Berlin. The BossHoss sitzen in der Jury der neuen Sat.1-Sendung „The Voice Senior“. Warum es da keine Rollator-Rampe gibt, erzählen sie hier.

Die junge Frau steht mitten auf der Straße. Und heult. „Unglaublich“, flüstert sie, starrt Sascha Vollmer an, als er sie herüberwinkt. „Jetzt kommt halt her“, ruft Alec Völkel gutmütig, legt den Arm um sie, lächelt professionell in Richtung Kamera. Sie kann es immer noch nicht fassen und schlägt die Hände vors Gesicht. Doch der nächste Fan wartet schon. Eine Mutter mit einem Kleinkind, auch sie bekommt ihr Foto.

BossHoss sucht die besten Stimme ab 60

Spätestens jetzt ist klar: Mit The BossHoss kann man nicht einfach so auf die Straße gehen. Dabei wollten wir doch nur für ein kurzes Fotoshooting vor das Redaktionsgebäude – und dann mit den Frontmänner der Country-Rock-Band über ihr neues Projekt sprechen:

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(Sonntag, 23.12., um 20.15 Uhr in Sat.1).

Die Castingshow, bei der The BossHoss in der Jury sitzt, ist ebenso ge­ne­ra­ti­o­nen­über­grei­fend wie es offenbar die Fans der Rocker sind. Die neue Sendung ist Teil des

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die ganz jungen Nachwuchssänger gesucht werden, dürfen bei „The Voice Senior“ die Älteren antreten: Hier wird die beste Stimme ab 60 gesucht.

Einige „Voice“-Teilnehmer sind 80 Jahre alt

Wobei viele der Teilnehmer noch älter sind – der Älteste in der ersten Folge ist ganze 80 Jahre alt. So viele Menschen jenseits der magischen, werberelevanten Zielgruppe von 14 bis 49 Jahre, das klingt erst mal wie der Alptraum eines jeden TV-Marketing-Managers. Oder?

„Nein, im Gegenteil: Es wird endlich mal Zeit für so eine Sendung, denn in unser medialen Welt ist alles auf Jugend fixiert“, sagt Alec Völkel. „Menschen mit 50 plus sind auf einmal nicht mehr relevant, haben keine Bedeutung mehr. Dabei wird unsere Gesellschaft immer älter“. Und fügt hinzu: „Wer sagt denn, dass man mit 60 Jahren bei Kaffee und Kuchen zuhause sitzen muss und auf die Enkel wartet?“.

„Sendung ist null angestaubt, kein Carmen Nebel“

Es sei an der Zeit, ältere Menschen mal von einer anderen Seite zu zeigen. Oder wie „Voice“-Kandidatin Gabriele (78 Jahre) es ausdrückt: „Ich weiß, ich werde kein Weltstar werden, aber ich möchte zeigen: Ich bin noch da, es gibt mich noch“ .

„Außerdem ist die Sendung null angestaubt, das ist ja nicht Carmen Nebel, das ist eine coole Show mit geiler Mucke“, sagt Alec Völkel. Die Teilnehmer würden eben nicht auf ihr Alter reduziert. „Das ist erst mal ‘Voice’, wie man es kennt, die Bühne sieht exakt gleich aus. Da ist nix mit Rollator-Rampe oder so“, sagt Sascha Vollmer und lacht.

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    beide inzwischen fast Ende Vierzig, kennen die kritischen Nachfragen nach dem Alter. Schließlich gilt der Jugendwahn nicht nur fürs TV, sondern ebenso fürs Musikgeschäft.

    „BossHoss ging los mit Dreißig, da hieß es schon: Echt, mit Dreißig fangen die noch an?“, erinnert sich Vollmer. Außerdem: „Meine Mutter sagt immer: Emotionen altern nicht, Freude, Trauer, Liebe und so, das fühlt sich immer noch so an wie mit zwanzig.“

    „The Voice Senior“ ist einfach gute Unterhaltung

    Endlich mal unsere alternde Gesellschaft abbilden – für einen privaten TV-Sender klingt das erstaunlich ambitioniert. Doch tatsächlich funktioniert „The Voice Senior“. Denn die Sendung ist vor allem Eines: einfach gute TV-Unterhaltung.

    Eine Show für all jene, die Musiksendungen lieben, aber die Augen verdrehen, wenn ein ambitionierter 18-jähriger Casting-Kandidat davon spricht, er habe sein „ganzes Leben“ auf diesen Moment hingearbeitet.

    Manche Stimmen klingen viel jünger

    Stattdessen erzählt Fritz (80 Jahre), wie er im Krieg vier Tage lang verschüttet war, Dan (64 Jahre), wie er aus der DDR geflüchtet ist, und Gabriele berichtet, warum sie erst jetzt, mit 78 Jahren, ihren Musik-Traum verwirklich kann: „Mein Mann hat mir das Tingeln verboten, damals gab’s ja noch keinen Feminismus“.

    Nebenbei hört man auch noch ziemlich gute Musik, von Elvis bis „Die Ärzte“. Die Stimme verrät das Alter nicht unbedingt, sagt Sascha Vollmer: „Manche haben ganz frische Stimmen, und dann drehst du dich um, und plötzlich steht da ein 80-Jähriger.“

    Neues BossHoss-Album: „Black is Beautiful“

    Und überhaupt, ein kleiner Blick in die Vergangenheit kann ja nicht schaden. Die BossHoss-Rocker, die gerade ihr neues Album „Black is Beautiful“ ( Völkel: „Die schwarze Nacht ist die bessere Tageszeit für den Rock’n’Roll, deshalb der Titel“) promoten – unschwer zu erkennen an den Lederjacken der Beiden, auf deren Rücken der Album-Titel in großer weißer Schrift prangt – denken ein bisschen nostalgisch an Zeiten zurück – als Alben noch gekauft, nicht gestreamt wurden. „Überleben davon ist unmöglich“, sagt Vollmer.

    Ihr Geld verdienen die BossHoss-Rocker heute deshalb vor allem mit Live-Konzerten. Doch so lange die Rocker hartgesottene Fans wie die junge Frau auf der Straße haben, muss man sich wohl über ihr Einkommen keine Sorgen machen.