Essen. Fremde oder Freunde? Eine ZDF-Doku beleuchtet das Verhältnis zwischen Deutschen und Türken. Ohne Zeigefinger, aber mit guter Laune.

Yasemin und Christian aus Neumünster in Schleswig-Holstein leben seit 13 Jahren, was öffentlich immer wieder und immer lauter gefordert wird: Integration, Integration, Integration. Sie, eine Türkin, und er, ein Deutscher, sind glücklich verheiratet. Und trotzdem war der Weg lang, bis Freunde und Familie ihre Beziehung akzeptierten, übrigens auf beiden Seiten. „Heiraten ist bei Türkeistämmigen keine individuelle Angelegenheit zwischen Mann und Frau. Die Familien heiraten mit. Das ist eine kollektive Entscheidung“.

Es ist nicht der einzige Unterschied, der im Alltagsleben zu Missverständnissen führt. Deutsche und Türken: Wie gut kennen wir uns eigentlich – nach fast sechs Jahrzehnten Beziehung? Und woran liegt es, dass wir uns oft so schwer miteinander tun? Neueste Antworten liefert heute ab 20.15 Uhr die Dokumentation „Türken und Deutsche – Der große Nachbarschaftstest“, die sich sehr munter und facettenreich dem Thema widmet.

Lebenswirklichkeit und Vorurteile

Seit 1961 – seit die ersten türkischen Gastarbeiter in die alte Bundesrepublik kamen – leben Deutsche und Türken Tür an Tür. Das sind heute rund 2,8 Millionen Türkeistämmige oder 3,4 Prozent der Bevölkerung. Rund die Hälfte von ihnen besitzt einen türkischen Pass, die andere einen deutschen oder beide Pässe. Zwei Drittel der Befragten, die in dieser repräsentativen „ZDFzeit“-Umfrage Auskunft gaben, halten sich für gut bis sehr gut integriert.

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    Trotzdem denkt gleichzeitig fast jeder Zweite, dass sich das Verhältnis zwischen Deutschen und Türken in den vergangenen Jahren eher verschlechtert hat. Das zeige sich zum Beispiel an dem öffentlich so heftig diskutierten Rücktritt von Mesut Özil aus der deutschen Fußballnationalmannschaft. Oder an der ebenso heftig umstrittenen Politik des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Machen sich solche Streitthemen auch im alltäglichen Zusammenleben zwischen Deutschen und Türken bemerkbar? Woran hakt es im Alltag? Und beeinflusst die Debatte um Islam und Migration das Verhältnis?

    Unerwartet erhellende Einblicke in das Zusammenleben

    Thomas Lischak und Vanessa Schlesier reisten für ihre Dokumentation quer durch die Repu­blik, um auf der Straße Antworten auf die vier großen Lebens- und Reizthemen zu finden. Arbeit, Liebe, Religion und Politik – in vier Kapiteln und mit gezielten Experimenten erkundet ihre Dokumentation vor allem auch, ob sich im Alltag oft genannte gegenseitige Vorurteile bestätigen oder widerlegt werden können.

    Die Kamera immer dabei, begleiten sie zum Beispiel fünf junge Frauen beim Flirten, türkischstämmige Lokalpolitiker im Wahlkampf oder Jugendliche bei der Talentförderung. In dieser lebendigen Mischung ist ihre Doku auch der gelungene Versuch, der sozialen Lebenswirklichkeit in diesem Land näherzukommen: Wer ahnte schon vorher, dass Türken mehr über Deutsche wissen als umgekehrt?

    Fazit: Unerwartet erhellende Einblicke in das deutsch-türkische Zusammenleben. Ohne Zeigefinger, stattdessen mit guter Laune.

    ZDF, Dienstag, 20. November, 20.15 Uhr und jetzt schon in der ZDF-Mediathek.