sprecher der Unionsfraktion

• Patrik Baboumian, Kraftsportler und Veganer

• Sarah Dehm, Geschäftsführerin eines Wurstwaren-Unternehmens

„Die Fleisch-Frage: Mit hübschen Siegeln gegen schlechtes Gewissen?“, wollte Frank Plasberg von seinen Gästen wissen. Seit dem 1. April haben die großen Supermarktketten ein einheitliches Fleisch-Kennzeichen auf ihren Verkaufspackungen eingeführt. Damit sollen Verbraucher sehen, wie die Tiere gehalten wurden.

Die Bewertung reicht von Stufe 1 für die gesetzlichen Mindestanforderungen bis hin zu Stufe 4 Kriterien wie Bio, ständigen Auslauf und Stroh im Stall. „Ein paar Zentimeter mehr Platz für ein Schwein ist kein Tierschutz“, sagte Sarah Wiener mit Blick auf die unteren Stufen des neuen Labels.

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Und wie es sein kann, dass ausgerechnet der Handel die Politik vor sich hertreiben muss.

TV-Köchin Wiener hielt jedenfalls fest: „Ein Label, das nicht verpflichtend ist, kann man in die Tonne treten“. So entwickelte sich schnell die erwartbare Diskussion. Auf der einen Seite die Vertreter der konventionellen Landwirtschaft, die am Status quo festhalten. Tierquälerei? Gibt’s nicht. Auf der anderen Seite die Kritiker, die Ernährung mitunter zu einer Art Glaubensfrage machen.

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    „Wir haben außerdem die besten und günstigsten Lebensmittel“, frohlockte er.

    Sarah Dhem, die Geschäftsführerin eines Wurstwaren-Unternehmens und Vorstandsmitglied im Bundesverband der Deutschen Fleischwaren-Industrie ist, warnte davor, „Leute, die nach geltendem Recht arbeiten“, als Tierquäler zu diskreditieren – obwohl das niemand in der Runde tat.

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      Den Gegenpart bildete der Kraftsportler Patrik Baboumian, der sich inzwischen ausschließlich vegan ernährt. Für ihn sei Fleischproduktion grundsätzlich – Siegel hin oder her – nicht mit Tierwohl vereinbar. „Das gibt es nur, wenn ein Tier frei leben kann“, sagte er. Baboumian ging sogar so weit, dass er Tiere auf eine Stufe mit Kindern hob.

      Sie spürten genauso Angst und hätten ein ähnliches Schmerzempfinden. „Ich möchte nicht, dass Tiere leiden. Genauso wenig wie ich möchte, dass Menschen leiden“, sagte er. Profitinteressen jedenfalls seien kein Grund, Tiere zu töten.

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      Die Unternehmerin Sarah Dhem konterte, dass vegetarische oder vegan Ernährung nichts brächte. Wer den Markt ändern wolle, müsse hochwertiges Fleisch nachfragen – und so Druck auf die Produzenten ausüben. Ein Teil der Verbraucher scheint allerdings einen anderen Weg zu gehen.

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      „Die Politik hat die Aufgabe, endlich Regeln zu machen“, forderte auch Sarah Wiener. Was heute Standard sei, habe viel mit Tierquälerei zu tun.

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      Solche Aussagen kommen bei konventionellen Landwirten erwartungsgemäß schlecht an. Um die Öffentlichkeit vom Gegenteil zu überzeugen, weiter Lust auf Fleisch zu machen, empfahl der CDU-Agrarpolitiker und Landwirt Albert Stegemann seinen Kollegen: „Öffnet die Ställe, wir müssen zeigen, wie moderne Tierhaltung funktioniert“.

      Ob er Sarah Wiener und die anderen Kritiker damit überzeugt, ist allerdings eher unwahrscheinlich. (Fabian Hartmann)